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Dossier: Portraits

«Alle Veranstalter, die können, müssen unbedingt wieder loslegen.»

15 Juni 2020 09:00

Die Corona-Krise war und ist keine einfache Zeit, auch nicht für Pferdesportler: Dem einen erscheint sie unendlich lang, dem anderen unerträglich mühsam. Alle sind betroffen, manche mehr, manche weniger. Und auch die Turnierveranstalter mussten und müssen in den sauren Apfel beissen. Doch nun läuten endlich wieder die ersten Startglocken zur Freigabe des Springparcours oder des Dressurvierecks.

Die Darioly Events AG freut sich, dass im Wallis endlich wieder die Startglocke erklingen kann.  © Stéphanie Florina Die Darioly Events AG freut sich, dass im Wallis endlich wieder die Startglocke erklingen kann. © Stéphanie Florina

Das Warten hat endlich ein Ende. Pferd und Reiter konnten sich länger als geplant und gewollt auf die Turniersaison vorbereiten, das ganze Sattelzeug ist auf Vordermann gebracht und glänzt, alle sind bereit. Und dank dem Bundesratsentscheid vom 27. Mai 2020 können seit dem 6. Juni 2020 unter gewissen Voraussetzungen auch wieder Veranstaltungen durchgeführt werden. Einer, der sich sehr über diese Lockerung freut, ist der Walliser Michel Darioly. Er führt zwei Reitanlagen, eine in Sion und eine in Martigny, sowie die Firma Darioly Events AG, deren Hauptaktivität die Organisation von Pferdesportveranstaltungen ist.

 

Planung läuft - trotz vielen Absagen

Dieses Jahr hätte die Darioly Events AG neun Pferdeveranstaltungen geplant gehabt. Davon mussten allerdings sieben, darunter auch der internationale Anlass in Verbier (VS), abgesagt werden. Den Umständen zum Trotz hat die Walliser Firma jedoch schon fünf zusätzliche Springanlässe in petto. «Ich sehe der Zukunft positiv entgegen und bin der Meinung, dass alle Veranstalter, die das Risiko auf sich nehmen können, dies auch unbedingt tun sollten.» Denn ohne Veranstaltungen kein Reitunterricht, keine Kurse, kein Pferdehandel und so weiter. Die verschiedenen Wirtschaftszweige im Allgemeinen und der Pferdebranche im Speziellen müssen langsam wieder in die Gänge kommen.

 

Volle Kraft voraus?!

«Wir planen ab Mitte Juni bereits die ersten Veranstaltungen. Wobei wir hier ein spezielles Konzept vorgesehen haben: Wir führen zwei Prüfungen am Vormittag durch, machen dann zwei Stunden Pause und bieten erneut zwei Prüfungen am Nachmittag an», erklärt Darioly. So stehe zwischen den Prüfungsblöcken genügend Zeit für einen Wechsel der Starterinnen und Starter zur Verfügung, damit sich keinesfalls unnötig zu viele Menschen auf dem Concoursplatz ansammeln.

 

Erleichterungen dank COVID-19-Anpassungen

Der Geschäftsmann ist überzeugt: Die COVID-19-Anpassungen der Reglemente seitens des Schweizerischen Verbands für Pferdesport bringen einige Vorteile mit sich, die den Veranstaltern sehr entgegenkommen. Grob zusammengefasst entlasten die Anpassungen die Veranstalter unter anderem bei den Preisgeldern und lassen ihnen in gewissen Belangen mehr Entscheidungsfreiheit. «Das bedeutet für Darioly Events, dass einzelne Prüfungen vorwiegend selbsttragend sein und im besten Fall vielleicht gar einen kleinen Gewinn abwerfen werden, was bei den Sponsorenausfällen natürlich ein gerngesehener Zustupf bedeuten würde», so der Walliser. In den vergangenen Jahren sei dies bei einigen Prüfungen kaum der Fall gewesen, blieb doch nach Abzug aller Abgaben, Preisgelder usw. hin und wieder auch ein Defizit.

Für Vereine, die Pferdesportveranstaltungen organisieren, präsentiert sich die Situation jedoch etwas komplizierter. Viele haben keine eigene Infrastruktur und müssen sich daher auf eine gewisse Planungssicherheit verlassen können. Ist dies wie in der aktuellen CoronaKrise nicht gewährleistet, ist das Risiko für viele zu gross, den Anlass aufrechtzuerhalten, geschweige denn durchzuführen. «Aber die Veranstalter, die das Risiko relativ gering halten können, sollen unbedingt so rasch wie möglich und so viele Veranstaltungen wie irgendwie machbar auf die Beine stellen», argumentiert Michel Darioly.

 

Sponsorensuche noch schwierig

Was das Thema Sponsoring solcher Anlässe angeht, müssen die Organisatoren wohl noch etwas Geduld haben, tolerant sein und abwarten, bis die Wirtschaft wieder in Schwung gekommen ist. «Viele Sponsoren sind abgesprungen, und für die Anlässe im Juli und August muss ich noch etwas zuwarten mit Anfragen. Da muss man taktisch vorgehen, zum Beispiel in Branchen anfragen, die vielleicht etwas weniger unter der Corona-Krise gelitten haben, wie die Immobilien- und Baubranche», rät der Direktor von Darioly Events. Bei Restaurants, Hotels und auch Unternehmen aus der Tourismusbranche wartet man besser noch ein Weilchen und lässt sie erst mal Luft holen.

Unter dem Strich und den Umständen entsprechend geht es der Firma Darioly Events jedoch ziemlich gut. Rückblickend sagt Michel Darioly zu den vergangenen Monaten: «Wir haben keinen Gewinn erzielt, jedoch auch keinen Verlust gemacht.» Eine ganz andere Geschichte ist die der beiden Reitanlagen sowie der Reitschulen. Die Kosten für die Reitschulpferde fallen natürlich auch an, wenn die Reitschule zu ist. Und vom Bund kam ein negativer Bescheid betreffend Unterstützung. Noch offen ist die Antwort des Bundesrats auf die Motion von Nationalrat Olivier Feller, in welcher der Bundesrat beauftragt wird, geeignete finanzielle Massnahmen zu treffen, um der besonderen Situation der Reitschulen während der COVID-19-Krise gerecht zu werden. Auch für Michel Darioly ist das letzte Wort zu diesem Thema noch nicht gesprochen. «Ich werde mich nochmals einsetzen und beim Kanton vorstellig werden, um wenigstens einen Teil der Finanzen einholen zu können - vorwiegend für die Reitschulpferde und -ponys im Wallis, schätzungsweise sind das rund 100 Vierbeiner.» Dies sollte aus seiner Sicht für den Kanton finanziell machbar sein.

 

Zeit positiv genutzt

Persönlich blickt Michel Darioly, nebst all den Unannehmlichkeiten, welche die Corona-Krise mit sich gebracht hat, positiv auf die vergangenen zweieinhalb Monate zurück. «Ich hatte definitiv weniger Stress, mehr Zeit für die Familie und auch um selbst wieder regelmässig Sport zu treiben», sagt der Walliser lachend. «Und wenn Darioly Events dieses Jahr eine schwarze Null schreibt, dann ist das schon ein sehr gutes Jahresergebnis.» Jetzt müssten einfach alle Beteiligten tolerant sein, Geduld haben und die Hygienemassnahmen und sonstigen Vorschriften beachten, damit nicht wieder zurückbuchstabiert werden muss und die Turnierausrüstung für diese Saison endgültig im Keller verschwindet.

Nicole Basieux

Michel Darioly im Gespräch in der Buvette seiner Reitanlage in Martigny: «Ich sehe der Zukunft positiv entgegen». (© N. Basieux) Michel Darioly im Gespräch in der Buvette seiner Reitanlage in Martigny: «Ich sehe der Zukunft positiv entgegen». © Nicole Basieux

Temporäre Reglementsanpassungen sollen den Turnierstart nach dem Lockdown erleichtern

Um die Organisatoren zu ermuntern, nach der Lockerung des Veranstaltungsverbots ab dem 6. Juni 2020 wieder Turniere durchzuführen, hat der SVPS-Vorstand im Einvernehmen mit der Arbeitsgruppe «Veranstaltungen 2020 - Covid-19» und der SVPS-Reglementskommission temporäre Reglementsanpassungen verabschiedet. Zentrale Punkte sind dabei die Möglichkeit zur Startplatzbeschränkung für eine bessere Planungssicherheit sowie Anpassungen im Bereich der Start- und der Preisgelder.

In den Disziplinen Springen, Concours Complet und Voltige betrifft dies vor allem eine wichtige Anpassung beim Nennsystem: Anstelle eines Nennschlusses wird eine Nennphase nach dem Prinzip «First come, first served» eingeführt. Damit kann der Veranstalter genau definieren, wie viele Startende pro Prüfung angenommen werden, und er erhält damit Planungssicherheit. Nur so wird er das Schutzkonzept mit der vom Bundesrat vorgegebenen beschränkten Anzahl zugelassener Personen während der Veranstaltung einhalten können.

Die Erhöhung der Startgelder um einen COVID-19-Zuschlag sowie die Möglichkeit der Reduktion der Preisgelder sollen allenfalls fehlende Sponsorengelder teilweise ausgleichen und damit den Veranstaltern finanzielle Erleichterung bringen. Die Weisung «Veranstaltungen 2020 - COVID-19» definiert dabei für die einzelnen Disziplinen unterschiedliche zwingende oder freiwillige Massnahmen.

Diese temporären Anpassungen gelten bis Ende 2020. Die Arbeitsgruppe wird im Herbst über das weitere Vorgehen für die Saison 2021 entscheiden.


Die Arbeitsgruppe «Veranstaltungen 2020 - COVID-19»

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe wurden so ausgewählt, dass alle Regionen, Disziplinen und Interessengruppen vertreten sind. Die meisten Mitglieder üben mehrere Rollen im Pferdesport aus und sind neben ihrem Amt in den Mitgliederverbänden und SVPS-Gremien auch aktive Reiter und/oder Offizielle. Aus Gründen der Lesbarkeit wurden in der nachfolgenden Liste jeweils nicht alle Rollen aufgeführt.

- Bont Yvonne, Fachverantwortliche/Veranstalterin CC
- Brenn David, Disziplinleiter Voltige
- Burkhard Pascal, Vizepräsident FER
- Bürki Andrea, Präsidentin PNW
- de Kalbermatten Manuela, Präsidentin FER
- Dreier Margret, Chefin Technik LT Dressur
- Elmer Monika, Chefin Technik LT Springen
- Etter Marc, Veranstalter
- Häfliger Franz, Verantwortlicher Wettkampfsport Vorstand SVPS
- Hässig Michael, Präsident OKV
- Invernizzi Bruno, Präsident ZKV
- Johner Benoît, Veranstalter/Reiter
- Kollmer Karin, Disziplinleiterin Endurance
- Kuhn Stefan, Disziplinleiter Springen
- Müller Damian, Vizepräsident Vorstand SVPS
- Pesciallo Stelio, Präsident FTSE
- Spitz Claudia, Chefin Sport LT Fahren
- Steinmann Daniel, Präsident ZVCH
- Stössel Nayla, Verantwortliche Internationales Vorstand SVPS
- Züger Philipp, Veranstalter/Reiter
- Zweifel Thomas, Veranstalter

Der von der Darioly Events AG organisierte Concours in Sion ist und bleibt ein Fixpunkt in der Agenda vieler Springreiterinnen und -reiter.  © Stéphanie Florina Der von der Darioly Events AG organisierte Concours in Sion ist und bleibt ein Fixpunkt in der Agenda vieler Springreiterinnen und -reiter. © Stéphanie Florina

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