Swiss Equestrian
Menü
Pferd+

Du bist, was du isst - auch im Sattel

17 Juli 2017 08:00

In vielen Sportarten wie Kraftsport oder Leichtathletik werden spezifische Ernährungsformen befolgt, die fast alle Sportler dieser Disziplinen in ähnlicher Weise umsetzen. Nicht so im Reitsport. Kaum eine andere Sportart beheimatet so viele verschiedene Spezialdisziplinen, die an die Reiter sehr unterschiedliche Anforderungen stellen.

Thai-Currys aus viel buntem Gemüse, je nach Gusto Hülsenfrüchten, Tofu oder Fleisch und Basmati- oder Vollkornreis sind vollwertige Mahlzeiten die die Nährstoffspeicher füllen und lange sättigen.
 Thai-Currys aus viel buntem Gemüse, je nach Gusto Hülsenfrüchten, Tofu oder Fleisch und Basmati- oder Vollkornreis sind vollwertige Mahlzeiten die die Nährstoffspeicher füllen und lange sättigen.


Die vielen verschiedenen Reitsportdisziplinen haben in vielen Fällen kaum Gemeinsamkeiten und sind teilweise spezifisch auf einzelne Pferderassen ausgerichtet. Entsprechend unterschiedlich sind auch die Anforderungen an die Reiter. In erster Linie ist Reiten aber ein Breitensport, und innerhalb der grossen Masse von Freizeitreitern gelten die gleichen Regeln wie allgemein für eine gesunde Ernährung.

Pferde mögen es leicht

Auch Freizeitreiter sollten eine gewisse Grundfitness mitbringen und nicht übergewichtig sein. Es heisst zwar immer, stämmigere Pferderassen von Warmblut bis Kaltblut seien im Gegensatz zu Vollblütern sehr gute Gewichtsträger, doch auch diese kräftigeren Pferde sind dankbar, wenn sie nicht unnötig viele Kilos tragen müssen. Auch ein grosser starker Mann trägt auf einer Bergwanderung lieber nur einen drei Kilo schweren Rucksack als einen, der mit fünfzehn Kilo beladen ist. Zudem sehen idealgewichtige Reiterinnen und Reiter im Sattel ästhetischer aus und unterstreichen damit die Anmut der Pferde. Auch der gesundheitliche Aspekt ist nicht zu unterschätzen, denn so manchen übergewichtigen und schlecht konditionierten Reiterinnen und Reitern sitzt im Springparcours oder in anderen Wettbewerben das Herzinfarktrisiko im Nacken. Also macht es Sinn, auf eine ausgewogene gesunde Ernährung, die dem Kalorienverbrauch angepasst ist, zu achten.

Vollwertig und nährstoffreich

Reiten erfordert eine Grundausdauer, ein gewisses Mass an Muskelkraft wie auch die ständige Konzentration auf das Fluchttier Pferd, um gefährliche Situationen vorauszusehen und reaktionsschnell zu entschärfen. Darum sind vollwertige Mahlzeiten die Vorgabe. Früchte, Salate und Gemüse versorgen die Reiter mit vielen Vitaminen und Mineralstoffen sowie mit sättigenden und verdauungsfördernden Ballaststoffen, die helfen, das Gewicht im Zaum zu halten. Langkettige Kohlenhydrate - die den Blutzuckerspiegel positiv beeinflussen - wie Kartoffeln, Vollkornreis oder Pseudogetreide wie Quinoa bringen schnell verfügbare Energie, machen lange satt und helfen, die Konzentration über lange Zeit aufrechtzu- erhalten. Sie sind kurzkettigen Kohlehydraten wie Nudeln und Backwaren aus Weissmehl oder Süssigkeiten mit Industriezucker vorzuziehen. Proteine - im besten Fall pflanzliche aus Hülsenfrüchten wie Bohnen, Kichererbsen oder Soja - dienen dem Muskelaufbau und spielen bei vielen lebenswichtigen Prozessen im Körper eine entscheidende Rolle. Da seit Langem bekannt ist, dass sich zu viel tierisches Eiweiss und vor allem zu viele tierische Fette ungünstig auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit auswirken und einige Krebsarten begünstigen, empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation WHO, tierische Lebensmittel - vor allem rotes und stark verarbeitetes Fleisch - zu reduzieren. Kleine Mengen gesunde Fette aus Avocado oder Nüssen oder pflanzliche Öle wie Lein- oder Olivenöl für kalte Speisen oder Kokosöl zum Braten runden eine vollwertige Hauptmahlzeit ab.

Genussmittel in Massen

Kuchenbuffets, Bratwürste und Pommesbuden gehören an vielen Reitveranstaltungen im Breitensport zum gewohnten Bild, und es ist auch kein Geheimnis, dass sich mancher Reiter an heissen Sommertagen ein kühles Bier gönnt oder manche Reiterin ihren Sieg mit einem Glas Champagner feiert. Eine Belohnung in Form einer Süssigkeit, einer deftigen Mahlzeit oder eines Drinks darf auch sein. Aber bitte erst nach dem Turnier. Denn genau so, wie man nicht alkoholisiert Auto fährt, sollte man die Promillegrenze auch im Sattel konsequent einhalten. Und süsse, fettige Kuchen wie auch Grilladen und Frittiertes liegen schwer im Magen, was durch die sitzende Position im Sattel noch verstärkt wird, und sind somit keine geeignete Wettkampfverpflegung.

Tagesplanung mitentscheidend

Nicht zu unterschätzen ist der Einfluss des Tagesplanes auf den Kalorienverbrauch. Wer sein Pferd in einem Betrieb mit Vollpension eingestellt hat, den Tag sitzend im Büro verbringt und nur abends eine Stunde ausreitet oder sein Pferd longiert, braucht leicht verdauliche und kalorienreduzierte Mahlzeiten. Ein Pferdewart, der zweimal täglich acht Boxen mistet, acht Pferde striegelt, einen Lastwagen voll Stroh ablädt und noch an einem Springtraining teilnimmt, braucht zwar auch gesunde Mahlzeiten, diese dürfen aber wesentlich kalorienreicher sein als die des Leichtarbeiters. Auch emotionaler Stress wirkt sich aus. Wer einen problemlosen fröhlichen Tag verbringt, kommt meistens ohne viel Kaffee oder Stimmungsaufheller wie Schokolade aus. Wer sich jedoch an schlechten Tagen mit unzufriedenen Pensionären, quirligen Kindern und Weideverletzungen bei Pferden herumschlägt, braucht eine zusätzliche Portion Kohlenhydrate und vielleicht auch mal einen Koffeinschub oder ein Stück Schokolade für die Nerven.

Spitzensport erfordert individuelle Ernährung

Eine Wissenschaft für sich ist die gesunde und leistungssteigernde Ernährung von Profireitsportlern, denn in den einzelnen Disziplinen spielen völlig unterschiedliche Faktoren eine entscheidende Rolle. Eine Voltigiererin im Teenageralter, die als Unterfrau im Teamvoltigieren fungiert und deren Körper noch in der Entwicklung ist, kann in gewisser Weise mit einem Kraftsportler verglichen werden. Sie braucht eine gute Kondition, viel Kraft und entsprechend ausgeprägte Muskeln und auch noch genügend Energie fürs Wachstum. Da wundert es einen nicht, wenn diese Mädchen wie Scheunendrescher essen und doch grazil bleiben. Wichtig ist aber trotzdem, dass sich die jungen Menschen ausgewogen, vitamin- und mineralstoffreich ernähren und nicht nur Nudeln mit Tomatensauce und Käse sowie Süssigkeiten essen. Eltern wie auch Trainer sind bei der Nachwuchsbetreuung in allen Disziplinen gefordert, die jungen Reiterinnen und Reiter und deren Ernährung im Blick zu behalten und wenn nötig einzugreifen.

Ein Jockey, der bei einer Grösse von
1,70 Metern am Renntag zum Beispiel mit 56 Kilogramm reitet und somit die ganze Woche auf möglichst kalorienarme Ernährung achten muss und trotzdem genügend Kraft für die Stallarbeit und die Trainingseinheiten braucht, muss verzichten können. Denn wenn er für fünf Rennen am gleichen Tag aufgeboten ist und beim letzten Einsatz die leichteste Gewichtsvorgabe erfüllen muss, bedeutet dies, dass im Extremfall nur ein vitamin- und kohlehydratreicher Fruchtsaft zum Frühstück und während des Tages ein paar Deziliter Wasser drinliegen. Und dies bei grosser körperlicher Anstrengung. Solche sehr strengen Diättage dürfen aber nur die Ausnahme sein, sonst drohen Kreislaufprobleme durch Unterzuckerung und langfristig Schäden durch Mangelernährung. Zwischen den Renntagen müssen deshalb auch Jockeys ihre Nährstoffspeicher immer wieder auffüllen, allerdings möglichst kalorienarm. Da können ein grüner Smoothie aus Früchten und grünem Blattgemüse zum späten Frühstück und ein Gurken-Tomaten-Salat mit einer halben Avocado oder ein paar dünnen Mozzarellascheiben plus ein paar Nüsse und ein Stück Vollkornbrot zum Abendessen gute Dienste leisten und zum Festessen werden.

Sich begleiten lassen

Sportlerernährung, egal ob für Freizeitreiter oder Spitzenathleten, ist ein weites Feld und erfordert breites Wissen. Wer sich oft müde fühlt, unkonzentriert ist oder trotz entsprechenden Massnahmen seine Leistungsfähigkeit nicht erhöhen kann, sollte sich nicht scheuen, sich vom Arzt durchchecken zu lassen und eine Ernährungsberaterin oder einen Ernährungsberater beizuziehen. Denn auch die Fussballstars von Bayern-München oder die Cracks vom Swiss-Ski-Team werden von Ernährungsberatern und speziell geschulten Köchen betreut. Wieso nicht auch die Reiter? Für die optimale Fütterung von Partner Pferd werden ja auch Futterspezialisten und Tierärzte beigezogen.

Barbara Würmli

Sandra Zürlein

Informationen über Ihre Daten
Auf dieser Webseite werden zur Verbesserung der Funktionalität und des Leistungsverhaltens sowie zu Statistikzwecken Cookies eingesetzt. Durch Klicken auf den Akzeptieren-Button stimmen Sie der Verwendung von Cookies auf dieser Webseite zu.