Swiss Equestrian
Menü
Pferd+

Antidoping: Orangen können Futter kontaminieren

24 Juni 2019 08:00

Seit dem 1. Januar steht ein neuer Wirkstoff auf der Dopingliste der FEI: Synephrin.
Es handelt sich dabei um eine verbotene Substanz (banned substance), jedoch mit dem Vermerk, dass diese meist nicht be-
wusst zur Leistungsbeeinflussung verabreicht wird, sondern eher über Verunreinigungen von Futtermitteln ungewollt in das Pferd gelangt (specified substance). Was steckt also dahinter: Viel Aufhebens um eine unbedeutende Kontaminationsquelle oder berechtigter Grund zur Sorge?

Synephrin kommt natürlicherweise in Orangen vor. Synephrin kommt natürlicherweise in Orangen vor. (Foto: A. Heimgartner)

Synephrin kommt natürlicherweise in Zitrusfrüchten vor und wird bei Menschen mit Übergewicht als Schlankheitsmittel und bei einigen Athleten zur Leistungssteigerung eingesetzt. Obwohl seine Wirksamkeit mit Fragezeichen zu versehen ist, wird es verschiedenen Nahrungsergänzungsmitteln zugesetzt.

 

Handlungsbedarf wegen Gesundheitsrisiken

Die unerwünschten Nebenwirkungen auf das Herz-Kreislauf-System, das oftmals durch das Übergewicht geschwächt und durch die sportliche Betätigung oder die Einnahme von Medikamenten-Cocktails stark belastet ist, sind jedoch so gross, dass einige Länder sich veranlasst sehen, die Anwendung von Synephrin gesetzlich zu regeln. Bisher ist keine sichere Dosierung bekannt, weder als Einzeldosis noch bei wiederholter und dauerhafter Einnahme.

 

Doping beim Pferd

Die FEI verbietet nun das Vorhandensein von Synephrin in den Körperflüssigkeiten des Pferdes; der Wirkstoff gilt somit als Doping!

Seit Jahresbeginn wurden elf Pferde positiv auf die Substanz getestet, und zwar in Mexiko (total 9 Fälle auf 4 Turnieren) und in Spanien (2 Fälle auf 1 Turnier). Der gemeinsame Nenner liegt hier sicher in der milden Klimazone, die sich besonders für den Anbau von Zitrusfrüchten eignet und wo deren Verzehr beliebt ist.

 

Verunreinigungen sind schnell passiert

Synephrin lässt sich jedoch nicht nur in Zitronen, Mandarinen und Bitterorangen feststellen, sondern auch in weiter verbreiteten Pflanzen wie Binsengewächsen, Zypergräsern oder Hirsearten. So kann der Stoff leicht in Einstreu oder schlimmer noch in Ergänzungsfuttermittel für Pferde-Athleten gelangen.

Es gilt also, die Augen offen zu halten, auch wenn eine unbewusste Kontamination trotz strikter Kontrollen leider nicht vollständig ausgeschlossen werden kann.

Die FEI schlägt auf ihrer Clean-Sport-Website verschiedene präventive Massnahmen vor, wie beispielsweise die Kontrolle von Angestellten, die die Substanz selbst einnehmen könnten. Sie empfiehlt zudem, Heu- und Futterproben aufzubewahren, um den Wirkstoff im Falle eines positiven Dopingtests dort nachweisen zu können.

 

Vorsicht ist besser als Nachsicht

Die Risiken der sogenannten specified substances sind nicht geringer als jene von verbotenen Substanzen. Sie sollten im Pferdesport daher nicht auf die leichte Schulter genommen werden, auch wenn eine positive Probe allenfalls weniger hart geahndet werden könnte.

Wie immer im Zusammenhang mit Futtermittelkontaminationen stellen sich zwei grosse Fragen: Sind alle Labors gleich gut darin, gewisse Substanzen festzustellen, bzw. ist die Gleichbehandlung aller Athleten beim Dopingtest gewährleistet? Ab welcher Dosierung einer gegebenen Substanz kann man von einer Leistungsbeeinflussung des Pferdes ausgehen bzw. wirkt schon ein gefressenes Mandarinenblatt leistungssteigernd auf das Pferd?

Wie dem auch sei - bei der Wahl von Ergänzungsfuttermitteln ist grösste Vorsicht geboten. Auf die Auflistung der Inhaltsstoffe ist nicht zwingend Verlass, und sie schützt nicht vor bösen Überraschungen, deren unangenehmen Konsequenzen wir im Falle eines Falles zu tragen haben.

Dr. med. vet. Pierre-Alain Glatt
Vorsitzender der Veterinärkommission

Ich starte in der Schweiz auf Turnieren. Betrifft mich diese Dopingregelung auch?

Der Schweizerische Verband für Pferdesport wendet für alle ihm unterstellten Veranstaltungen die Doping- und Medikationslisten der FEI an, die sogenannte Equine Prohibited Substance List - also die Liste der unerlaubten Substanzen. In diesem Verzeichnis sind alle Wirkstoffe aufgeführt, die zum Zeitpunkt des Wettkampfs im Pferd nicht nachgewiesen werden dürfen. Sie umfasst die verbotenen Substanzen (banned substances) und die Arzneimittel/Medikamente (controlled substances). Die FEI-Dopingregeln gelten also nicht nur an internationalen Turnieren, sondern auch an regionalen und nationalen Veranstaltungen.

Controlled substances
Substanzen, die unter tierärztlicher Kontrolle als Medikation zur Behandlung oder Vorbeugung von Erkrankungen verabreicht werden können. Diese Substanzen dürfen während des Wettkampfs nicht nachgewiesen werden.

Banned substances
Verbotene Substanzen. Wirkstoffe, die ausschliesslich und gezielt die Leistungsfähigkeit des Pferdes positiv oder negativ beeinflussen («Doping») und die Gesundheit des Pferdes potenziell gefährden. Sie dürfen einem Pferd nie verabreicht werden.

Specified substances
Substanzen, die zwar nicht weniger bedeutsam oder gefährlich sind als die übrigen unerlaubten Substanzen, die vom Pferd jedoch eher aus anderen Gründen als zur gezielten Leistungsbeeinflussung aufgenommen werden, beispielsweise über Futtermittelkontamination.

Alle wichtigen Informationen zum Thema Doping finden Sie in unserer Broschüre «Gemeinsam gegen Doping im Pferdesport».

Informationen über Ihre Daten
Auf dieser Webseite werden zur Verbesserung der Funktionalität und des Leistungsverhaltens sowie zu Statistikzwecken Cookies eingesetzt. Durch Klicken auf den Akzeptieren-Button stimmen Sie der Verwendung von Cookies auf dieser Webseite zu.