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Working Equitation – Auf den Spuren der Cowboys und Gauchos

14 Dezember 2015 09:43

Working Equitation bringt frischen Wind in die alten Traditionen der Arbeitsreitweisen. Der Reiter demonstriert in vier Teilprüfungen mit Stil und Eleganz die Eignung seines Pferdes für die Arbeit der südeuropäischen Rinderhirten.

Im Arbeitsparcours sind sichere Galoppwechsel und enge Wendungen gefragt. Im Arbeitsparcours sind sichere Galoppwechsel und enge Wendungen gefragt.

Auf der Iberischen Halbinsel, in der Camargue und in der Maremma gibt es die alte Tradition der Rinderhirten zu Pferde. Diese südeuropäischen Arbeitsreitweisen sind kulturell und folkloristisch tief verwurzelt und viel mehr als nur ein Mittel zum Zweck.

Sie bilden die Wiege aller Arbeitsreitweisen vom Cowboy bis zum Gaucho. Doch wie alle alten Traditionen wird auch die Arbeitsreitweise Europas durch die Moderne langsam in den Hintergrund gedrängt. So beschlossen Italien, Frankreich und Spanien 1996 Wettkämpfe abzuhalten, deren Ziel ist, den traditionellen Reitweisen neuen Aufschwung zu geben und sie zu erhalten.

Diese Wettkämpfe der Arbeitsreitweisen wuchsen nach und nach, Portugal folgte 1997 und weitere europäische Länder kamen später dazu. Insbesondere die Freunde und Fans des Lusitanos verbreiteten den Sport bis nach Mexiko, Brasilien und in weitere südamerikanische Länder. So folgte denn 2002 die erste Weltmeisterschaft. 

Präzision und Lockerheit bei Dressur und Arbeitsparcours
Wer sich nun aber waghalsige Gesellen und wilde Ritte vorstellt, der liegt falsch. Wie jeder Wettkampf ist auch Working Equita­tion eine Disziplin, die ihren Ursprung stilisiert. Die Dressurprüfungen verlangen hohe Lektionen, die ein durchlässiges und rittiges Pferd mit solider Ausbildung erfordern. Es soll Eleganz, Leichtigkeit und viel Impulsion mit unsichtbaren Hilfen gezeigt werden. Und auf genau dieser Basis geht es in die zweite Teilprüfung, den Arbeitsparcours. Das internationale Reglement beschreibt 18 Hindernisse, welche im Schritt oder im Galopp absolviert werden.

Typische Geländeaufgaben wie Brücke, Tor, Sprung oder Rückwärtsrichten sind kombiniert mit Aufgaben des Reiters, wie dem Aufnehmen eines Rings mit der Garrocha oder dem Läuten einer Glocke. Dazu kommen Slalomaufgaben mit Galoppwechseln und engen Wendungen. Der Richter achtet dabei auf die Symmetrie und den Fluss der Figuren sowie auf die willige Mitarbeit und die Versammlung des Pferdes. Es gibt Noten zwischen 0 und 10 pro Hindernis, wie in der Dressurprüfung, und die Darbietung soll ebenso leicht und elegant aussehen. 

Tempo beim Geschwindigkeitsparcours
Aber ein Arbeitspferd muss natürlich nicht nur gehorsam und brav sein, sondern auch schnell und mutig. Die dritte Teilprüfung ist daher ein Geschwindigkeitsparcours auf Zeit. Dieselben Hindernisse wie im Arbeits­parcours mit Speed und Vernunft zu reiten, ist gar nicht so einfach. Jeder Fehler ergibt Strafsekunden und disqualifiziert ist man schnell, aber die Stoppuhr läuft – eine spannende Prüfung auch für die Zuschauer. 

Rinderarbeit ist Teamarbeit
In der vierten Teilprüfung geht es an die Rinder. Es soll eines von der Herde abgetrennt und in einen Pferch gebracht werden. Dafür sucht sich der Reiter ein Team von drei Helfern, denn Rinderarbeit ist immer Teamarbeit. Auch diese Prüfung ist beim Publikum sehr beliebt. 

Woher kommt die Tradition?
Das internationale Reglement der WAWE (World Association for Working Equitation) beschreibt den Nationenwettkampf und die Einzelwertung für internationale Wettkämpfe. Es wird einhändig auf blanke Kandare geritten und die verlangten Lektionen haben S-Niveau.

Doch woher soll eine Nation diese Pferde und Reiter rekrutieren? Deshalb braucht es für jedes Land ein nationales Reglement, welches die Working Equitation für die unteren Klassen mit kleinerem Schwierigkeitsgrad ermöglicht. So können Pferd-Reiter-Paare Erfahrungen sammeln und sich weiterentwickeln bis zur Masterklasse.

In den Ländern mit traditioneller Arbeitsreitweise sind diese Reglemente natürlich längst vorhanden, aber für die Länder ohne solche Traditionen ist es schwierig. Woran soll man sich halten? Welche traditionelle Reitweise übernehmen? Und wie sieht denn die nationale Tracht aus, wenn es keine Tradition dafür gibt?

Im August 2013 hat sich eine kleine Gruppe interessierter Pferdeleute in Müswangen eingefunden und den Verein «Arbeitsreitweise Schweiz – Equitation de Travail Suis­se» ARSETS gegründet. Wir hatten alle das berühmte Video von Pedro Torres auf Oxidado gesehen.

Erstmals an Weltmeisterschaften
2014 erhielten wir eine Einladung der WAWE zur Weltmeisterschaft in Wien im Juni, zwei mutige Amazonen nahmen die Herausforderung an. Als Nationaltrainer steht uns erfreulicherweise ein echter Profi zur Verfügung: Bento Castelhano aus Portugal. So entschieden wir denn, nach Wien zu fahren und die Schweiz mit zwei Reiterinnen zu vertreten, noch bevor es in der Schweiz ein einziges Turnier gegeben hatte. Der Aufwand war gross und die Erfahrung toll, ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an alle Gönner, Sponsoren und Unterstützer.

Über ein Dutzend Vereinsmitglieder sind nach Wien gefahren, um die beiden Schweizerinnen zu unterstützen. Einen Gewinn gab es auch: Der ARSETS durfte in Wien am General Assembly der WAWE teilnehmen und wurde als offizielle Vertretung der Schweiz im Weltverband aufgenommen.
Der ARSETS freut sich über jedes neue Mitglied, die Teilnahme an Kursen und Turnieren ist aber auch für Nicht-Mitglieder möglich. Interessierte Vereine, Reitställe oder Gruppen können den ARSETS auch für unverbindliche Schnupperkurse buchen.

Alexandra Häusler

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