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«Alle Pferdebegeisterten sollen von der Arbeit des SVPS profitieren»

08 März 2021 09:00

Für den Vorstand des SVPS ist 2021 das Jahr der Weichenstellungen: Präsident Charles Trolliet sowie Martin Habegger, der Verantwortliche für Aus- und Weiterbildung sowie Nachwuchsförderung, werden aus dem Gremium ausscheiden. Die Schlüsselübergabe wird im Vorstand seit längerem mit grosser Sorgfalt vorbereitet. Vizepräsident Damian Müller erklärt im Interview, wie die Strategie des SVPS künftig aussehen wird.

Damian Müller ist dem Pferdesport seit vielen Jahren verbunden, als Springreiter sowie als OK-Mitglied und Speaker von Pferdesportveranstaltungen. (Foto: zVg/màd) Damian Müller ist dem Pferdesport seit vielen Jahren verbunden, als Springreiter sowie als OK-Mitglied und Speaker von Pferdesportveranstaltungen. (Foto: zVg/màd)

Seit knapp zwei Jahren amtet Damian Müller als Vizepräsident des SVPS. In dieser Zeit konnte er sich intensiv auf das Präsidentenamt vorbereiten. Der erfahrene Luzerner Politiker, Ständerat in Bundesbern, hat während der Coronakrise bewiesen, wie wertvoll sein Netzwerk in der Politik und bei Behörden ist, um den Anliegen der Pferdebranche Gehör zu verschaffen. Was ist seine Vision für den SVPS? Darüber sprach er mit dem «Bulletin».

«Bulletin»: Damian Müller, derzeit befasst sich der Vorstand des SVPS intensiv mit der Frage, wie sich der Verband strategisch ausrichten soll, um den künftigen Herausforderungen gewachsen zu sein. Sind die heutigen Verbandsstrukturen veraltet?

Damian Müller: Nein, der SVPS ist grundsätzlich gut aufgestellt. Aber die Welt um uns herum verändert sich - das wissen wir nicht erst, seit die Coronakrise unser Leben komplett auf den Kopf gestellt hat. Ich selbst bin dem Pferdesport seit mehr als 20 Jahren verbunden und habe in dieser Zeit tiefgreifende Veränderungen miterlebt. Einerseits sind der Sport und das Turnierwesen viel professioneller geworden. Andererseits haben Themen wie beispielsweise Ethik, Tierwohl, Nachhaltigkeit und die Ansprüche an die Infrastruktur heute einen deutlich höheren Stellenwert als früher. Diesem Wandel muss unser Verband Rechnung tragen.

Vieles ist schon geschehen. 1972 wurde die Kavallerie in der Schweiz abgeschafft. Ab diesem Zeitpunkt hat sich der Pferdesport zum Breitensport und zur beliebten Freizeitbeschäftigung entwickelt. Obwohl es die Kavallerie seit bald 50 Jahren nicht mehr gibt, tragen noch viele Vereine diese Bezeichnung in ihrem Namen und weisen entsprechende Strukturen auf. Da frage ich mich mit einem Augenzwinkern, ob dies noch zeitgemäss ist. Auf jeden Fall hat diese Veränderung auch dazu beigetragen, dass unsere Mitgliederverbände, insbesondere die Regionalverbände, eine entscheidende Rolle bei der Nachwuchsförderung einnehmen.

Auch die Raumplanung ist ein wichtiges Thema. Früher hatten viele einen natürlichen Bezug zu Pferden, sei es aus der Landwirtschaft oder vom Militär her. Heute müssen wir vermehrt Verständnis schaffen für die Bedürfnisse der Pferde. Wie wichtig dieses Verständnis ist, konnten wir im letzten Jahr am Beispiel des drohenden allgemeinen Reitverbots im Rahmen der Coronaschutzmassnahmen erleben. Im benachbarten Ausland wurde dieses bekanntlich teilweise umgesetzt.

Deshalb ist für mich klar: Die Strukturen des SVPS sind nicht veraltet, aber wir müssen sie im Sinne eines Risikomanagements kritisch durchleuchten und unser Profil schärfen. Wir müssen sicherstellen, dass wir auf allen Ebenen für die Zukunft richtig aufgestellt sind.

Damian Müller: SVPS-Vizepräsident (Foto: SVPS-FSSE/Marco Finsterwald) Damian Müller: SVPS-Vizepräsident (Foto: SVPS-FSSE/Marco Finsterwald)

Ethik und Raumplanung sind Themen, die über den Sport im engeren Sinn hinausgehen. Wird der SVPS also zum «Kompetenzzentrum Pferd», das alle Interessengruppen rund um das Pferd vereint?

Der SVPS soll ein top moderner Sportverband werden - das ist meine mittel- bis langfristige Vision. Dass wir zu einem «Kompetenzzentrum Pferd» werden, ist sicher ein langfristiges Ziel. Grundsätzlich ist das alles auch eine Frage der Ressourcen und der Finanzierbarkeit. Die Geschäftsstelle leistet heute schon grossartige Arbeit, was in erster Linie dem Herzblut der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verdanken ist. Wir können unseren Sport nur gemeinsam vorwärtsbringen. Deshalb liegt es in der Natur der Sache, dass in einem Verband immer ein gemeinsamer Nenner die Lösung sein muss - und nicht die Haltung einer Einzelperson. Somit ist das Klischee «Die in Bern machen sowieso, was sie wollen!» obsolet.

Weil unser Verband keinen Leistungsauftrag des Bundes hat, erhält er auch keine Bundesgelder. Dennoch gehört es zu unseren Aufgaben, die Pferdebranche und alle Interessierten über relevante Tierschutz- oder Raumplanungsbestimmungen zu informieren. Eine weitere Professionalisierung von gewissen zentralen Funktionen wäre wünschenswert, ist aber nur schwer finanzierbar. So setzen wir auf gut ausgebildete ehrenamtliche Offizielle. Sie sind Botschafter des Verbandes und üben ihre Rolle mit viel Engagement aus. Ohne diese Arbeit würde der Sport in der heutigen Art nicht funktionieren.

Wir müssen gegenüber der Politik glaubwürdig und professionell auftreten. Dies setzt voraus, dass wir qualitativ hochwertige Arbeit leisten. Diesen Balanceakt schaffen wir nur, wenn wir nicht von allem ein bisschen machen, sondern den Mut haben, uns auf unsere Kernkompetenzen zu besinnen, und auch einmal sagen: «Das ist nicht unsere Aufgabe!»

Dann bleibt also alles beim Alten?

Nein! Aber wir können auch nicht alles Bisherige über den Haufen werfen. Zusammen mit dem SVPS-Vorstand strebe ich eine Evolution an, keine Revolution. Wir wollen vorhandene Strukturen, Prozesse und Rollenverteilungen analysieren und in einem demokratischen Verfahren die Mitgliederverbände und andere Stakeholder involvieren. Wenn wir während dieses Prozesses feststellen, dass die Strukturen zweckmässig und solide sind, dann werden wir sie beibehalten. Wenn es aber Anpassungen braucht, werden wir das anpacken.

Um diese Analyse mit der nötigen Objektivität und Professionalität durchzuführen, haben wir Berater der Firma BVM, die sich auf das Verbandsmanagement spezialisiert hat, ins Boot geholt. Sie verfügen über die nötige Kompetenz und über Vergleichsmöglichkeiten. Dadurch können sie uns wichtige Inputs für unsere künftige Ausrichtung liefern.

Damian Müller an der SVPS-Präsidentenkonferenz im Februar 2020. (Foto: SVPS-FSSE/Cornelia Heimgartner) Damian Müller an der SVPS-Präsidentenkonferenz im Februar 2020. (Foto: SVPS-FSSE/Cornelia Heimgartner)

Welche konkreten Massnahmen sind denn angedacht?

Wir sind noch mitten in der Umsetzung des Projekts «SVPS 2030» - der Name gibt schon einen Hinweis auf den Zeithorizont. Mit «SVPS 2030» verfolgen wir eine klare Strategie, die nicht von heute auf morgen, aber von Jahr zu Jahr konkreter wird. Und eines kann ich allen garantieren: Wir haben einen langen Atem. Wir wollen keine Schnellschüsse, sondern umfassende und solide Analysen. Wir werden im Juli 2021 anlässlich eines Zukunftstages den Mitgliederverbänden und weiteren Interessengruppen erste konkrete Vorschläge präsentieren und die Meinungen dazu einholen. Dieses demokratische Vorgehen ist uns sehr wichtig, damit die gesamte Branche am selben Strick zieht.

Konkrete Fragen, die wir uns stellen, sind beispielsweise: «Welchen Zweck soll der Vorstand erfüllen?», «welche Rolle werden die Mitgliederverbände in Zukunft spielen?», «welche Aufgaben müssen die Leitungsteams wahrnehmen?», «welche Dienstleistungen soll die Geschäftsstelle anbieten?» oder «wie kann die gute Qualität der Arbeit der Offiziellen auf dem Veranstaltungsplatz gewährleistet werden?».

Auch wenn wir den Verband modernisieren und weiter professionalisieren möchten, dürfen wir nicht vergessen, dass wir nicht uneingeschränkt unternehmerisch denken und handeln können. Aber das muss nicht zwingend ein Nachteil sein: Unsere Regionalverbände und ihre Mitglieder kennen die lokalen Herausforderungen besser als wir vom Dachverband. Deshalb sind wir offen für Vorschläge von allen Seiten und konzentrieren uns darauf, gemeinsam Lösungen zu finden. Unser Ziel ist es, dass von unserer Arbeit alle Pferdebegeisterten profitieren.

Das Gespräch führte
Cornelia Heimgartner

 

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