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Dossier: Pferdehaltung & Raumplanung

Fahrlehrer-Weiterbildung fördert das Verständnis für Pferde als Verkehrsteilnehmer

17 Oktober 2016 15:14

Rund drei Prozent aller Reitsportunfälle, die eine ärztliche Behandlung zur Folge haben, ­ereignen sich im Strassenverkehr. Dennoch spricht kaum ein Fahrlehrer die vierbeinigen Verkehrsteilnehmer in der Fahrschule an. Ein innovativer Weiterbildungskurs für Fahrlehrer will hier Gegensteuer geben.

Heikle Verkehrssituationen mit Pferden werden im Praxisversuch analysiert. Foto: Reto Hauri Heikle Verkehrssituationen mit Pferden werden im Praxisversuch analysiert. Foto: Reto Hauri

Dass Autos und Pferde sich kreuzen, lässt sich – erst recht in einem Land wie der Schweiz – kaum vermeiden und ist für viele Reiter sogar Alltag. Dennoch kommt es immer wieder zu heiklen oder gar gefährlichen Situationen, weil vielen Autolenkern das Wissen um das Wesen des Pferdes als Flucht- und Herdentier fehlt. Diese Erfahrung hat auch Reto Hauri, Fahrlehrer und Leiter des Hauri Schulungszentrums HSZ, gemacht und sich bei seinen Berufskolleginnen und -kollegen umgehört: Wie gehen sie mit dem Thema um? Sprechen sie mit ihren Fahr-schülern darüber? Doch kaum jemand wusste so recht, wie man sich richtig verhalten müsste, sodass im Verkehrskundeunterricht auch keine Ratschläge dazu weitergegeben werden. Dies soll sich ändern, sagte sich Hauri. Also stellte er einen Weiterbildungskurs, wie Fahrlehrer obligatorisch fünf in fünf Jahren besuchen müssen, zu diesem Thema auf die Beine und konnte mit Claudia Gerber, eidgenössisch diplomierte Spezialistin der Pferdebranche und gelernte Automonteurin, eine kompetente Co­Referentin gewinnen.

Pferdestärken einmal anders

So trafen sich im Reitsportzentrum Alte Mühle im aargauischen Uerkheim 16 Fahrlehrer, um an der ganztägigen Weiterbildung von Reto Hauri alles Wissenswerte über die rechtlichen Aspekte des Pferdes im Strassenverkehr und über die Sicherheitsmassnahmen im Zusammenhang mit Pferden und Reitern als Verkehrspartner zu erfahren. Er unterstrich seine Ausführungen mit eindrücklichen Bildern und betonte, dass bei Verkehrsunfällen mit Pferden nicht nur Reiter und Pferde, sondern auch der Autolenker selbst gefährdet sei – oder um es mit den Worten Hauris zu sagen: «Pferde kennen heisst Pferde, Reiter und sich selbst im Strassenverkehr schützen.»

Verhaltensweisen richtig deuten

Die erfahrene Springreiterin und Leiterin des Reitsportzentrums, Claudia Gerber, erläuterte den Fahrlehrerinnen und -lehrern in ihrem Referat die grundlegenden Wesenszüge des Pferdes als Flucht- und Herdentier, die sein Verhalten prägen – insbesondere auch im Strassenverkehr. Anhand von Illustrationen der Mimik von Pferden in unterschiedlichen Gemütslagen wie Angst oder Aufmerksamkeit erklärte Gerber, wie man als Autolenker Begegnungen mit Pferden besser einschätzen kann. Auch die Hinweise zum Sichtfeld und Gehörsinn der Pferde führten bei den anwesenden Automobilisten zu Aha-Erlebnissen.

Perspektivenwechsel beim Pferdetransport

Nach einer Führung durch das Reitsportzentrum, während der Claudia Gerber immer wieder auf Wesenszüge der Pferde hinwies, durften die pferdeunerfahrenen Fahrlehrer schliesslich selbst Hand anlegen und spüren, was es heisst, ein Fluchttier zu führen. Ausserdem wurde erklärt, was es beim Fahren von Pferden im Anhänger oder Lastwagen zu beachten gilt. Die Teilnehmer wurden kurzerhand sogar selbst in einen Anhänger verladen und auf eine kleine Rundfahrt über das Grundstück mitgenommen, um einen Eindruck zu gewinnen, was es für das Pferd bedeutet, wenn man mit einem Anhänger heftig bremsen muss – eine eindrückliche Erfahrung für so manchen, obwohl das Gefährt mit keinen 20 km/h unterwegs war!

Wenn’s brenzlig wird

Im Praxisteil mit Auto wurden verschiedene schwierige Situationen wie beispielsweise das Kreuzen und Überholen von Pferden auf unübersichtlichen Strassen analysiert und geübt. Dabei wurde immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig ein genügend ­grosser Sicherheitsabstand ist und dass man nach dem Vorbeifahren nicht zu knapp vor dem Pferd wieder einspuren soll. Ausserdem wurde betont, dass Autolenker im Zweifelsfall besser mit genügend Abstand hinter dem Pferd bleiben oder anhalten sollen.

Erkenntnisse für ein sicheres Miteinander

Als krönender Abschluss durften die Fahrlehrerinnen und -lehrer noch selbst in den Sattel steigen und das Reitgefühl erleben. Dank der praxisnahen Erklärungen und greifbaren Übungen wird dieser Kurs hoffentlich dazu beitragen, das Verständnis der Automobilisten für die Bedürfnisse und das Verhalten der Pferde im Strassenverkehr zu verbessern.

Cornelia Heimgartner

Broschüre: Wenn Pferde und Fahrzeuge aufeinandertreffen

Das Thema ist immer aktuell: Mit dem ständig enger werdenden Lebens- und Freizeitraum in der Schweiz kommt es immer häufiger zu Begegnungen zwischen Pferden und Verkehrsteilnehmern im Strassenverkehr. Der Schweizerische Verband für Pferdesport SVPS hat eine Broschüre herausgegeben, welche Verkehrsteilnehmer, die unterwegs auf Pferde treffen, auf die Gefahren und die korrekten Verhaltensweisen rund um das Pferd im Strassenverkehr aufmerksam macht.

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