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Der Alleskönner Pferdeweide

15 April 2019 16:00

Die Weide entspricht am ehesten dem einst natürlichen Lebensraum der Pferde. Allerdings ist die verfügbare Fläche oftmals knapp und wird durch die Pferde überbeansprucht. Doch wodurch zeichnet sich das Weidetier Pferd eigentlich aus, und wie kann man auch auf kleinen Flächen eine gute Weide erhalten?

 Foto: Salome Wägeli

Obschon das Pferd seit über 5000 Jahren domestiziert ist, haben sich seine artspezifischen Bedürfnisse kaum verändert. Auch domestizierte Hauspferde verbringen in naturnaher Haltung mindestens zwölf Stunden mit der Futtersuche und -aufnahme. Bei ausreichendem Platzangebot erfolgt die Futteraufnahme bodennah in einer natürlichen Fresshaltung, wobei die Pferde in stetiger Vorwärtsbewegung bis zu zehn Kilometer pro Tag zurücklegen. Werden die Pferde in Gruppen geweidet, können sie zudem den Sozialkontakt zu Artgenossen pflegen. Die Weide ermöglicht den Pferden die Ausübung ihrer artspezifischen Bedürfnisse und ist deswegen wichtig für die physische und psychische Gesunderhaltung der Tiere.

Das Pferd hat als Weidetier allerdings keinen besonders guten Ruf, denn nicht umsonst werden Weiden mitunter als «pferdemüde» bezeichnet. Oftmals gleichen diese einem Flickenteppich aus tief abgefressenen und ungenutzten Bereichen mit überständigem Gras. Hier wird deutlich, dass das Pferd einerseits durch seine Eigenschaften spezielle Anforderungen an Weideflächen stellt und andererseits die Nutzungsintensität vielfach nicht der verfügbaren Fläche angepasst wird.

Das Weidetier Pferd

Im Gegensatz zu Rindern reisst das Pferd mit seinen Schneidezähnen die Futterpflanzen viel näher am Boden ab, wobei teilweise auch ganze Pflanzen ausgezupft werden. Die Regenerationsfähigkeit der Pflanzen wird durch diese konstante Beanspruchung verringert und irgendwann erschöpft.

Zudem zeichnet sich das Pferd durch sein selektives Fressverhalten aus. Nicht schmackhafte Pflanzen werden entweder gar nicht erst aufgenommen oder wieder aus dem Maul ausgesondert. Während die schmackhaften Pflanzen also regelmässig und tief verbissen werden, können sich verschmähte Pflanzen auf der Weide verbreiten. Wäre es also nicht möglich, durch das Ansäen von schmackhaften Arten eine gleichmässiger genutzte Weide zu schaffen? Obschon Studien darauf hinweisen, dass Rohrschwingel (Festuca arundinacea), Raigräser (Lolium x hybridum, Lolium multiflorum, Lolium perenne) und Weissklee (Trifolium repens) von Pferden besonders gern gefressen werden, widersprechen sich die Untersuchungen bei anderen Pflanzenarten deutlich. Dabei hat einerseits sicherlich der Versuchsaufbau der oben genannten Studien (Auswahl der Pflanzenarten, Versuchsdesign usw.) einen Einfluss, andererseits wird die Schmackhaftigkeit von vielen weiteren Faktoren wie dem Alter und der Wuchsform der Pflanze, der Düngung und der relativen Häufigkeit im Pflanzenbestand beeinflusst. Es kann zudem angenommen werden, dass es auch beim Pferd, ähnlich wie beim Menschen, individuelle Vorlieben gibt.

Die Unterteilung der Weide in stark und weniger stark frequentierte Bereiche wird durch den Kot und Harn der Pferde verstärkt. Denn Stellen, an denen dieser abgesetzt wird, werden später bei der Futteraufnahme gemieden. Es wird vermutet, dass dieses Verhalten eine Art natürliche Parasitenkontrolle ist. Da sich über 90% aller infektiösen Parasitenlarven im Umkreis von einem Meter von Kothaufen finden, vermeiden es Pferde, dort zu fressen und dadurch wieder Parasitenlarven aufzunehmen. Dies hat einerseits zur Folge, dass die Pflanzen in der Nähe von Kothaufen nicht abgefressen werden und sich dementsprechend verbreiten können. Andererseits entsteht durch den Kot und Harn eine lokale Nährstoffanreicherung, die wiederum die Vegetationszusammensetzung beeinflusst. So wachsen an diesen Geilstellen vermehrt stickstoffliebende Arten wie Blacken (Rumex obtusifolius) oder Brennnesseln (Urtica
dioica).

Beansprucht wird die Weide auch durch das ausgeprägte Bewegungsbedürfnis von Pferden. Durch schnelles Stoppen und Wenden im Trab oder Galopp können sowohl der Bewuchs als auch das Bodengefüge geschädigt werden. Verschärft wird die Problematik zudem bei Weiden in Hanglagen, bei besonders empfindlicher Vegetation und bei zu kleinen Flächen. Anzunehmen ist hier auch ein Einfluss des Gewichts, des Temperaments und der Nutzung des Pferdes wie auch der Haltungsform und des Beschlags. Sofern kein Saatgut auf den so entstandenen Lücken ausgebracht wird, werden diese von Pflanzen aus dem «Samendepot» des Bodens besiedelt. In einer deutschen Studie bestanden diese Samendepots v.a. aus unerwünschten Pflanzen wie Breitwegerich (Plantago major) und kriechendem Hahnenfuss (Ranunculus repens).

Weideflächen: Wunsch vs. Realität

Leider entspricht das Bild von endlos weiten Pferdeweiden in der Schweiz selten der Realität, denn die verfügbare Weidefläche ist in vielen Pferdehaltungen knapp. Dadurch entsteht der Kompromiss zwischen der Weide als Futtergrundlage und der Weide als Bewegungsraum. Auf kleinen Flächen lässt sich nicht beides realisieren. In der Fachliteratur finden sich Angaben zum Weideflächenbedarf, die von 0,25 bis 1,5 Hektaren (2500 bzw. 15 000 m²) pro Pferd reichen. Insbesondere in nicht landwirtschaftlichen Pferdehaltungen sind diese Empfehlungen kaum realisierbar. Es muss aber bedacht werden, dass der Flächenbedarf von vielen Faktoren wie dem Standort, der Produktivität der Grasnarbe und der gewünschten Weideintensität abhängig ist. Die Weideintensität setzt sich aus der Besatzdichte (Anzahl Pferde/Flächeneinheit) und der Weidedauer (Anzahl Stunden Weidegang/Tag) zusammen und ist ein zentraler Faktor, wenn es um die Erhaltung einer guten Pferdeweide geht. Oft steht einer angepassten Weideintensität allerdings der Wunsch gegenüber, den Pferden täglichen mehrstündigen Weidegang zu ermöglichen. Obschon dies, wie eingangs erwähnt, massgebend zum Tierwohl von Pferden beiträgt, ergibt sich insbesondere bei kleinen Flächen ein Zielkonflikt zwischen der Erhaltung der Weide und dem Wohlbefinden der Pferde.

Eine dichte Grasnarbe ist das A und O

Trotz der oftmals herausfordernden Situation können Massnahmen getroffen werden, um auch kleinere Pferdeweiden zu verbessern oder zu erhalten. Am Beginn jeder Überlegung zum Weidemanagement sollten die Fragen «Was will ich von meiner Weide?» und «Was ist meine Ausgangslage?» stehen. Soll meine Weide den Pferden primär als Bewegungsraum zur Verfügung stehen, oder soll sie zur Futterversorgung der Tiere beitragen? Wie ist der Standort meiner Weide, was für ein Pflanzenbestand findet sich auf der Weide, gibt es viele unerwünschte Pflanzen, welchen Aufwand bin ich bereit zu investieren usw.? Daraus lassen sich dann die geeigneten und möglichen Managementmassnahmen ableiten.

Durch schnelles Stoppen und Wenden im Trab oder Galopp kann sowohl der Bewuchs als auch das Bodengefüge geschädigt werden.

Von zentraler Bedeutung ist dabei die Grasnarbe, d.h. die durch Verwachsungen gebildete Pflanzendecke, die die oberste Bodenschicht über- und durchzieht. Je dichter die Grasnarbe ist, umso eher vermag sie dem Tritt der Pferde standzuhalten. Natürlich wünscht man sich dabei aber auch keinen verfilzten Bestand wie er z.B. durch einen hohen Anteil an Ausläufer-Straussgras (Agrostis stolonifera) entsteht. Dieser mag zwar dicht sein, wird aber aufgrund seines muffigen Geruchs schlecht gefressen und geht mit Ertragseinbussen einher.

Wird eine Pferdeweide neu angesät oder übersät (Ausbringen von Saatgut auf einzelne Lücken oder die ganze Fläche), empfiehlt es sich deshalb, für den jeweiligen Zweck geeignetes Saatgut zu verwenden. Um eine dichte Grasnarbe zu erhalten, eignen sich insbesondere ausläuferbildende Arten wie die Wiesenrispe (Poa pratensis), die durch die Bildung von Seitentrieben Lücken im Bestand schnell schliessen können und eine dichte Grasnarbe bilden. Eine Neuansaat lohnt sich allerdings meist nur bei sehr lückigen Beständen (>50% Lücken). Es gilt auch immer zu bedenken, dass die Bildung einer tragfähigen Grasnarbe lange dauert. Allenfalls ergibt es im Einzelfall mehr Sinn, die ganze Fläche zu übersäen als einzelne Stellen neu anzusäen und auszuzäunen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass das Saatgut nur bei guten Bedingungen keimen kann. Eine Übersaat bei zu trockenen, zu nassen oder zu kalten Bedingungen hat keine Aussichten auf Erfolg.

Durch das Abschleppen im Frühjahr können Maulwurfs- und Mäusehäufen wie auch Trittschäden aus dem Winter eingeebnet werden. Sämtliche Arbeiten im Frühjahr sollten allerdings nur bei genügend abgetrocknetem Boden erfolgen. Wenn die entsprechenden landwirtschaftlichen Maschinen nicht vorhanden sind oder die Fläche zu klein ist, erfüllt auch ein Gartenrechen seinen Zweck. Während des Jahres sollten zudem je nach Weidesystem ein oder mehrere Säuberungsschnitte vor-
genommen werden. Dabei werden überständige Pflanzen (z.B. von Geilstellen)
entfernt. Das Schnittgut sollte abgeführt werden, da der unabgeschlossene Fermentationsprozess zu Verdauungsstörungen führen kann und deshalb nicht verfüttert werden sollte. Je nach Schnittzeitpunkt werden so einerseits unerwünschte Pflanzen am Versamen gehindert, andererseits wird dadurch wieder eine homogenere Weide geschaffen.

Nützlich ist ebenfalls die Mischbeweidung mit anderen Tierarten, insbesondere mit Rindern. Denn nur die Geilstellen der eigenen Tierart werden gemieden.

Nützlich ist ebenfalls die Mischbeweidung mit anderen Tierarten, insbesondere mit Rindern. Denn nur die Geilstellen der eigenen Tierart werden gemieden. Dadurch kann der Geilstellenanteil verringert und insgesamt ein gleichmässigerer Pflanzenbestand erzielt werden. Zudem kann durch eine Mischbeweidung eine Reduktion des Parasitendrucks erreicht werden. Rinder nehmen die von den Pferden ausgeschiedenen infektiösen Larvenstadien mit dem Gras auf, diese können sich im Rind allerdings nicht entwickeln und sterben ab. Allerdings ersetzt eine Mischbeweidung die Weidehygiene nicht, da verschiedene Parasiten nicht auf eine Tierart spezialisiert sind.

Augen auf die Weide

Wie bei so vielem gibt es leider auch für das Management von Pferdeweiden kein Universalrezept. Deswegen gilt es, sich mit seiner Pferdeweide vertraut zu machen. Die Entnahme von Bodenproben für eine gezielte Düngung und die Kenntnis der wichtigsten Weidepflanzen (v.a. auch giftige und andere unerwünschte Pflanzen) sind dabei zentral. Es gilt, die Entwicklung der Weide laufend zu beobachten und aus deren Zustand Rückschlüsse für das Management zu ziehen.

Franziska Kägi, BSc. Agr. FH
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Pferdewissenschaften

Auch im Winter ist der Weidegang eine unerlässliche Ergänzung. Auch im Winter ist der Weidegang eine unerlässliche Ergänzung.

In Lücken wachsen oftmals unerwünschte Pflanzen. In Lücken wachsen oftmals unerwünschte Pflanzen.

Eine Übersaat kann bei guten Bedingungen auch auf Teilflächen sinnvoll sein.
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<br />Un sursemis effectué dans de bonnes conditions peut être judicieux aussi sur de petites surfaces. Eine Übersaat kann bei guten Bedingungen auch auf Teilflächen sinnvoll sein.

Pflanzen rund um Kothaufen werden nicht mehr gefressen. Pflanzen rund um Kothaufen werden nicht mehr gefressen.

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