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Dressur
Dossier: Interviews

«Die Dressurrichter-Ausbildung des SVPS ist sehr gut aufgebaut und qualitativ hochwertig»

14 Februar 2023 08:30

Barbara Frauchiger hat sich für die Dressurrichter-Ausbildung des SVPS entschieden. | © SVPS Barbara Frauchiger hat sich für die Dressurrichter-Ausbildung des SVPS entschieden. | © SVPS

Schon als Kind war Barbara Frauchiger pferdebegeistert und begann früh mit dem Reiten. Der Dressursport hatte es ihr ganz besonders angetan. Nachdem sie selbst bis auf M-Niveau Turniere bestritten hatte, beschloss sie, den Weg zum Dressurrichteramt in Angriff zu nehmen. Im Interview erzählt die Bernerin unter anderem, welche Etappen die kostenlose Ausbildung beim SVPS umfasst und was ihrer Meinung nach eine gute Richterin auszeichnet.

 

Barbara, wie bist du zum Reitsport gekommen?

Zwar waren meine Eltern selbst keine Reiter, aber mein Grossvater mit ostpreussischen Wurzeln war in der deutschen Kavallerie. Sein Foto hing in meinem Elternhaus – daran kann ich mich gut erinnern. Ausserdem war mein Onkel Dressurreiter und -richter. Er nahm mich immer mal mit zu den Pferden und auf den Turnierplatz. Natürlich kam irgendwann der Wunsch auf, auch selbst zu reiten. Zunächst versuchte ich mich im Springsport, merkte dann aber, dass mein Herz eigentlich für das Dressurreiten schlägt.

 

Was fasziniert dich am Dressursport?

Es sind die Eleganz, die Harmonie und die Dynamik, die mich immer wieder in ihren Bann ziehen. Wenn ein Pferd richtig und gut gemäss den Richtlinien ausgebildet wird, wird es mit zunehmendem Training nicht nur besser, sondern auch schöner.

 

Was hat dich dazu motiviert, die Richterausbildung in Angriff zu nehmen?

Ich selbst hätte es mir spontan nicht zugetraut, als Richterin am Viereckrand zu sitzen. Ich hatte aber immer eine grosse Wertschätzung für die Richterinnen und Richter. Als ich eines Tages darauf angesprochen wurde, ob ich nicht Lust hätte, die kostenlose Richterausbildung des SVPS in Angriff zu nehmen, ist dieser Gedanke in mir gereift. Also besuchte ich die Infoveranstaltung zum Dressurrichteramt des SVPS. Ich habe den Kurs für Abreitplatz-Aufsichtspersonen besucht und entsprechende Einsätze wahrgenommen. So konnte ich mich mit der Rolle als Offizielle des SVPS vertraut machen und das entsprechende Auftreten üben.

 

Welche Voraussetzungen muss man denn mitbringen, um Dressurrichter zu werden?

Es gibt zum einen die harten Fakten: Man muss mindestens 25 Jahre alt sein und mindestens fünf Klassierungen in Programmen L11 bis L20 oder höher vorweisen können. Ausserdem muss man bei zwei Richterinnen oder Richtern eine Empfehlung einholen, dass man für das Richteramt geeignet ist.

Mindestens genauso wichtig sind aber auch Soft Skills wie ein sicheres Auftreten und eine gute Kommunikationsfähigkeit. Hier kommt mir sicher mein beruflicher Hintergrund als Berufsschullehrerin zugute. Ich bin es gewohnt, mich lange zu konzentrieren, Leistungen zu bewerten und meine Bewertung zu begründen. Wenn ich beispielsweise einen Vortrag eines Schülers benoten muss, habe ich ein Kriterienraster, in das ich meine Einschätzung des jeweiligen Kriteriums eintragen und kommentieren muss. Das ist wie das Notenblatt bei der Dressurprüfung. Es erfordert viel Konzentration und eine schnelle Auffassungsgabe, um eine Dressurprüfung benoten und kommentieren zu können.

 

Wo genau stehst du heute in deiner Dressurrichter-Ausbildung und wie geht sie weiter?

Ich muss nun innerhalb von zwei Jahren sieben sogenannte Assists absolvieren. Das heisst, ich begleite speziell dafür bezeichnete Richterinnen und Richtern an verschiedenen Dressurprüfungen der Stufen GA bis L. Zunächst sass ich nur neben ihnen und habe zugehört und beobachtet, wie sie arbeiten. Schliesslich begann ich mit Schattenrichten, d.h. ich benotete die Prüfungen mit, ohne dass die Bewertung für das Klassement zählte. So bekam ich ein Gefühl für das Tempo beim Richten – es geht alles unheimlich schnell – und dafür, dass man gewisse Details aus gewissen Perspektiven einfach nicht sehen kann und eine umfassende Bewertung schwierig ist. Ich kann mich mit der Richterin oder dem Richter austauschen und meine Fragen stellen. Nach jedem Assist schreibe ich einen Bericht mit meinen Erfahrungen und Erkenntnissen zuhanden der Chefin Technik der Disziplin Dressur beim SVPS, Margret Dreier.

Diese Assists habe ich bald abgeschlossen und kann mich dann zur Eintrittsprüfung anmelden. Diese findet im Rahmen eines regulären Dressurturniers statt, und es werden die allgemeinen Kenntnisse über die Grundgangarten und die Lektionen der Programme GA bis L20 geprüft. Wenn ich diese Eintrittsprüfung bestehe, darf ich Einsätze als L-Richteranwärterin wahrnehmen. Im ersten Jahr kann ich zusammen mit ausgebildeten Richterinnen und Richtern Prüfungen der Stufen GA01 bis GA10 sowie CC-Prüfungen bewerten. Ab dem zweiten Jahr darf ich Prüfungen der Stufen GA bis L20 und CC-Prüfungen richten.

Nach frühestens drei Jahren und spätestens vier Jahren sowie einer Mindestanzahl an gerichteten Prüfungen und besuchten Richterkursen kann ich mich dann zur L-Richterprüfung anmelden. Es ist also noch ein langer Weg, auf dem ich noch viel lernen muss.

 

Das ist eine ganz schön intensive Ausbildung. Wie siehst du das?

Ja, die Ausbildung ist intensiv, aber das ist meiner Meinung nach auch gerechtfertigt. Es braucht Zeit und viel Übung, um sein Auge zu schulen und das Tempo einer Dressurprüfung durchhalten zu können. Man muss die Reglemente und Richtlinie in all ihren Aspekten kennen. Jede Reiterin und jeder Reiter hat unsere volle Aufmerksamkeit und eine objektive Bewertung verdient. Die Dressurrichter-Ausbildung des SVPS ist sehr gut aufgebaut und qualitativ hochwertig.

 

Reitest du weiterhin selbst an Turnieren? Wenn ja, wie lässt sich das Richteramt mit dem Turnierreiten vereinbaren?

Ich werde in der Saison 2023 sicher der Richterausbildung Priorität einräumen, da ich das zeitlich sonst nicht schaffe. Grundsätzlich finde ich es aber gut und wichtig, dass auch Richterinnen und Richter zwischendurch die Perspektive wechseln und die Herausforderungen der Prüfungssituation aus Sicht des Reiters erleben. Das macht uns im Richteramt sicher demütiger.

Dennoch bin ich überzeugt, dass ein guter Richter nicht zwingend ein herausragender Reiter sein muss. Hingegen sind Ausbilder wohl die besten Richter, da sie es gewohnt sind Situationen zu beurteilen und einzuschätzen.

Wir dürfen die Rollen nicht verwechseln: Als Richter müssen wir die Reiterinnen und Reiter nicht schulen. Wir sind keine Ausbilder. Mit unseren Kommentaren sollen wir den Reiterinnen und Reitern nicht sagen, wie sie Lektionen trainieren müssen – wir können aber Hinweise geben, wo sie sich verbessern können. Umso wichtiger ist es meiner Meinung nach, dass wir unsere Kommentare positiv und lösungsorientiert formulieren. Wenn ich beispielsweise schreibe «könnte fleissiger gehen» ist das ein Trainingsinput. Im Gegensatz dazu klingt der Kommentar «zu wenig Fleiss» endgültig und aussichtslos.

 

Was sind die Schattenseiten des Dressurrichtens?

Der Zeitaufwand ist gross. Man steht morgens früh auf, verbringt den Tag im schlechtesten Fall bei Kälte und Regen im Freien. Gerade bei grossen Teilnehmerfeldern ist das Richten extrem anstrengend.

Aber die Freude und die Faszination am Sport überwiegen und die Kollegialität unter den Richterinnen und Richtern ist gross. Und wenn ich – bei aller Bescheidenheit – mit meiner Tätigkeit als Richterin ein kleines bisschen dazu beitragen kann, dass harmonisches und pferdegerechtes Reiten im Sinne der Richtlinien belohnt und gefördert wird, dann erfüllt mich das mit einer grossen Zufriedenheit.

 

Das Gespräch führte
Cornelia Heimgartner

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