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Dossier: Veterinärmedizin

Damit keine ansteckende Pferdekrankheit auf Reisen geht

22 September 2014 13:31

Webseite des Melde- und Informationssystems Equinella Webseite des Melde- und Informationssystems Equinella

Heutzutage finden in der Schweiz viele Zucht- und Pferdesportveranstaltungen statt. Mit der immer zunehmenden und bereits sehr hohen Mobilität – national und international – werden zigtausende Pferde sowie Samen und Embryonen für die Zucht in die Schweiz importiert. Was passiert nun, wenn ein Pferd krank ist und andere ansteckt? Das neue Melde- und Informa­tionssystem Equinella hilft die nationale Pferdegesundheit zu erhalten – und soll einer flächendeckenden Ausbreitung rechtzeitig entgegenwirken.

Pferdehaltung ist in der Schweiz ein wichtiger Wirtschaftszweig, der immer noch laufend an Bedeutung gewinnt. Die Schweizer Pferdebranche pflegt sehr intensiven Kontakt mit dem Ausland, zum Beispiel durch Pferdesportveranstaltungen oder den Zukauf von Tieren, Samen oder Embryonen. Durch diese erhöhte und uneingeschränkte Mobilität steigt das Risiko einer Einschleppung von Pferdekrankheiten in die Schweiz erheblich. Eine solche Einschleppung von Tierseuchenerregern resp. der Ausbruch einer infektiösen Krankheit muss frühzeitig erkannt werden. Nur so können rechtzeitig entsprechende Massnahmen zum Schutz der Schweizer Pferdepopulation ergriffen werden. Die Lösung ist unter anderem ein effizientes Früherkennungs- und Überwachungssystem. 

Deshalb haben das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV (früher BVET) und das Institut suisse de médecine équine ISME zusammen mit dem Veterinary Public Health Institut der Vet­suisse Fakultät der Universität Bern (VPHI) und der Schweizerischen Vereinigung für Pferdemedizin (SVPM) ein entsprechendes Projekt auf die Beine gestellt. Sie haben letztes Jahr eine Online-Meldeplattform für Pferdekrankheiten aufgebaut und diese im November 2013 in Betrieb genommen: www.equinella.ch
Auf der Plattform registrierte Tierärzte, sogenannte Sentinel-Tierärzte, können darauf bestimmte Krankheitsfälle und Symptome bei Pferden direkt online via Computer oder Smartphone melden. Equinella bietet so ein zeitgemässes Instrument zur Eingabe von Tiergesundheitsdaten in Echtzeit. Werden Krankheiten und Symptome regelmässig gemeldet und erfasst, ist es möglich, Tierseuchen und andere ansteckende Krankheiten früh zu erkennen und deren Ausbreitung zu überwachen. Das Expertenteam von Equinella wertet die Meldungen laufend aus.

Franziska Wohlfender/Nicole Basieux

Equinella basiert auf Freiwilligkeit

Equinella ist ein System, das auf Freiwilligkeit basiert. Das aktive Mitmachen bei Equinella bringt den registrierten Sentinel-Tierärzten grossen Nutzen. Im passwortgeschützten Teil haben sie eine detaillierte Einsicht in alle auf Equinella gemeldeten Fälle und Symptome, welche in anonymisierter Form sowohl tabellarisch als auch in Form einer interaktiven Karte zur Verfügung gestellt werden. Durch den monatlichen Newsletter erhalten die Tierärzte eine Übersicht über die Meldungen des vergangenen Monats. Zudem werden sie über das aktuelle Geschehen in der Pferdebranche im In- und Ausland (inkl. Krankheitsgeschehen etc.) informiert. 

Im Rahmen von Equinella können die Tierärzte zudem ein robustes Smartphone, welches wegen seiner Beschaffenheit speziell für den Ausseneinsatz geeignet ist, beziehen. Das Gerät bietet die Möglichkeit, Meldungen direkt «vom Stall» aus zu machen. Im Falle eines grösseren Krankheitsausbruchs in der nationalen Pferdepopulation werden alle Sentinel-Tierärzte umgehend durch einen SMS-Alarm gewarnt. Nebst dem technischen Support (Registrierung, Meldungserfassung etc.) steht den Tierärzten auch ein fachlicher Support durch das Equinella-Team und, wenn nötig, durch externe Fachexperten zur Verfügung. Zusätzlich dürfen die Tierärzte einmal im Jahr von einer Gratis-Weiterbildung durch Fachspezialisten profitieren. 

Seit Anfang 2014 wurde das Equinella-Team zweimal zur Mithilfe bei Ausbruchsuntersuchungen angefragt. Im ersten Fall handelte es sich um einen Ausbruch von Equinem Herpesvirus 1 (EHV 1) mit seuchenhaften Fehlgeburten (Aborten) und im zweiten Fall um ein Druse*-Bestandesproblem. Zu beiden Abklärungen wurden ausführliche Berichte für die Sentinel-Tierärzte erstellt.
* Druse ist eine bakterielle Erkrankung, die die oberen Atemwege angreift und hohes Fieber verursacht.

Pferdebranche profitiert

Aber nicht nur die Tierärzteschaft, sondern die Schweizer Pferdebranche im Allgemeinen erhält einen grossen Mehrwert durch Equinella. Die anonymisierte Darstellung der Krankheitsmeldungen im öffentlichen Bereich der Equinella-Website bietet der Pferdebranche eine zuverlässige Übersicht über die aktuelle Lage von Pferdeinfektionskrankheiten in der Schweiz. Solche Informationen sind essentiell für das frühzeitige Erkennen von Krankheitsausbrüchen und sowohl für Pferdesport- als auch Zuchtverbände relevant. Die Pferdebranchenverbände können zudem von der breiten internationalen Vernetzung von Equinella profitieren.

Erfolgreicher Start – ein paar Zahlen

Equinella ist erfolgreich gestartet und es haben sich bisher 58 Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte aus 56 Praxen respektive Kliniken, verteilt auf 13 Kantone, als sogenannte Sentinel-Tierärzte registriert. Bis zum 30. Juni 2014 sind insgesamt 49 Meldungen bei Equinella eingegangen. Davon waren 20 reine Symptom-Meldungen. Von den 29 gemeldeten Krankheitsfällen wurden 21 mittels Laboruntersuchung bestätigt. Mit Abstand am häufigsten wurden in den letzten sechs Monaten Fälle von Equinem Herpesvirus und Druse gemeldet. Bei den Symptom-Meldungen wurden Fälle von Fieber unbekannter Ursache am häufigsten genannt. 

Gemäss der Tierverkehrsdatenbank (TVD) wurden in der Schweiz bis Ende Juni 2014 106 063 Pferde registriert. Die bisher registrierten Equinella-Tierärzte decken bereits fast die Hälfte der Schweizer Pferdepopulation ab. Weitere interessierte Tierärzte können sich jederzeit über die Equinella-Website anmelden.

Finanzielle Unterstützung nötig

Der Aufbau von Equinella wurde vom BLV finanziert und vom ISME, dem VPHI und der SVPM grosszügig unterstützt. Die Betriebskosten von Equinella sind bis Ende 2016 gesichert. Um das System aber weiter betreiben zu können, sind die Betreiber spätestens ab 2017 auf finanzielle Unterstützung aus der Branche angewiesen. Im Juni 2014 fand bereits das erste Equinella-Branchentreffen am Tierspital Bern statt, mit dem Ziel, das Projekt und das Team dahinter den Vertretern aus der Schweizer Pferdebranche genauer vorzustellen.

Die Betreiber von Equinella haben einerseits ihre persönlichen Erfahrungen mit dem neuen System im ersten Halbjahr den Vertretern der Schweizer Pferdebranche präsentiert, mit ihnen diskutiert und offene Fragen geklärt. Andererseits haben sie den Mehrwert für die Pferdebranche durch Equinella aufgezeigt und potentielle Unterstützungsmöglichkeiten vorgestellt. Das Feedback seitens der Branchenvertreter war positiv und das Sichern des Weiterbestehens von Equinella wird als notwendig erachtet. Weitere Gespräche zum Konkretisieren der verschiedenen Unterstützungsmöglichkeiten werden in den nächsten Monaten folgen. 

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