Anfang des letzten Jahres hatte der Schweizer Tierschutz (STS) den Schweizerischen Verband für Pferdesport über sein Vorhaben informiert, Turnierbesuche durchzuführen, um zu überprüfen, ob und wie die Bestimmungen zum Schutz der Tiere und vor allem das 2014 in die schweizerische Gesetzgebung eingeführte Verbot der Rollkur (Hyperflexion) angewendet werden. Der STS hat die Ergebnisse seiner Studie (die unter www.tierschutz.com verfügbar ist) dem SVPS kommuniziert. Wir veröffentlichen nachstehend einen vom STS geschriebenen Artikel sowie einen Kommentar des SVPS-Präsidenten zu diesem Thema.
Tierschutz: Handlungsbedarf im Pferdesport
Im Umgang mit Sportpferden an Turnieren besteht, vor allem beim Einreiten und vor allem bezüglich Anwendung der seit 2014 verbotenen Rollkur, noch immer dringender Handlungsbedarf – so das Fazit des Schweizer Tierschutzes (STS) nach Turnierbesuchen im Jahr 2016. Der STS appelliert an die Verantwortlichen im Pferdesport, dieses tierschutzwidrige und imageschädigende Verhalten einzustellen.
Bei der Rollkur (Hyperflexion) wirkt der Reiter derart stark auf die Zügel ein, dass er das Pferd zum Senken des Kopfes und Einrollen des Halses zwingt. Das Pferd «rollt» sich auf. Die Schmerzen und Schäden durch diese tierschutzwidrige Trainingsmethode sind erheblich. In der Schweiz gilt seit Anfang 2014 ein generelles Rollkurverbot. Über die Einhaltung des Anwendungsverbots wollte sich der Schweizer Tierschutz (STS) selber ein Bild machen und besuchte im Jahr 2016 fünf Turniere der Disziplinen Dressur, Western, Concours Complet (Vielseitigkeitsreiten) und Springen.
Lebewesen oder «Sportgerät»?
Im Rahmen der Turnierbesuche beobachteten STS-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter den Einsatz von Rollkur immer wieder, ohne dass dagegen eingeschritten worden wäre. Offensichtlich ist hier der Vollzug unzureichend, und so manche Reiterin und mancher Reiter scheinen sich um die Vorgaben nicht zu kümmern. Dies obwohl der Schweizerische Verband für Pferdesport (SVPS) laufend über die geltenden Vorschriften informiert. Ferner wurde der Einsatz von grobem Sporengebrauch beobachtet. Manche Pferde wurden bestraft, wenn sie die geforderten Leistungen nicht mit Bravour meisterten. Kontrollpersonen von Turnierverantwortlichen fehlten oder griffen – zumindest während der vom STS beobachteten Phasen – nicht ein.
Erlernte Hilflosigkeit
Pferde müssen die Nase vorn haben! Ein Pferd, das mit aufgerolltem Hals trainiert bzw. geritten wird, lernt, dass es keine Chance hat, sich zu wehren. Man spricht dabei von «Learned Helplessness» (erlernte Hilflosigkeit). Mit der Zeit resigniert das Pferd und fügt sich seinem Schicksal.
Der Schweizer Tierschutz STS fordert alle Reiter und Trainer auf, ihren Umgang mit Sportpferden zu überprüfen und das gesetzliche Rollkurverbot konsequent einzuhalten. Von Turnierveranstaltern erwartet der STS, dass stets Kontrollpersonen vor Ort sind, welche wenn nötig umgehend eingreifen können und dies auch tatsächlich tun. Verstösse sollten strenger geahndet werden, Verwarnungen und Ausschlüsse sind sofort auszusprechen statt in anonymer Form und erst Wochen nach der Veranstaltung.
Schweizer Tierschutz STS
Kommentar: Der SVPS wird weiter handeln
Charles Trolliet
Einordnung und Beurteilung des Verhaltens auf dem Abreitplatz
Der Schweizerische Verband für Pferdesport hat in Zusammenarbeit mit der deutschen Reiterlichen Vereinigung eine Dokumentation mit Videomaterial erarbeitet, welche als Grundlage für die Einordnung des Verhaltens auf dem Abreitplatz einer offiziellen Veranstaltung gilt und den Verantwortlichen auf Platz als Handlungsleitfaden für eine mögliche Verwarnung oder einen Ausschluss eines Teilnehmers dient. Auch sollen Reiterinnen und Reiter in dieser Thematik sensibilisiert und weitergebildet werden.