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Beobachtungen an Pferdesportveranstaltungen: Der Schweizer Tierschutz veröffentlicht erste Resultate

13 Juni 2017 14:51

Anfang des letzten Jahres hatte der Schweizer Tierschutz (STS) den Schweizerischen Verband für Pferdesport über sein Vorhaben informiert, Turnierbesuche durchzuführen, um zu über­prüfen, ob und wie die Bestimmungen zum Schutz der Tiere und vor allem das 2014 in die schweizerische Gesetzgebung eingeführte Verbot der Rollkur (Hyperflexion) angewendet werden. Der STS hat die Ergebnisse seiner Studie (die unter www.tierschutz.com verfügbar ist) dem SVPS kommuniziert. Wir veröffentlichen nachstehend einen vom STS geschriebenen ­Artikel sowie einen Kommentar des SVPS-Präsidenten zu diesem Thema.

Tierschutz: Handlungsbedarf im ­Pferdesport

Im Umgang mit Sportpferden an Turnieren besteht, vor allem beim Einreiten und vor allem bezüglich Anwendung der seit 2014 verbotenen Rollkur, noch immer dringender Handlungs­bedarf – so das Fazit des Schweizer Tierschutzes (STS) nach Turnierbesuchen im Jahr 2016. Der STS appelliert an die Verantwortlichen im Pferdesport, dieses tierschutzwidrige und imageschädigende Verhalten einzustellen.

Bei der Rollkur (Hyperflexion) wirkt der Reiter derart stark auf die Zügel ein, dass er das Pferd zum Senken des Kopfes und Einrollen des Halses zwingt. Das Pferd «rollt» sich auf. Die Schmerzen und Schäden durch diese tierschutzwidrige Trainingsmethode sind erheblich. In der Schweiz gilt seit Anfang 2014 ein generelles Rollkurverbot. Über die Einhaltung des Anwendungsverbots wollte sich der Schweizer Tierschutz (STS) selber ein Bild machen und besuchte im Jahr 2016 fünf Turniere der Disziplinen Dressur, Western, Concours Complet (Vielseitigkeitsreiten) und Springen. 

Lebewesen oder «Sportgerät»?
Im Rahmen der Turnierbesuche beobachteten STS-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter den Einsatz von Rollkur immer wieder, ohne dass dagegen eingeschritten worden wäre. Offensichtlich ist hier der Vollzug unzureichend, und so manche Reiterin und mancher Reiter scheinen sich um die Vorgaben nicht zu kümmern. Dies obwohl der Schweizerische Verband für Pferdesport (SVPS) laufend über die geltenden Vorschriften informiert. Ferner wurde der Einsatz von grobem Sporengebrauch beobachtet. Manche Pferde wurden bestraft, wenn sie die geforderten Leistungen nicht mit Bravour meisterten. Kontrollpersonen von Turnierverantwortlichen fehlten oder griffen – zumindest während der vom STS beobachteten Phasen – nicht ein.

Erlernte Hilflosigkeit
Pferde müssen die Nase vorn haben! Ein Pferd, das mit aufgerolltem Hals trainiert bzw. geritten wird, lernt, dass es keine Chance hat, sich zu wehren. Man spricht dabei von «Learned Helplessness» (erlernte Hilflosigkeit). Mit der Zeit resigniert das Pferd und fügt sich seinem Schicksal. 

Der Schweizer Tierschutz STS fordert alle Reiter und Trainer auf, ihren Umgang mit Sportpferden zu überprüfen und das gesetzliche Rollkurverbot konsequent einzuhalten. Von Turnierveranstaltern erwartet der STS, dass stets Kontrollpersonen vor Ort sind, welche wenn nötig umgehend eingreifen können und dies auch tatsächlich tun. Verstösse sollten strenger geahndet werden, Verwarnungen und Ausschlüsse sind sofort auszusprechen statt in anonymer Form und erst Wochen nach der Veranstaltung. 

Schweizer Tierschutz STS

Kommentar: Der SVPS wird weiter handeln

Charles Trolliet Charles Trolliet

Der Schutz und das Wohlergehen der Pferde sind zentrale, vom SVPS getragene Werte, die klar in den Statuten sowie im Leitfaden unseres Verbandes aufgeführt sind. Es handelt sich dabei aber nicht nur um Aussagen, sondern auch um Taten.

Die Beobachtungen des Schweizer Tierschutzes (STS) auf einigen Turnierplätzen können natürlich zu Diskussionen Anlass geben, vor allem, was das Thema Rollkur angeht. Wie aber bereits mehrmals erwähnt, hat diese Praktik einen dynamischen Charakter, man kann also nicht von Hyperflexion im Sinne der Tierschutzverordnung sprechen, wenn sich das Pferd einen Augenblick «hinter der Hand» befindet oder «zu eng» geht. Rollkur ist die gewaltsame Erzwingung einer solchen Position und die Beibehaltung dieser, die sowohl von den Behörden wie von unserem Verband zu ­verurteilen ist. In diesem Sinne sind Fotos allerdings zu wenig eindeutig, einzig filmische Dokumentationen wären wirklich überzeugend.

Es steht aber ausser Frage, dass unkorrekte Verhaltensweisen auf unseren Turnierplätzen beobachtet werden können, sei es hinsichtlich Rollkur oder anderen Handlungen. Der SVPS muss alles in seiner Macht stehende tun, um zu verhindern, dass tierschutzwidrige Taten begangen werden, und dies nicht nur auf Turnierplätzen, sondern auch im Rahmen der Trainings und des Freizeitreitens. Es geht dabei nicht zuletzt um unsere Glaubwürdigkeit und um unsere Verbundenheit zu unserem Partner Pferd!

Verschiedene Massnahmen wurden bereits in die Wege geleitet, um alle Betroffenen, seien es Reiterinnen und Reiter, Trainer oder Offizielle, zu sensibilisieren. Diese Massnahmen werden weitergeführt und wenn nötig ergänzt werden.

Ich bin überzeugt, dass Ausbildung und Information die besten Mittel sind, um die pferdegerechte und respektvolle Ausübung des Reitsports langfristig zu gewährleisten. Im Rahmen der den Reglementen des SVPS oder seiner Mitgliederverbände unterliegenden Veranstaltungen liegt es aber ganz klar in der Verantwortung aller Offiziellen, wenn nötig bestimmt einzugreifen. Es ist die Aufgabe eines jeden Offiziellen, sei er nun Jurypräsident, Richter, technischer Delegierter oder Turniertierarzt, der Situa­tion entsprechend zu handeln, falls es zu Verletzungen oder Verstössen gegen die geltenden Regelungen kommt.

Wie es der Artikel des STS ganz richtig hervorhebt, geht es hier an erster Stelle um das Wohlergehen der Pferde, aber auch um das Image des Pferdesportes!

Charles Trolliet

Einordnung und Beurteilung des Verhaltens auf dem Abreitplatz

Der Schweizerische Verband für Pferdesport hat in Zusammenarbeit mit der deutschen Reiterlichen Vereinigung eine Dokumentation mit Videomaterial erarbeitet, welche als Grundlage für die Einordnung des Verhaltens auf dem Abreitplatz einer offiziellen Ver­anstaltung gilt und den Verantwortlichen auf Platz als Handlungsleitfaden für eine mögliche Verwarnung oder einen Ausschluss eines Teilnehmers dient. Auch sollen Reiterinnen und Reiter in dieser Thematik sensibilisiert und weitergebildet werden.

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