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Springen

Vom Jura auf den Olymp: Steve Guerdat ganz privat

19 Dezember 2016 14:19

Im Jura ist Steve Guerdat weit über die Reiterwelt hinaus bekannt und ein gefeierter Sportler. In einem neuen Bildband wirft der Sportjournalist Raffi Kouyoumdjian einen faszinierenden Blick hinter die Kulissen der Karriere eines pferdeverrückten Knaben aus dem jurassischen Hinterland, der es mit Fleiss und Ehrgeiz zum Olympiasieg brachte. Bisher unveröffentlichte Bilder und ganz persönliche Texte zeichnen das Porträt eines Kämpfers, der so manchen Tiefschlag verwinden musste.

Am 29. August 2012, drei Wochen nach seinem Olympiasieg, wird Steve Guerdat in seinem Heimatdorf Bassecourt wie ein Held gefeiert. /Foto: Roger Meier Am 29. August 2012, drei Wochen nach seinem Olympiasieg, wird Steve Guerdat in seinem Heimatdorf Bassecourt wie ein Held gefeiert. /Foto: Roger Meier

Eishockey, Fussball und Tennis – das ist die Arbeitswelt von Raffi Kouyoumdjian, der seit rund zwanzig Jahren die Sportseiten der jurassischen Tageszeitung «Le Quotidien Jurassien» füllt. Und dann machte plötzlich ein junger Springreiter aus Bassecourt bei Delémont mit internationalen Spitzenresultaten auf sich aufmerksam und Kouyoum­djian wurde im Jahr 2000 zum ersten Interviewtermin mit dem Parcoursvirtuosen Steve Guerdat geschickt.

Ohne viel Vorwissen liess sich der versierte Sportjournalist in den Bann des Springreitens ziehen und begleitet Guerdats Karriere seither journalistisch durch Hochs und Tiefs. Pünktlich zu Weihnachten erscheint nun ein grossformatiger Bildband, in dem Kouyoumdjian den Werdegang des einzigen jurassischen Olympiasiegers nachzeichnet. Nie gesehenes Bildmaterial und kaum bekannte Anekdoten machen das kunstvoll aufgemachte Werk zu einer wahren Schatztruhe.

Der Stolz eines ganzen Kantons

An den Tag, als Steve Guerdat in London Olympiagold holte, kann sich Raffi Kou­youmdjian noch bestens erinnern: «Ich verfolgte das entscheidende Springen vor Ort. Das war eine unglaubliche Atmosphäre. Da sind tausende von Menschen und ich kenne nur einen einzigen – und genau der wird Olympiasieger. Das ist verrückt!» Dank Kouyoumdjians Berichterstattung weiss bald der ganze Jura von Guerdats Glanzleistung und bei seiner Rückkehr wird er im Jura als Held gefeiert.

Das war vor vier Jahren. Dann, zu Beginn des nächsten Olympiajahres 2016, kam beim «Quotidien Jurassien» die Idee auf, dem jurassischen Titelverteidiger ein Buch zu widmen. Chefredaktor Rémy Chételat und Marketingleiter Régis Borruat holten Raffi Kouyoumdjian als Autor ins Boot und konnten die Familie Guerdat mit ihrem Projekt sofort überzeugen. «Ich war überrascht, dass Steve einwilligte», plaudert Kouyoumdjian aus dem Nähkästchen, «denn er schaut nicht gerne zurück. Er ist immer nach vorne fokussiert und zieht nicht gerne Bilanz.»

Die Familie als Rückhalt und treibende Kraft

Sechs Monate dauerten die intensiven Arbeiten am Buch. In dieser Zeit traf sich Raffi Kouyoumdjian regelmässig mit Steve Guerdat in dessen Wahlheimat Herrliberg. In langen Gesprächen fühlte der Sportjournalist dem sensiblen Reiter auf den Zahn und lernte ihn von seiner ganz privaten Seite kennen: «Steve ist ein sehr emotionaler Mensch und zeigt seine Gefühle auch – seien es Freudentränen oder Wutausbrüche», so Kouyoumdjian. «Das ist für sein Umfeld zwar manchmal schwierig, aber es macht ihn auch zu dem feinfühligen Reiter, der er ist.»

Doch nicht nur die Homestory auf dem
Rütihof oberhalb des Zürichsees zeigt den Olympiasieger von seiner privaten Seite mit Bildern aus der Wohnung oder vom Ausritt im nahegelegenen Wald. Die ganze Familie Guerdat hat zu diesem einmaligen Blick hinter die Kulissen der steilen Karriere des Springreiters beigetragen. Einzigartige Fotos aus dem Familienalbum belegen eindrücklich, was für eine wichtige Rolle Mutter Christiane, Vater Philipp und Bruder Yannick damals wie heute spielen.

17 Stationen von Bassecourt nach Rio

Raffi Kouyoumdjian erzählt in seinem – ganz in «olympischem» Gold gefassten – Buch nicht einfach chronologisch den Werdegang des Ausnahmeathleten, sondern macht in jedem der 17 Kapitel an einem Ort halt, der das Leben Guerdats geprägt hat. Dabei erfährt man spannende, witzige, ja sogar brisante und berührende Einzelheiten über Steve Guerdats Leben: seine Enttäuschung im Stall des niederländischen Pferdehändlers Jan Tops, seinen Rauswurf beim ukrainischen Oligarchen Alexander Onischenko, seine Tränen bei der Pressekonferenz in Kloten nach dem Freispruch vom Dopingverdacht. Dennoch verliert Kou­youmdjian niemals den Blickwinkel des Sportjournalisten aus den Augen mit Bildern aus den Kulissen von sportlichen Meilensteinen auf der ganzen Welt.

Steve Guerdat über seine Pferde

Im zweiten Teil des Buches lässt Raffi Kou­youmdjian dann Steve Guerdat selbst zu Wort kommen. In kurzen Texten porträtiert er verschiedene Pferde, die seinen Weg geprägt haben. Liebevoll beschreibt er deren Stärken und schmunzelt über die eine oder andere Unart seiner vierbeinigen Partner.

Obwohl – oder gerade weil – der jurassische Sportjournalist Raffi Kouyoumdjian nicht aus dem Pferdemilieu stammt, ist es ihm in diesem Buch gelungen, die Faszination für das Springreiten und für den Ausnahmeathleten Steve Guerdat in Wort und Bild zu fassen. Denn für ihn stand nicht die Sportart im Vordergrund, sondern der Sportler; oder um es mit Kouyoumdjians Worten zu sagen: «Ein Champion ist und bleibt ein Champion.»

Cornelia Heimgartner

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