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«Gutes Reiten unterstützt die Durchlässigkeit beim Fahren»

18 Dezember 2017 12:00

Man nehme die Skala der Ausbildung, mische sie mit Ruhe, Geduld und Selbstreflektion, füge viel artgerechte Haltung und Weidegang hinzu, noch eine Prise gute Chemie zwischen Fahrer und Pferd und dann, besteht die Möglichkeit, tolle Erfolge, die seinen zu nennen. Der amtierende Weltmeister im Einspännerfahren, Dieter Lauterbach, gewährte Einblick in seinen Trainings- und Wettkampfalltag.

Er ist Deutscher, von mittlerer Statur und hat eine ruhige und feste Stimme. Mit seiner etwas spitzbübischen und sehr offenen Art hatte der Weltmeister die anwesenden Schweizer Fahrinteressierten am Fahrertreff Ende November sofort im Sack. Mithilfe seiner anschaulichen und einfachen Sprache sowie vielen Beispielen erklärte er, auf was er beim Training und Wettkampf Wert legt.

Ganz klar ist die Skala der Ausbildung für ihn das A und O: Takt, Losgelassenheit, Anlehnung, Schwung, Geraderichten, Versammlung. Er betonte jedoch immer wieder, dass die Losgelassenheit für ihn noch vor dem Takt komme. Aber wie werden die Pferde losgelassen? «Das geht nur mit artgerechter Haltung und Weidegang. Die Pferde müssen sich auch immer wieder mal austoben können», sagt Dieter Lauterbach. Nur so könnten sie auch ausgeglichen vor der Kutsche gehen. Ein weiterer sehr wichtiger Punkt für den amtierenden Weltmeister ist:

Die Chemie zwischen Fahrer und Pferd sowie der jeweilige Ausbildungsstand müssen stimmen!

Nur wenn dies auch gegeben sei, könne ein Gespann langfristig Erfolge feiern, ist er überzeugt. Neben der Chemie schwört der Einspännerfahrer im Training aufs Reiten. «Gutes Reiten unterstützt die Durchlässigkeit beim Fahren», sagt Lauterbach. Heute ginge es kaum noch, Pferde auf dem hohen Niveau zu fahren, ohne sie auch unter dem Sattel oder an der Doppellonge zu trainieren. Eine weitere Komponente, die bei ihm zum Erfolg beigetragen habe, sei die Ursachenforschung: «Warum klappt es zum Beispiel nicht so, wie ich mir das vorstelle in der Dressur? Wie werde ich in der Dressur besser?» Da sei das Herausfinden der Probleme, deren Lösungen sowie die Selbstreflexion sehr wichtig, und auch, sich Fehler einzugestehen, um diese dann nicht mehr zu machen und ein Training entsprechend anzupassen.

Vor dem Turnier steht das Training, vor der Saison das Wintertraining. Geeignete Trainingsvoraussetzungen müssen gegeben sein, was bedeutet, dass ein Viereck von 40 mal 100 Metern einfach in der Nähe sein muss. Winterarbeit ist für Dieter Lauterbach jedoch nicht nur die Pferde am Wochenende mal einzuspannen. Sie müssen auch unter der Woche trainiert werden, dies möglichst abwechslungsreich. Seien die Pferde nun geritten oder gefahren, sie müssen Spass haben im Training und auf Turnier. Dies bedingt, dass auch der Fahrer ausgeglichen ist. «Sonst geht es nicht, beide müssen zufrieden sein», ist der Weltmeister überzeugt.

Dieter Lauterbach zog die anwesenden Fahrinteressierten in seinen Bann. Dieter Lauterbach zog die anwesenden Fahrinteressierten in seinen Bann. (Bild: Nicole Basieux)

Beifahrer als wichtiges Teammitglied

Natürlich schwört der Deutsche darauf, dass man einen Trainingsplan haben muss und einen Saisonplan mit Höhepunkten, auf die man sein Team gezielt vorbereitet. Apropos Team: Für den erfolgreichen Einspännerfahrer sind nicht nur sein Pferd und er ein Team. Was oft vergessen wird, ist, dass der Beifahrer eine sehr entscheidende Rolle spielt. «An so tollen Erfolgen ist immer ein ganzes Team beteiligt - das ist nie nur der Fahrer und sein Pferd», ergänzt Lauterbach.

Immer wieder deutet er darauf hin, dass alles im Einklang mit dem Pferd geschehen soll. Man müsse mit Gefühl und Verstand an solche Pläne und Ziele, ohne die Pferde zu überfordern. Als einfühlsamer Fahrer müsse man sich und dem Pferd Zeit geben, sich verständlich machen - die Kommunikation zwischen Fahrer und Pferd muss funktionieren - und dies alles in Ruhe und auf keinen Fall in Hektik.

Nebst den vielen Tipps für Alltag und Training liess es sich Dieter Lauterbach nicht nehmen, auch detailliert auf den Ablauf eines Turniers einzugehen. Für ihn sind ein gesunder Ehrgeiz und realistische Ziele das A und O. Zu Beginn der Saison könne man auch ruhig ein leichteres Turnier wählen und man solle sich mit kleinen Fortschritten zufriedengeben. Wichtig sei auch der Zeitpunkt der Anreise: Für ihn ist es am besten, schon einen Tag vor Turnierbeginn anzureisen und vor Ort mit seinem Trainer bereits ein erstes Training zu absolvieren.

Planen und perfektionieren

Eingehend auf die einzelnen Teildisziplinen fällt auf, dass Dieter Lauterbach die einzelnen Prüfungen akribisch vorbereitet. Er empfiehlt nicht zu lange, aber auch nicht zu kurz einzufahren. Und sollten doch mal Fehler im Viereck passieren:

Dann auf keinen Fall sich über den Fehler ärgern, sondern die nächste Lektion vorbereiten und umso besser fahren.

In der Dressur überlässt er nichts dem Zufall, alles, was er in der Hand hat, zum Beispiel die Hufschlagfiguren und Übergänge, wirklich korrekt fahren, das ganze Zeitmanagement oder auch das ganze äusserliche Auftreten, bringt er möglichst perfekt. Weiter helfen Videoaufnahmen und deren Analysen sowie die Kommentare auf dem Richterprotokoll, um sich von Mal zu Mal zu verbessern.

Die Geländeprüfungen, also den Marathon, müsse man unbedingt oft genug abgehen - auch im Team. Weiter sollen Alternativen eingeplant werden. Wenn man nicht gerade einer der ersten Starter ist, dann besteht die Möglichkeit, die ersten Fahrer zu beobachten und aus ihren Fehlern zu lernen. «Die Strecke muss gut eingeteilt werden, die Pferde sollen zwischen den Hindernissen etwas entspannen können», sagt Dieter Lauterbach. Er versucht jeweils möglichst rund und flüssig zu fahren, denn der kürzeste Weg ist nicht immer auch der schnellste! Nach dem Gelände gelte es, die Pferde genügend lang noch Schritt zu führen, um auch eine optimale Regeneration nach dieser Anstrengung zu gewährleisten.

Im Training gleich wie auf Turnier

Am Schluss kommt dann noch die Teilprüfung Hindernisfahren, oder auch «Töggele». Hier muss im Training wie am Turnier unbedingt immer mit dem gleichen Wagen gefahren werden. Das Training muss auf verschiedenen Plätzen und Bodenbeschaffenheit stattfinden, damit sich Fahrer und Pferd auf den Wagen und sein Fahrverhalten einstellen können. Im Training kann man ganz einfach den Parcours vom letzten Turnier nachbauen und diesen auch komplett fahren - denn die Konzentration muss bis zum Schluss da sein. 

Etwas, das vielleicht einige erstaunen mag, war die Aussage von Dieter Lauterbach, dass die erste Veterinärkontrolle eigentlich die erste Prüfung eines Turniers sei: «Wenn man sich hier perfekt zeigt, seine Pferde ordentlich vorführt, kann das schon mal auch darüber entscheiden, ob ein Richter nun eine Note in der Dressurprüfung eher auf- oder abrundet.» 

Von den Erfahrungen Dieter Lauterbachs werden in der kommenden Saison die bereits selektionierten sowie die angehenden Schweizer Kadermitglieder der Einspänner Pferde profitieren. Das Leitungsteam Fahren konnte diese Koryphäe des Einspännersports für 2018 als Trainer verpflichten. 

Nicole Basieux

Reglementsänderungen Fahren

Ende November wurde das überarbeitete Fahrreglement von der Reglementskommission (REGLKO) verabschiedet.

Es wurde gestrafft, vereinfacht und in grossen Teilen demjenigen der FEI angepasst. Für alle Disziplinen gab es Anpassungen. In der Dressur sind es nur gerade deren zwei: Neu sind die Gangarten beschrieben. Ausserdem können zukünftig in der Bewertung auch halbe Noten vergeben werden. Eine weitere wichtige Änderung: Die Disziplin Hindernisfahren wurde umbenannt in «Kegelfahren», um sprachlich eine klarere Abgrenzung zu den Hindernissen der Geländeprüfung zu schaffen.

Alle weiteren Anpassungen sind ab 1.1.2018 im neuen Reglement ersichtlich unter www.fnch.ch > Disziplin Fahren > Reglemente

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