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«Ich sehe den Einsatz für den Pferdesport als gesellschaftspolitisch sinnbringend»

19 September 2016 10:55

Peter Christen ist seit 1999 Vorstandsmitglied des Schweizerischen Verbands für Pferdesport SVPS, wobei er zwischen 2007 und 2009 eine kurze Pause eingelegt hatte. Erst zuständig für die Abteilung Breitensport, die jedoch aufgelöst wurde, betreut er seit 2011 den Wettkampfsport. Der soll leben und sich entwickeln – am liebsten positiv. Das «Bulletin» geht in dieser Serie den Aufgaben und Herausforderungen, die sich den verschiedenen Vorstands­mitgliedern stellen, auf den Grund.

Peter Christen. Peter Christen.

«Bulletin»: Peter Christen, was sind ihre Hauptaufgaben als Verantwortlicher Wettkampfsport im Vorstand des SVPS? Was ist wichtig in Ihrem Amt?

Peter Christen: Der Wettkampfsport des SVPS betreut in der Schweiz die acht FEI-Disziplinen Dressur, Springen, Concours Complet, Fahren, Endurance, Voltige, Reining und Para-Equestrian sowie Vierkampf als neunte und Nicht-FEI-Disziplin. Ich bin dafür zuständig, dass wir in diesem Milizsystem des Verbandes immer genügend gut ausgebildete und geeignete Leute haben für all die verschiedenen Funktionen von Leitungsteam-Mitgliedern, über Trainer und Coach bis hin zu den Offiziellen, wie Richter oder Parcoursbauer.

«Wettkampfsport soll aktiv leben!»

Der Wettkampfsport kann nicht nur an Medaillen und Resultaten gemessen werden, sondern soll dank und durch Aktivitäten – zum Beispiel auch im Bereich Ethik – und Fortschritt positiv wahrgenommen werden. Fortschritt bedeutet zum Beispiel, dass wir in der Schweiz eine breitere Basis haben, die dann auch breitere Kader ermöglichen. Man sieht Fortschritt im Wettkampfsport auch an rittigeren und besser ausgebildeten Pferden, an der Zufriedenheit von Pferd und Reiter sowie an den erreichten Zielen des Verbands und am Wohlbefinden des Pferdes, welches immer an erster Stelle steht. Unabhängig, ob die Schweizer Athleten Medaillenränge erreichen oder nicht, erste Priorität hat immer eine optimale Leistung, die nicht auf Kosten der Pferde geht.

Wie bewältigen Sie all diese sehr unterschiedlichen und breit gestreuten Aufgaben?

Dies geschieht vorwiegend und in der Regel am besten über Gespräche. Gemeinsam mit den Leitungsteams der Disziplinen, den Trainern und Coaches wird jeweils eine Vierjahresplanung mit Zielen festgelegt. Dabei sind Championate, Weltreiterspiele und Olympische Spiele wie auch Wahlen der verschiedenen Funktionen im Verband Meilensteine. Weiter wird jede Saison noch separat und detaillierter geplant und gestaltet: Wann finden Trainings für die Kader statt? Wann die Selektionen? An welchen Anlässen wird selektioniert? Was sind die Schwerpunkte? Um nur einige der vielen Fragen zu formulieren, die mich und die betreffenden Disziplinleiter beschäftigen.

Planung ist das eine, Realität das andere. Und da kommen Nachgespräche, Debriefings ins Spiel, die sehr wichtig sind. Diese fliessen dann wiederum in künftige Planungen ein. Ich verfolge die Entwicklung über das Jahr in den verschiedenen Disziplinen, greife aber nicht ins Operative ein, sondern begleite lediglich die Disziplinleitung und unterstütze diese, wo sie dies erwartet und verlangt.

Welche Herausforderungen haben Sie in Ihrer Funktion zu meistern?

Wie bereits weiter oben erwähnt, funktioniert der SVPS als Milizsystem. Das bedeutet, es ist immer eine grosse Herausforderung, genügend motivierte und ausgebildete Leute für all die verschiedenen Posten zu haben. Es braucht sehr viele. Und die führen Ihre Aufgaben in Ihrer Freizeit aus, bedeutet, sie stecken viel Zeit und Wissen in Ihre Funktionen. Das heisst für mich auch, dass wir sie möglichst nicht verärgern wollen, sie aber trotzdem gewisse Leitplanken und Grenzen kennen und beachten sollen. Da ist eine gewisse Portion an Diplomatie von Vorteil.

Es ist heutzutage viel schwieriger Freiwillige zu finden, die in einem Verein oder Verband Aufgaben übernehmen möchten. Man muss auf eventuell Interessierte persönlich zugehen, sie kommen nicht mehr von sich aus. Früher wollten ehemalige Reiter dem Pferdesport erhalten bleiben und Aufgaben übernehmen, wenn sie selber nicht mehr aktiv in den Sattel stiegen.

«Heute reiten die Aktiven viel länger und nach der aktiven Wettkampfzeit wollen sie lieber noch Zeit für was anderes als den Pferdesport haben.»

Weiter ist eine grosse Herausforderung, dass der Kommunikationsfluss zwischen den verschiedenen Gremien funktioniert, zum Beispiel zwischen Vorstand und Disziplinleitung und weiter zu den Kadern. Ich versuche immer unterstützend zu wirken, wo mein Typ verlangt wird. Gerade in heiklen Situationen oder kurz vor Eskalationen kann jemand, der ein Problem von aussen betrachten kann und mit Fingerspitzengefühl versucht, Lösungen zu finden, hilfreich sein. Wichtig ist, dass es im Grunde genommen immer um das Pferd geht.

Was für Hindernisse treffen Sie bei Aufgaben ausserhalb des eigenen Verbands an?

Als Verantwortlicher Wettkampfsport habe ich auch politische Aufgaben, sei dies zum Beispiel der Kontakt zur Fédération Equestre Internationale FEI oder zu Swiss Olympic. Die Schweiz ist eine vergleichsweise kleine Nation in der FEI, und es ist schwierig, wahrgenommen zu werden. Aber Hartnäckigkeit macht sich bezahlt, wie die verschiedenen Beispiele in der Disziplin Endurance in den letzten Jahren gezeigt haben. Weiter gibt es auch immer wieder grosse Spannungen zwischen Organisatoren von Pferdesportveranstaltungen und den Regionalverbänden.

Alle haben ihre eigenen Umfelder, Daten, Sponsoren und alle wollen sie, dass möglichst viele der besten Reiter an ihrem Anlass teilnehmen. Auch da können Gespräche Lösungen bringen, denn ohne Wettkämpfe, gibt es keinen Sport. Ich bin froh, dass die Zusammenarbeit mit der Geschäftsstelle so gut funktioniert. Dort ist Evelyne Niklaus als Sportchefin zuständig und entlastet mit der ganzen Geschäftsstelle die «Milizler», wo es geht.

Was gefällt Ihnen an Ihrem Amt?

Ganz klar in erster Linie die Vielfalt und Vielschichtigkeit. Mein Job als Verantwortlicher Wettkampfsport ist sehr facetten- und abwechslungsreich. Ich treffe auf viele Leute, habe viele Kontakte und treffe auch immer wieder auf neue Herausforderungen. Mich reizt und freut auch, dass die Schweiz den Anschluss an die Weltspitze geschafft hat und halten kann, was das Ziel auf allen Niveaus ist.

«Die Zukunft des Pferdesports liegt mir sehr am Herzen.»

Der Spagat zwischen Altbewährtem und Neuem ist nicht immer einfach, aber die Auseinandersetzung damit sehr interessant und spannend. Ich sehe meinen Einsatz für den Pferdesport als gesellschaftspolitisch sinnbringend. Bei der Arbeit mit den Pferden lernt man Rücksicht und Sensibilität, was im heutigen Alltag manchmal verloren geht. Das Pferd hat einen hohen Stellenwert in der Bevölkerung. Ich versuche mit meiner Arbeit beim Verband, dem Kulturgut Pferd auch in Zukunft einen festen und artgerechten Platz in unserer Gesellschaft zu ermöglichen.

Nicole Basieux

Fotos: zVg

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