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Godel Robin, SUI, Grandeur de Lully CHFEI EventingEuropean Championship Avenches 2021© Hippo Foto - Dirk Caremans 25/09/2021
Concours Complet

Dominik Burger: «Wir wollen die Reiter aus ihrer ‹Komfortzone› holen»

12 Mai 2017 09:45

Interview mit Dominik Burger, Equipenchef Elite- & Perspektivkader Concours Complet

Weshalb wurde vom Konzept mit einem Nationaltrainer auf den Schwerpunkt Individualtraining umgestellt?

Das Konzept, bei dem ein Nationalcoach mit den Privattrainern der Reiter zusammenarbeitet bzw. mit ihnen kommuniziert, hat leider nicht wie gewünscht geklappt. Wir finden dieses Konzept heute noch sehr gut, es ist jedoch (noch) schwierig in der Umsetzung. Zudem haben wir zu wenig Mittel, um Grossbritannien oder Deutschland zu kopieren, und müssen diese sehr effizient einsetzen. Um die grossen Nationen kopieren zu wollen, fehlt bei uns in der Schweiz schlicht auch die «Masse» an potentiellen Kandidatinnen und Kandidaten für die Selektion.

Es fanden individuelle Kadergespräche mit Stärken-/Schwächen-Analysen der Reiter statt. Was waren deine Erkenntnisse aus diesen Gesprächen?

Es waren gute, offene Gespräche. Stärken-/Schwächenanalysen braucht es immer und immer wieder und das bis zum Olympiasieg – und wenn man langfristig erfolgreich sein, will auch darüber hinaus! Es gibt somit immer etwas zu arbeiten. Bei vielen Reitern war ich zuhause in ihrem Stall und erhielt so viele wertvolle Eindrücke. Frappant ist die Regionalität der Stärken/Schwächen, so zum Beispiel eine gewisse Dressurschwäche in der Romandie. Auch zeigt sich immer wieder, dass Reiter, die eigentlich einen Schwachpunkt zum Beispiel die Dressur haben, viel häufiger an Springturniere anstatt an Dressurprüfungen starten, und umgekehrt. Eine der Ideen unserer neuen Strategie ist es also unter anderem, die Reiter aus ihrer «Komfortzone» zu holen und sie so zu stärken und weiterzubringen.

Wie steht es um die Motivation der Reiter?

Super, die ist wirklich sehr gut! Ausser den drei Reitern, die bereits an Turnieren im Ausland waren, kamen ja auch alle ans eigentlich fakultative Kadertraining – das habe ich in der ganzen Zeit, in der ich dabei bin, noch nie erlebt! Auch die Einführung eines Perspektivkader ist eine tolle Sache, denn diese Reiter sind extrem motiviert, was auch die Elite zu besseren Leistungen anstachelt.

Was passierte seit diesen Gesprächen?

Wir sind am Arbeiten. Es wurden in allen Disziplinen Top-Spezialisten hinzugezogen, so zum Beispiel auch im mentalen Bereich und mit dem Coachingansatz ActionTypes. Gewisse Sachen funktionieren super, andere laufen noch etwas harzig, was in der Natur der Sache liegt, wenn man etwas Neues beginnt. Nun hat die Saison begonnen und die erste Standortbestimmung ist in vollem Gange. Und erste tolle Erfolge, wie der dritte Rang von Mélody Johner in Vairano und letztes Wochenende  der Sieg von Ben Vogg in Montelibretti, durften ja bereits verbucht werden. In einem Monat wissen wir noch viel mehr und können die erste Phase des neuen Konzepts evaluieren. Wir werden die Entwicklung jedes Athleten genau analysieren und sehen, ob erste Verbesserungen sichtbar sind. Auch bin ich gespannt auf die Feedbacks der Reiter, die wir sehr ernst nehmen. Denn auch wir Offiziellen müssen uns ständig verbessern und am Ball bleiben.

Synergien nutzen bei der Saisonplanung war ein weiteres Ziel. Ist es gelungen?

Die Selektionsprüfungen geben einen guten Weg vor. Ich schätze, unser vorgeschlagener Saisonplan bis zu den jeweiligen Europameisterschaften der einzelnen Kader wird zu gut 80% in diesem Sinne von den Reitern verfolgt. Daneben sind auch individuelle Lösungen möglich. Dies war so in unserem Sinne.

Der Name «Riotokio» zeigt eine langfristige Planung auf. Was sind die Etappenziele auf dem Weg nach Tokio?

Dank des neuen Konzepts «Riotokio» erhoffen wir uns, mittels maximaler Effizienz und mit optimaler Zusammenarbeit und Teamgeist in der Saison 2017 international bereits vielleicht in diesem und dann in den folgenden Jahren für positive Überraschungen sorgen zu können. Das Ziel mit der Elite ist, an der Europameisterschaft in Polen neben guten Resultaten eine gute Ausgangslage für die Weltmeisterschaft 2018 zu schaffen, wo es bereits um die erste Qualifikation für die OS in Tokio gehen wird.

Am vergangenen 11./12. März fand das Kadertrainings-Weekend in Avenches statt: Wie lautet dein Fazit?

Ich denke, es war sehr interessant und sehr intensiv. Wir müssen mit Cleverness und einem gewissen Team-Effort die fehlende Masse kompensieren, welche wir im Vergleich z.B. zu Deutschland oder eben auch Grossbritannien einfach nicht haben. So müssen wir anstreben, eine möglichst gut funktionierende Interessensgemeinschaft zu sein. Wir sind keine Mannschaftssportler wie Fussballer - aber mit einem gemeinsamen Ziel und Respekt vor- und füreinander können wir gegenseitig lernen und uns unterstützen. Ein Beispiel ist die erstmalige Durchführung einer schriftlichen linearen Beschreibung der Geländeritte der Reiter durch ihre Teamkollegen am letzten Kaderlehrgang: Hierbei haben wir objektive, fachlich fundierte und differenzierte Feedbacks provoziert. Diese gegenseitige positive und konstruktive Kritik-Methode hat gut funktioniert und dazu geführt, dass auch der Trainer noch differenziertere Beurteilungen abgab.
Neben dem technischen ist auch das physische und psychische Management der ReiterInnen enorm wichtig, auch wenn dies erstaunlicherweise im Pferdesport noch immer eher ein Mauerblümchendasein fristet. Hier können wir durchaus mit den Franzosen, die zum Beispiel seit zwei Jahren mit eben dem Coachingansatz ActionTypes arbeiten, gleichziehen. Auch mental müssen wir mindestens auf derselben Stufe beziehungsweise natürlich noch besser einen Schritt voraus sein, um erfolgreich zu sein.

Der Saisonbeginn steht vor der Tür. Was sind die nächsten Schritte?

Im Winter wurde intensiv gearbeitet – nun sind wir gespannt, was vielleicht schon gefruchtet hat. Ein paar Monate verändern noch nicht alles, aber man sieht hoffentlich erste Ansätze und kleine Highlights.

Das Interview führte Tamara Acklin.

Kaderreiterin Mélody Johner und Frimeur du Record CH (Image: http://www.vairanocic.it) Kaderreiterin Mélody Johner und Frimeur du Record CH (Image: http://www.vairanocic.it)

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