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Wie weiter im Schweizer Distanzreitsport?

11 Februar 2020 09:00

Mit dem Endurance Day, der am 11. Januar 2020 in Bern stattgefunden hat, wurde das Schweizer Endurancejahr eingeläutet. Seit Jahren ist man in der Schweiz bemüht, in dieser Disziplin, die international immer wieder für Negativschlagzeilen sorgt, Gegensteuer zu geben.

Sportchefin Gaby von Felten war und ist selbst als Reiterin erfolgreich. © Claudia Spitz Sportchefin Gaby von Felten war und ist selbst als Reiterin erfolgreich. © Claudia Spitz

Da es letztes Jahr keine Kader und keine offiziellen Titelkämpfe für die Schweizer Endurancereiterinnen und -reiter gab, war die Frage nach den Zukunftsperspektiven ein zentrales Thema des Endurance Day. So freut sich Sportchefin Gaby von Felten-Ginesta, dass in ihrem zweiten Amtsjahr mit der Saison 2020 wieder der Alltag einkehrt: Nachdem sie die letzte Saison genutzt hat, um sich einen Überblick zu verschaffen, stehen dieses Jahr Weltmeisterschaften auf dem Programm - im italienischen Pisa. Der Athletenweg dahin ist anspruchsvoll, denn es gilt zum einen, die Qualifikationsbedingungen der FEI zu erfüllen, und zum anderen müssen sich die Reiterinnen und Reiter auch im nationalen System bewähren. Die Sportchefin hat dafür eine Punkteskala geschaffen, die die Leistungen an internationalen Ritten vergleichbar macht. Mit diesem Punktesystem gibt es eine klare Basis für die Selektion.

In der Startaufstellung für 2020 wurden drei Reiterinnen aufgrund der erreichten Resultate in das Elite-A-Kader aufgenommen. Weitere sechs Athletinnen bzw. Athleten sind im Perspektivkader. Die beiden Kader bilden eine solide Basis für die kommende Saison, aber es können sich jederzeit weitere Reiter für höhere Aufgaben empfehlen.

Änderungen im nationalen und internationalen Sport

Eine Herausforderung für die Reiterinnen und Reiter, die sich international qualifizieren wollen, sind die Neuerungen im FEI-Endurancereglement, die im Juli 2020 in Kraft treten werden. Die Vorgaben, um die nächst höhere Leistungsstufe zu erreichen, wurden massiv angehoben. Es werden mehr Ritte verlangt und das Zeitfenster, um diese zu absolvieren, wurde kleiner. Die Zeit wird zeigen, ob sich das System bewährt oder es sich - wie von gewissen Fachleuten befürchtet - kontraproduktiv auswirkt.

Für die Sportchefin steht im Zentrum, dass die Reiterinnen und Reiter die Freude am Sport behalten und alles daransetzen, sauberen Sport mit fitten Pferden zu zeigen - nicht zuletzt mit dem Ziel, neue Leute für den Endurancesport zu gewinnen.

Einen neuen Modus gibt es bei der Schweizermeisterschaft der Junioren und der Jungen Reiter, die 2019 im Cupsystem ausgetragen wurde. 2020 wird sie im Rahmen eines EVG3-Ritts über 60 Kilometer ausgeschrieben. Es wird eine separate Rangliste erstellt und es gewinnt, wer tempomässig am nächsten bei den erlaubten 15 km/h liegt. Nicht gewertet wird der Puls, allerdings muss die abschliessende Veterinärkontrolle natürlich bestanden werden. Startberechtigt sind jugendliche Reiterinnen und Reiter ab Jahrgang 1999 und jünger, wobei Reiter und Pferd davor erfolgreich ein EVG2-Rennen mit einer Geschwindigkeit von mindestens 12 km/h absolviert haben müssen. Die Europameisterschaft der Junioren und der Jungen Reiter wird Ende September im spanischen Vic ausgetragen, und es besteht die Chance, dass diese zumindest mit Einzelreitern beschickt werden kann.

Der neue Chef Technik der Disziplin, Stefan Meier, ist seit Jahren als nationaler Endurancerichter im Einsatz. © Claudia Spitz Der neue Chef Technik der Disziplin, Stefan Meier, ist seit Jahren als nationaler Endurancerichter im Einsatz. © Claudia Spitz

Reglemente und Richter

Diese beiden Themen bilden die Schwerpunkte der Aufgaben des Chefs Technik. Stefan Meier hatte nicht viel Zeit, sich auf den Endurance Day vorzubereiten, ist er doch erst seit Mitte Dezember im Amt.

Er informierte darüber, dass die neuen Regelungen betreffend Nasenband natürlich auch für Enduranceprüfungen gelten und die nationalen Richter mit dem neuen Messinstrument ausgerüstet wurden.

Ein weiteres Thema war das Brevet. An Schweizer Enduranceprüfungen kann mit allen Reitbrevets gestartet werden. Da man als Einsteiger in den Sport mit EVG1-Ritten beginnt und sich dann Schritt für Schritt auf längere Distanzen begibt, kann man sich langsam an grössere Aufgaben heranarbeiten.

Immer wieder für Gesprächsstoff und zusätzlichen Aufwand hat die Zeitmessung an den Schweizer Ritten gesorgt. Nun wurde ein Team geschaffen, das sich dem System annimmt, die Organisatoren entlastet und so einen reibungslosen Ablauf sicherstellen wird.

Stefan Meier erwartet eine spannende Aufgabe, es stehen jedoch auch noch einige «Baustellen» an. So hat er bei der Durchsicht des Reglements festgestellt, dass sich in gewissen Bereichen eine Überarbeitung aufdrängt, um Widersprüche und Unklarheiten auszuräumen.

Erfreulich ist für ihn, dass 2020 wieder acht nationale Ritte angemeldet wurden. Er weiss aus eigener Erfahrung, wie aufwändig es ist, einen Ritt zu organisieren, hat er doch viele Jahre bei verschiedensten Anlässen mitgearbeitet.

Ein weiteres Ziel ist die Schaffung von Stewards, um die Richter und die Veranstalter zu entlasten. In einem ersten Schritt ist bereits dieses Jahr geplant, Stewards für Start und Ziel auszubilden.

Der Weg in die Zukunft

Karin Kollmer hat sich in den ersten drei Monaten ihrer Amtstätigkeit einen Überblick über die Situation und die anstehenden Aufgaben verschafft. Daraus resultierte eine Klausurtagung des erweiterten Leitungsteams im Dezember 2019. Diese diente einerseits dazu, sich fachlich auszutauschen sowie festzustellen, welche Projekte angegangen werden sollten. So informierte die Disziplinleiterin über diverse Themen, auch im Hinblick darauf, dass durch die geringere Unterstützung der internationalen Grossanlässe eine Fondsbildung beantragt wurde, mit der 2020 beispielsweise die Schweizer Veranstalter bei der elektronischen Zeitmessung finanziell unterstützt werden, und die Organisatoren der nationalen Meisterschaft, die am 20. Juni 2020 wieder in der Schweiz - in Wynigen (BE) - ausgetragen wird, erhalten einen zusätzlichen Zustupf.

Zu den übergeordneten Zielen der Disziplin gehört, die Sportart Distanzreiten einem breiteren Publikum bekannt zu machen, beispielsweise mit der Teilnahme an Messen wie der Expohorse in Zürich bzw. der BEA/PFERD in Bern. Dazu wird eine entsprechende Projektgruppe gebildet.

Durchgeführt wird im Herbst auch ein Endurancekurs bzw. Sichtungstag für Reiterinnen und Reiter, die sich für längere Distanzen empfohlen haben. Damit sollen weitere Athleten motiviert werden, auch einmal international zu starten.

Die neue Disziplinleiterin ist an verschiedenen Ecken gefordert und wächst in ihre Aufgabe hinein: «Trotz einigen Jahren der Enduranceabstinenz, hat mich die Faszination für diesen Sport nie losgelassen. Mit der Wahl zur Disziplinleiterin Endurance bin ich nun wieder mittendrin statt nur dabei, und ich freue mich sehr auf diese neue und spannende Aufgabe. Eine von vielen Hauptaufgaben und ein künftiges Ziel wird für uns sein, wieder eine breite Basis zu schaffen und daraus in den kommenden Jahren ein breit aufgestelltes Kader zu bilden. Die FEI-Regeln mit dem neuen Qualifikationssystem kommen uns bei diesem Vorhaben zwar nicht gerade entgegen, aber wir werden dennoch mit Freude und Visionen unsere Strategie voll und ganz unter dem Standpunkt von ‹Clean Endurance›, verfolgen. Denn: ‹to finish is to win›.»

Frischer Wind im Leitungsteam

Im SVPS-Leitungsteam der Endurance kommt mit der neuen Saison frischer Wind auf, nachdem Peter Münger sein Mandat als Disziplinleiter nach elf Jahren auf Ende der Amtsperiode im Herbst 2019 niedergelegt hatte. Zu seiner Nachfolgerin wurde Karin Kollmer gewählt - eine erfahrene Reiterin, die unter anderem Mitglied des Schweizer Enduranceteams war, das 2006 an den Weltreiterspielen in Aachen die Silbermedaille gewann. Karin Kollmer ist ausserdem nationale Endurancerichterin und hat so den Sport aus den verschiedensten Blickwinkeln kennengelernt. Sie hatte bereits im vergangenen Jahr Einsitz im Leitungsteam als Reitervertreterin. Da auch Elsbeth Brunner im November von ihrem Amt als Chefin Technik zurückgetreten war, stellte sich am Endurance Day Stefan Meier als ihr Nachfolger vor. Der Solothurner ist einer der erfahrensten Schweizer Endurancerichter und kennt den Sport in- und auswendig. Seine aktive Karriere hat er zwar schon vor einiger Zeit beendet, blieb aber vor allem mit dem nationalen Sport immer verbunden.

Die neue Disziplinleiterin Karin Kollmer freut sich auf kommende Herausforderungen. (Foto: zVg) Die neue Disziplinleiterin Karin Kollmer freut sich auf kommende Herausforderungen. (Foto: zVg)

Einzelsportler als Team

Die deutsche Endurancereiterin und Tierärztin Uschi Klingbeil weckte am Endurance Day mit ihrem Vortrag «Mit gutem Teammanagement zur Medaille» grosses Publikumsinteresse. Ihre Ausführungen hatten besonderes Gewicht vor dem Hintergrund, dass die deutschen Endurancereiterinnen und -reiter an der letzten Weltmeisterschaft mit einer geschlossenen Leistung Bronze gewonnen hatten. Das war in früheren Jahren auch eine Stärke des Schweizer Teams, so zum Beispiel an den Weltreiterspielen in Aachen 2006 (Team-Silbermedaille) oder in der Normandie 2014 (Team-Bronzemedaille).

Uschi Klingbeil zeigte den Unterschied zwischen einem Einzelsport, wie es die Endurance ist, und den Team- beziehungsweise Mannschaftssportarten wie Fussball oder Curling auf. Aus ihren Ausführungen ging aber klar hervor, dass auch aus Einzelsportlern ein Team gebildet werden kann und es durchaus möglich ist, dass Individualsportler gemeinsam auf etwas Grosses hinarbeiten.

In diesem Sinne freut sich die Disziplin Endurance des SVPS zusammen mit den Schweizer Endurancereiterinnen und -reitern auf die kommenden Herausforderungen, die man beherzt anpacken wird. Gemeinsam will man sich weiterhin dafür einsetzen, das Image dieser faszinierenden, taktisch und sportlich anspruchsvollen Disziplin auf nationaler und internationaler Ebene aufzupolieren.

Claudia A. Spitz

Der Vortrag von Uschi Klingbeil stiess auf grosses Interesse. © Claudia Spitz Der Vortrag von Uschi Klingbeil stiess auf grosses Interesse. © Claudia Spitz

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