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Vierkampf
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Olympia zum Greifen nah im Modernen Fünfkampf

24 Juni 2019 08:00

Fechten, Schwimmen, Laufen, Schiessen und Reiten - das ist Moderner Fünfkampf, auch
Pentathlon genannt. Diese wohl vielseitigste aller Sportarten wurde vom Begründer der Olympischen Spiele der Neuzeit, Pierre de Coubertin, ins Leben gerufen und ist auch heute noch olympisch.

Der Springparcours auf einem Leihpferd ist eine grosse Herausforderung im Modernen Fünfkampf. Der Springparcours auf einem Leihpferd ist eine grosse Herausforderung im Modernen Fünfkampf. (Foto: B. Kriegel)

Im Modernen Fünfkampf beschickte die Schweiz während Jahrzehnten die Olympischen Spiele und nahm erfolgreich an Weltcups sowie an Welt- und Europameisterschaften teil. Dann folgten ein Einbruch und eine längere Durststrecke. Heute nun ist das Pentathlon-Nachwuchskader in der Schweiz so gut aufgestellt wie nie zuvor und die Qualifikation für die Olympischen Spiele wieder in greifbarer Nähe.
 

Vielseitig begabte Sportlerinnen und Sportler

Wer an einem einzigen Tag einen Degenfechtkampf bestreitet, 200 Meter Freistil schwimmt, einen Springparcours mit zwölf Hindernissen bis 1,20 Meter Höhe überwindet und schliesslich auch noch drei Kilometer querfeldein läuft und dabei präzise Schusstreffer absolviert, der ist definitiv vielseitig begabt und durchtrainiert!

Doch die Fünfkämpferinnen und Fünfkämpfer müssen nicht Weltklassespezialisten in allen Teildisziplinen sein, erläutert Florence Meyer-Dinichert, Nationaltrainerin und Leistungssportchefin des Dachverbandes Pentathlon Suisse. «Wir brauchen Topsportler, die es in den einzelnen Disziplinen nicht an die Weltspitze schaffen, aber dennoch ein hervorragendes Leistungsniveau vorweisen können. Auch wenn junge Athletinnen und Athleten noch nicht in allen fünf Teildisziplinen versiert sind, können sie über den Dachverband schrittweise daran herangeführt werden. Was zählt, sind in erster Linie eine hohe Grundsportlichkeit und die Motivation, in den schwächeren Teildisziplinen intensiv zu trainieren.»


Für jeden erschwinglich

Der Trainingsaufwand ist bei so vielen Teildisziplinen enorm und erfordert ein gut durchdachtes Sportprogramm. Die meisten hoffnungsvollen jungen Fünfkämpferinnen und Fünfkämpfer besuchen daher eine Sportschule, damit sie genügend Freiraum für die verschiedenen Trainings haben. Abschreckend kann auch der grosse Ausrüstungsbedarf wirken, doch Meyer-Dinichert winkt ab: «Wer sich als Talent erweist, wird von Pentathlon Suisse mit Leihmaterial unterstützt. Es muss nicht gleich eine komplette Fecht- und Schiessausrüstung angeschafft werden. Auch eigene Pferde sind keine Voraussetzung, denn am Turnier wird auf Leihpferden des Veranstalters geritten.» Geschossen wird im Modernen Fünfkampf übrigens nicht mehr mit Luftpistolen, sondern mit Laserpistolen - ein weiterer Pluspunkt für diese Sportart, die trotz langer Tradition den Sprung in die Moderne geschafft hat!

Ausserdem ist der Weg in den Spitzensport im Fünfkampf stufenweise aufgebaut. So beginnen die Jugendlichen mit dem Schwimmen und der Kombinationsdisziplin aus Querfeldeinlauf und Schiessen. Als nächste Leistungsstufe kommt das Fechten hinzu und zu guter Letzt, ab einem Alter von 19 Jahren, das Reiten. Die Nationaltrainerin erklärt: «Im Schwimmen ist es schwierig, nach dem Teenageralter noch ein Spitzenniveau zu erreichen. Deshalb kommen viele künftige Fünfkämpferinnen und Fünfkämpfer über einen Talenttransfer aus dem Schwimmen: Sie werden es dort nicht an die Weltspitze schaffen, sind aber hervorragende Schwimmer und Ausdauersportler. Auch der Triathlon ist ein beliebter Pool für künftige Hoffnungsträger im Pentathlon.»

Sportchefin Florence Meyer-Dinichert und das Schweizer Kader der Frauen beim Swiss International Competition (SWIC) Ende März 2019 in Bern. Sportchefin Florence Meyer-Dinichert und das Schweizer Kader der Frauen beim Swiss International Competition (SWIC) Ende März 2019 in Bern. (Foto: B. Kriegel)

Herausforderung Leihpferde

Da es für Pentathletinnen und Pentathleten zeitlich kaum möglich ist, sich auch noch um eigene Pferde zu kümmern und diese zu trainieren, kommen Leihpferde zum Einsatz.

Die Schweizer Kaderreiter dürfen hier auf die grosszügige Unterstützung des Nationalen Pferdezentrums NPZ Bern zählen, deren Bereiter sich um die reiterliche Ausbildung der Modernen Fünfkämpfer kümmern. Da die Sportart ausserdem ihre Wurzeln im Militär hat - sie galt als optimale Grundausbildung des vielseitigen Offiziers -, stellt das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) die Armeepferde für die Kaderzusammenzüge der Fünfkämpfer zur Verfügung. Eine äusserst wertvolle Zusammenarbeit, wie Florence Meyer-Dinichert betont: «Ohne das NPZ und das VBS wäre es kaum möglich, unsere jungen Athletinnen und Athleten so gezielt an die Weltelite heranzuführen. Dafür sind wir unheimlich dankbar.»


Nach 20 Minuten in den Springparcours

An internationalen Wettkämpfen werden die Pferde per Los den einzelnen Reiterinnen und Reitern zugeteilt, wobei die Qualifikationsrunden jeweils ohne die Teildisziplin Reiten ausgetragen werden. Erst im Final, für den sich 36 Teilnehmer qualifizieren können, kommen die Pferde zum Einsatz.

Den Fünfkämpfern werden 20 Minuten zum Abreiten gewährt. In dieser Zeit müssen sie sich auf ihren neuen vierbeinigen Partner einstellen und dürfen höchstens fünf Sprünge überwinden. Eine Herausforderung, wenn man das Pferd nicht kennt! Der Parcours verläuft bei der Elite schliesslich über zwölf Hindernisse bis 1,20 Meter, bei den Junioren bis 1 Meter. Jedes Pferd läuft jeweils mit zwei Athleten.


Auch bei Erwachsenen beliebt

Während der Moderne Fünfkampf in der Schweiz etwas in Vergessenheit geraten ist, erlebt er weltweit einen regelrechten Boom. Die Vielseitigkeit des Trainings lässt nie Langeweile aufkommen und fordert den Athleten körperlich und geistig auf verschiedenen Ebenen.

So begeistert der Moderne Fünfkampf auch die Senioren - oder «Masters», wie man sie im Modernen Fünfkampf nennt. Nebst regelmässigen nationalen und internationalen Wettkämpfen werden auf dieser Leistungsstufe auch alle zwei Jahre Weltmeisterschaften ausgetragen. Pentathlon Suisse betreut nicht nur die Elitesportler, sondern auch die Ein- und Umsteiger.


Internationales Turnier in Bern

Am 29. und 30. Juni 2019 wird in Bern ein internationales Fünfkampfturnier mit integrierter Schweizermeisterschaft durchgeführt. Die Reitprüfung findet am Samstagmorgen im NPZ Bern statt. Hier können Interessierte unverbindlich einen Einblick in diese faszinierend vielseitige Sportart gewinnen und Kontakte zu Offiziellen und Athleten knüpfen.

Cornelia Heimgartner

Nachwuchshoffnung im Modernen Fünfkampf: Die 17-jährige Athletin, Anna Jurt, ist U19-Europameisterin und startet diese Saison erstmals auch im Weltcup. Nachwuchshoffnung im Modernen Fünfkampf: Die 17-jährige Athletin, Anna Jurt, ist U19-Europameisterin und startet diese Saison erstmals auch im Weltcup. (Foto: B. Kriegel)

Moderner Fünfkampf im Überblick 

Fechten: Gefochten wird mit dem elektrischen Degen, im Rotationssystem jeder gegen jeden. 
Es wird während maximal 1 Minute auf lediglich einen Treffer gefochten, Trefferfläche ist der gesamte Körper des Gegners.

Schwimmen: 200 m Freistil in einem 25- oder 50-Meter-Becken. Junge Athleten schwimmen kürzere Strecken. 

Reiten: Auf zugelosten Leihpferden (eigene Pferde sind nicht erlaubt) wird ein Springparcours mit 12 Hindernissen und einer Maximalhöhe von 120 cm (Junioren max. 100 cm) absolviert. An internationalen Wettkämpfen muss erst ab der Juniorenkategorie (ab 19 Jahren) geritten werden, bei ausreichendem reiterlichen Können darf auch früher geritten werden.

Laufen und Schiessen: Im sogenannten Laser-Run wird viermal eine Rundstrecke von 800 m gelaufen (insgesamt 3,2 km), wobei pro Runde mit der Laserpistole (Multimedia-Pointer) 5 Ziele in 10 m Entfernung in max. 50 Sekunden getroffen werden müssen. Junge Athleten absolvieren kürzere Distanzen.

Weitere Informationen: www.pentathlonsuisse.ch

Olympia-Qualifikation für Tokyo 2020 

Die 17-jährige Nidwaldnerin Anna Jurt ist derzeit die erfolgreichste Schweizer Fünfkämpferin. Die in Bern wohnhafte Athletin darf sich realistische Chancen auf eine Qualifikation für die Olympischen Spiele Tokyo 2020 ausrechnen. Ab Juni beginnt die neue Rechnung der Weltrangliste, die während zwölf Monaten läuft. In diesem sogenannten «Olympic Ranking» erhalten die Athletinnen und Athleten Punkte für jede Klassierung an ausgewählten Wettkämpfen, wobei diese je nach Schweregrad unterschiedlich gewichtet werden.

Nach Ablauf des zwölfmonatigen Qualifikationszeitraums sichern sich die 36 besten Athletinnen und Athleten dieses Rankings einen Startplatz für Tokyo 2020, wobei pro Nation nur zwei Fünfkämpferinnen oder Fünfkämpfer zugelassen werden.

Auch die Europameisterschaft der Fünfkämpfer, die vom 8. bis 11. August in Bath (GBR) stattfindet, bietet eine Qualifikationsmöglichkeit für Tokyo 2020: Die besten acht Nationen erhalten je einen Olympia-Startplatz für einen Einzelathleten.

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