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Von der Springreiterin zum Cowgirl: «Ich will noch viele Erfolge feiern – und Spass haben!»

18 Mai 2015 07:49

Jana Röthlisbergers Springkarriere war eigentlich vorprogrammiert. Dann kam alles anders. Heute gehört sie zu den Schweizer Nachwuchshoffnungen im Reining.

Signau. 2700 Einwohner. Ein kleines, idyllisches Dorf umgeben von sanften Hügeln und grünen Wäldern. Hier im Herzen des Emmentals hat sich in den letzten Jahren eine lebendige Westernszene entwickelt. Mittendrin: Jana Röthlisberger. Die 17-Jährige ist eine der Nachwuchshoffnungen in der Schweizer Reining-Szene.

Hätte man dem Mädchen noch vor vier Jahren gesagt, dass sie einst mit Jeans und Westernhut statt mit Reithelm und Stiefeln aufs Pferd steigt, hätte sie lauthals losgelacht. «Das war für mich unvorstellbar», erinnert sich die Gymnasiastin mit den langen braunen Haaren und wickelt ihrem Welsh-Cob-Wallach ­Lerry hellblaue Bandagen um die Beine. 

Schliesslich wurde der Emmentalerin der englische Reitstil in die Wiege gelegt. Ihr Vater, Jörg Röthlisberger, ein bekannter Springreiter. Ihre Mutter nicht weniger aktiv im Sattel. Jana selbst kraxelte bereits als kleines Mädchen auf ihrem Shettypony herum. Mit neun Jahren bekam sie von ihrem Vater Lerry geschenkt. Einen lebendigen, eigensinnigen Wallach. Mit ihm startete sie oft an Springturnieren. Mit der Zeit stellte Lerry sich jedoch quer, verweigerte oft. Jana bekam Angst und verlor etwas das Interesse. Etwa zur gleichen Zeit, vor zweieinhalb Jahren, starb ihr Vater an Krebs. Von da an schlug Janas Leben eine andere Richtung ein.

Grosse Fortschritte
Jana hat Lerry mittlerweile gesattelt, führt ihn in die Reithalle, stülpt sich den Cowboyhut über den Kopf und schwingt sich in den Westernsattel. Am langen Zügel lässt sie den dunkelbraunen Wallach durch die Halle schreiten. Dieser hat den Kopf entspannt nach unten gesenkt und blickt zufrieden aus seinen dunklen Augen. «Es ist schon enorm, welche Entwicklung die zwei gemacht haben», sagt Martina Wolf, welche den beiden gefolgt ist. Die Trainerin muss es wissen: Schliesslich hat sie den Wandel von Anfang an miterlebt – und mitgeprägt. 

Nach dem Tod von Janas Vater mietete sie für ihre Pferde Boxen im Stall Röthlisberger. Mit Jana hatte sie bald einen treuen Fan. Das junge Mädchen schaute mit grossen Augen vom Bandenrand zu, wenn Wolf mit ruhiger Hand und ohne Zwang ihre Pferde zu Höchstleistungen in vollem Galopp antrieb. Dabei blieben die Quarter und Paint Horses stets cool. Der Wunsch war bei Jana geweckt: «Das will ich auch!» 

Das Umsatteln verlief problemlos. «Wer gut reitet, reitet gut – egal ob Western oder Englisch», ist Wolf überzeugt. Beim Pferd sieht es etwas anders aus: Das typische Westernpferd ist kompakt gebaut mit einem «Motor» von einer Hinterhand. Nicht gerade das, was Lerry mitbrachte. Dennoch hat sich der Wallach gemausert. Motiviert denkt er mit, unterstützt seine Reiterin und hat sichtlich Spass, wenn die Übungen gelingen.

Spins und Stopps
Dies ist nicht zuletzt der Trainerin zu verdanken. Sie achtet bei der Ausbildung darauf, sowohl Pferd wie auch Reiter nicht zu überfordern. «Mir ist lieber, die Übungen werden kontrolliert und sauber geritten, als dass man das Pferd mit hohem Tempo nervös macht.» Während sie erzählt, lässt sie Jana und Lerry nicht aus den Augen.

Das eingespielte Team hat das Tempo erhöht. Mit feinen Hilfen lenkt Jana den Wallach in den Spin, wobei das Pferd sich im Trab im Kreis dreht, die Hinterbeine an Ort, die Vorderbeine kreuzen sich. Einmal herum, zweimal, dreimal, viermal. Dann galoppiert sie weiter durch die Bahnmitte, stachelt Lerry an, um ihn dann einige Meter weiter zu stoppen und direkt rückwärts zu richten. «Das war jetzt sehr gut», lobt die Trainerin. Wichtig sei, dass die Figuren exakt und auf den Punkt genau geritten werden. 

Bei Turnieren erhalten die Reiter kurz vor dem Start eines von zwölf möglichen Pattern, also das exakte Programm, welches sie reiten sollen. Die Manöver sind überall dieselben und reichen von Galoppwechsel, Spins bis hin zu den Stopps, Rollbacks und dem Rückwärtsrichten. Je nach Pattern werden die Übungen aber in anderer Reihenfolge geritten. Wer das Programm falsch reitet, scheidet aus. 

Erste Turnierluft geschnuppert
Jana hat bereits ein halbes Jahr nach dem Umsatteln ihr erstes Turnier bestritten. In Mooslargue in Frankreich ging sie mit Lerry an den Start. «Er hat super mitgemacht und wir haben beide viel gelernt», sagt Jana. Die Stimmung sei lockerer als auf den Springplätzen. Dazu kommt eine Prise Show und Glamour. «Man spürt den amerikanischen Ursprung», so Jana. Eine Welt, die der 17-Jährigen gefällt – und auch bei ihrem grossen Freundeskreis in der Springszene Anklang findet. «Die finden es cool und freuen sich für mich», erzählt Jana.

Im Herbst 2014 ging sie in Matzendorf an zwei Prüfungen an den Start – und gewann auf Anhieb. Dort stach sie auch Sven Friesecke, Leiter der Disziplin Reining im Schweizerischen Verband für Pferdesport SVPS, ins Auge. «Jana zeigt viel Biss und Talent.» Grund genug, sie ins Nachwuchskader aufzunehmen. Sowohl Friesecke wie auch Jana Röthlisberger und ihre Trainerin sind sich jedoch bewusst, dass Lerry, vom Alter, aber auch vom Exterieur her, an seinem Limit geht. 

Doch für Nachwuchs ist bereits gesorgt: «Lil Ruf Smoking Gun», ein Paint Horse mit imposanter Hinterhand und blauen Augen. Im Moment steht der Jährling noch in Belgien auf der Weide. In einem Jahr, wenn Jana das Gymnasium beendet hat, wird sie ihn schon bald anreiten können. Während Jana beruflich überhaupt nicht weiss, in welche Richtung es gehen soll, ist der Weg im Westernsattel klar: «Ich will noch viele Erfolge feiern – und Spass an der Sache haben!»

Sarah Forrer

Interview mit dem Disziplinleiter Reining Sven Friesecke: Reining-Nachwuchs im Aufbau

Die Schweiz nimmt an der Reining-EM der Junioren im eigenen Land eine Aussenseiterrolle ein. Dennoch ist Trainer Sven Friesecke für die Zukunft zuversichtlich.

«Bulletin»: Die Reining-EM der Junioren findet in diesem Jahr in Givrins im Kanton Waadt statt. Wie viele Schweizer sind am Start?
Sven Friesecke: Das ist noch offen. Zwischen einem und vier Reiter. Wir haben zwar einige vielversprechende Nachwuchstalente, doch scheitern diese an den Vorgaben der FEI. Pferde dürfen beispielsweise nicht jünger als sieben Jahre sein. Und dann verfügen Einzelne nicht über geeignete Vierbeiner für internationale Erfolge.

Welche Chancen rechnen Sie den Schweizern zu?
Das ist schwierig einzuschätzen. Wir sind eine kleine Szene – gegen starke Nationen wie Italien und Deutschland haben wir das Nachsehen. Dort ist Westernreiten und das Reining im Speziellen viel populärer als hier. Dadurch haben sie auch eine grössere Auswahl an talentierten Nachwuchsreitern.

Stichwort Nachwuchs. Wie hat sich dieser in den letzten Jahren entwickelt? 
Erfreulich! Wir sind bisher vor allem gegen innen gewachsen. Sprich: Der Nachwuchs kam jeweils von Eltern, die bereits Western ritten. Nun stossen aber immer mehr Jugendliche von ausserhalb der Szene zu uns. Das ist ein gutes Zeichen und stimmt mich für die Zukunft zuversichtlich.

Was fasziniert die Jungen am Reining?
Zum einen ist es der Sport an und für sich. Die Übungen verlangen Präzision und hohe technische Anforderungen. Reining ist dynamisch und sehr athletisch. Es braucht eine enge Bindung zum Pferd. Dazu kommt: Es ist ein familiäres Umfeld, jeder kennt jeden. Und schliesslich profitieren wir vom exotischen Bonus. Das spricht die Jugendlichen auch an. 

Welche Grundvoraussetzungen muss der Nachwuchs mitbringen?
Sicher mal Talent. Reiterliches Geschick, Biss und Disziplin sind das A und O. Daneben ist das richtige Pferd matchentscheidend. Diese müssen kompakt und nervenstark sein. Und schliesslich spielen auch die Finanzen eine Rolle. Im Westernreiten braucht man eigene Pferde, die Wege zu den Turnieren sind oft weit und die Ausrüstung teuer – da braucht es das nötige Kleingeld und die Unterstützung der Familie.

Europameisterschaften des Reining-Nachwuchses in der Schweiz

Vom 1. bis 4. Juli 2015 finden in Givrins am Genfersee die SVAG CS Classic 15 kombiniert mit den SVAG FEI Reining-Europameisterschaften der Junioren und Jungen Reiter auf der 
CS Ranch statt. Nach dem Erfolg des letzten Jahres ist der Veranstalter stolz erneut diesen schönen ­FEI-Event durchzuführen. 

Erneut sind auch wieder alle NRHA-Prüfungen vertreten, darunter die zwei grossen Prüfungen SVAG CS Classic Open dotiert mit 30 000 US-Dollar und SVAG CS Classic Non Pro dotiert mit 20 000 US-Dollar.

Weitere Informationen finden Sie hier.

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