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Mit vollem Einsatz zu besseren Dressurnoten

19 August 2019 06:00

Das Konkurrentenfeld von hinten aufrollen, das kennt der Schweizer Vierspännerfahrer Jérôme Voutaz nur allzu gut. Erreichte er mit seinen Freibergern in internationalen Konkurrenzen in der Dressur jeweils nur schwierig den Anschluss ans Mittelfeld, so arbeitete sich sein Team dann im Marathon und im Hindernisfahren nach vorne. Um aber ganz vorne mitzureden, hat der Walliser jetzt so einiges in Angriff genommen. Darüber sprach er mit «Bulletin».

Der erfahrene Félix Brasseur gibt dem Walliser wertvolle Tipps. Der erfahrene Félix Brasseur gibt dem Walliser wertvolle Tipps. (Foto: N. Basieux)

Bulletin: Jérôme Voutaz, in der Vergangenheit gelang es dir immer wieder, mit der Weltspitze mitzuhalten. Dennoch blieb der ganz grosse Erfolg in den Vollprüfungen bisher aus. Woran liegt das?

Jérôme Voutaz: Eine Vollprüfung im Fahrsport besteht aus drei Teilprüfungen: der Dressur, dem Marathon und dem Hindernisfahren. Im Weltcup der vergangenen Jahre, an den Europameisterschaften 2017 in Göteborg (SWE) und an den Weltreiterspielen 2018 in Tryon (USA) konnte ich jeweils in zwei der drei Teilprüfungen den Weltbesten regelrecht um die Ohren fahren. Im Marathon und im Hindernisfahren kommen auch die eleganten Warmblüter der anderen Fahrer nicht an die schnellen Zeiten meiner geschickten und wendigen Freiberger heran. Aber die meist ganggewaltigeren Vierbeiner der Gegner zeigen in der Dressur ihre Qualitäten - das ist unsere Schwachstelle.

 

Hast du mit deinen Freibergern also keine Chance auf gute Dressurresultate?

Doch, ich denke schon, es gibt Optimierungspotenzial, und zwar auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Zum einen kann ein Gespann schon wesentlich mehr brillieren, wenn die zwei vorderen Pferde mehr Gang haben und zeigen. Deshalb lege ich bei der Auswahl von jungen Freibergern nun mehr Wert auf Bewegungsstärke. So sollte mein Vierspänner im Vergleich zu den internationalen Topgespannen auch im Dressurprogramm bei den Richtern einen besseren Eindruck hinterlassen, was sich dann hoffentlich auch auf die Notengebung auswirkt.

 

Wie werden deine jungen Pferde denn auf ihre Aufgabe im Vierspänner vorbereitet?

Im Moment sind zwei Nachwuchshoffnungen zur Ausbildung bei Eric Renaud, einem ehemaligen Kadermitglied der Schweizer Einspännerfahrer. Er bereitet die beiden am Einspänner für Turniere und auf ihre Zukunft im Vierspänner vor. Eric hilft mir enorm betreffend die Präzision der Figuren im Dressurviereck.

 

Und wie können sich die aktuellen Pferde dressurmässig verbessern?

Dabei hilft mir der belgische Trainer und Vierspännerspezialist Félix Brasseur. Er kommt regelmässig für Trainingswochenenden in die Schweiz - vor allem über den Winter und im Frühling. Ausserdem werden nun alle Freiberger je nach individuellem Trainingszustand auch ein- oder zweispännig gefahren. Und Brasseur legt viel Wert auf die Geschmeidigkeit und Gymnastizierung der Pferde - und das wird mir helfen, mich zu verbessern.

Der belgische Trainer Félix Brasseur beobachtet Jérôme Voutaz mit seinem Vierspänner bei der Dressurarbeit anlässlich eines Trainingswochenendes in der Schweiz. Der belgische Trainer Félix Brasseur beobachtet Jérôme Voutaz mit seinem Vierspänner bei der Dressurarbeit anlässlich eines Trainingswochenendes in der Schweiz. (Foto: N. Basieux)

Die Fahrpferde werden also nur am Wagen trainiert?

Nein, die rund neun Freiberger in meinem Team werden auch regelmässig geritten. Früher wurden sie gar nicht geritten, dann wurden sie nur über den Winter dressurmässig unter dem Sattel gearbeitet, doch nun werden sie auch während der Saison zwischen den Turnieren regelmässig geritten. Je nach Bedarf jedes einzelnen Pferdes und nach dessen Trainings- und Turniereinsatz mal mehr und mal weniger.

In der laufenden Saison blieben die grossen Erfolge bisher dennoch aus - abgesehen vom letzten internationalen Einsatz in Nebanice (CZE) und einem zweiten Rang Anfang Mai in Mezohegyes (HUN) …

2019 ist für mich eine Übergangssaison. Und auch bei der besten Planung und Vorbereitung ist man vor Ausfällen und Überraschungen nicht gefeit. Es gilt, immer wieder aufs Neue abzustimmen und auszuprobieren, welches Pferd nun an welcher Position und in welcher Teildisziplin am besten ist. Das ist nicht einfach, macht das Ganze aber enorm spannend und herausfordernd.

 

Du hast also neue Pferde im Gespann?

Ich habe diese Saison gleich zwei neue Pferde ins Gespann integriert: Esteban CH und Neandro CH. Die beiden Freiberger-Wallache machen ihre Arbeit sehr gut. Trotzdem braucht die Umstellung des Gespanns Zeit und Geduld und einiges an Arbeit, was sich zurzeit auch noch in den etwas unstabilen Resultaten widerspiegelt. 2019 ist für mich darum wirklich eine Übergangssaison. Ich gehe aber davon aus, dass spätestens nächste Saison die Pferdewechsel und die konsequente, abwechslungsreiche und vielseitige Arbeit mit den Pferden ihre Früchte tragen werden.

Die Routiniers wie die Stute Belle du Peupe CH (vorne) geben den Neulingen wie Esteban CH (hinten) im Wettkampf die nötige Sicherheit. Die Routiniers wie die Stute Belle du Peupe CH (vorne) geben den Neulingen wie Esteban CH (hinten) im Wettkampf die nötige Sicherheit. (Foto: N. Basieux)

Wäre es nicht einfacher, mit Pferden einer anderen Rasse zu arbeiten?

Das kommt für mich nach wie vor nicht infrage. Ich werde den Freibergern treu bleiben. Übrigens bin ich laufend auf der Suche nach raren Freiberger-Perlen, um mein Gespann zu ergänzen. Die Freiberger haben unglaubliche Qualitäten, die mir als Amateur überhaupt erst den Zutritt zum Leistungssport ermöglicht haben und weiterhin ermöglichen. Man darf nicht vergessen, dass beim Pferdesport im Allgemeinen und bei den Vierspännern im Speziellen sehr viele Faktoren mitspielen.

 

Welche Erfolgsfaktoren wären da denn noch zu nennen?

Der Fahrsport ist sehr zeit- und auch kostenintensiv. Man braucht für die verschiedenen Teildisziplinen unterschiedliche Kutschen, die jeweils im Preissegment eines Mittelklasseautos liegen. Dazu kommen das Geschirr für vier Pferde - einmal für Dressur- und Kegelfahren und einmal für den Marathon -, ein Transportfahrzeug für mindestens vier Pferde plus die Wagen. Auch die Infrastruktur ist entscheidend für den Erfolg. Zu Hause im Wallis trainiere ich mit meinen Pferden auf einem einfachen Grasfeld - das mir vom Mitbesitzer der Pferde, Pierre Emonet, der sich auch täglich um die Pferde kümmert, zur Verfügung gestellt wird - und nicht etwa auf einem Aussenviereck in Turnierabmessungen. Ich reise zwar immer mal wieder für Trainings ins Schweizer Nationalgestüt nach Avenches, aber das kann ich aus zeitlichen Gründen nicht allzu oft machen - schliesslich bin ich voll berufstätig in einer Autogarage. Nicht zu vergessen sind auch die Unterhaltskosten aller Pferde sowie die Kosten für das ganze Team, wenn wir auf Turniere ins Ausland reisen.

 

Wie beurteilst du deine bisherige Saison 2019?

Es sind nun bereits fast alle FEI-Wettkämpfe, an denen die Vierspännerfahrer Weltcuppunkte für die Indoorsaison sammeln können, vorbei. Leider sind die wirklich guten Resultate für mich und mein Team bisher ausgeblieben. Allerdings konnten wir im tschechischen Nebanice am ersten Augustwochenende den zweiten Rang erreichen, wobei wir 4. in der Dressur, 1. im Marathon und 6. im Kegelfahren wurden. Dies hat uns wertvolle Punkte für die Qualifikation für die Indoorsaison eingebracht. Das Format der Indoorturniere kommt uns sehr entgegen, da dort die Teilprüfung Dressur wegfällt. Doch nur die zehn besten Fahrer der Qualifikationsturniere mit Vollprüfungen - also inklusive Dressur - werden für die Indoorsaison zugelassen. Ich bin deshalb hoch motiviert, die Dressurleistungen meiner Freiberger weiter zu steigern und bald die Lücke zur Weltspitze zu schliessen, und wir bleiben zuversichtlich, dass wir den Sprung in die Topten schaffen und uns so für die Indoor-Saison 2019/20 qualifizieren.

Jérôme Voutaz am CAI3* Nebanice (CZE). Jérôme Voutaz am CAI3* Nebanice (CZE). (Foto: Šárka Veinhauerová)

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