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Dossier: Pferdehaltung & Raumplanung

Generationenwechsel: Erfahrung trifft auf Innovation

15 Mai 2017 14:12

Reitbetriebe sind oft Traditionsfirmen, die über Generationen in den Händen einer Familie sind. Entsprechend wichtig ist es, den Betrieb möglichst reibungslos an die nächste Generation zu übergeben oder - wenn sich intern keine Nachfolger finden - eine gute Lösung aufzugleisen.

Der Reit-, Pensions- und Ausbildungsstall Eschenhof in Wil SG wurde 1981 von Marlies und Gallus Erni aufgebaut. Sie haben aus einem Bauernhof einen stattlichen Reitbetrieb gemacht. Und ihren Kindern, Cynthia, Denise und Andreas, wurde das Reitergen in die Wiege gelegt. Alle drei waren schon als Jugendliche im Springsport aktiv. Somit ging die Familie davon aus, dass die Nachfolge einst aus den eigenen Reihen kommt. Mutter Marlies erzählt: «Wir haben immer daran geglaubt, dass eines unserer Kinder den Betrieb weiterführen wird. Darum haben wir uns gar nie Gedanken über einen Plan B gemacht.»

Der Sohn oder doch die Tochter?

Die älteste - Cynthia - ging beruflich andere Wege, ist aber trotzdem in den Betrieb integriert. Sie ist in den Aufbau eines neuen Betriebszweiges - pferdegestützte Führungsseminare - involviert und reitet aktiv. Lange blieb unklar, wer von den beiden anderen die Nachfolge antritt. Andreas machte nach der Schule die Lehre als Bereiter. Denise und ihr Mann Sascha Horn, den sie während eines Deutschlandaufenthalts kennen und lieben lernte, haben sich auf dem zweiten Bildungsweg zu Spezialisten der Pferdebranche ausbilden lassen. Denise erzählt: «Zeitweise glaubten wir, dass wir den Betrieb später zu dritt führen. Dann zog es meinen Bruder aber nach Deutschland. Er bekam die Chance, bei Rolf-Göran Bengtsson zu arbeiten und blieb sieben Jahre. Inzwischen ist er selbstständig und sieht seine Zukunft im Nachbarland.» Sie betont aber, dass für sie kein Druck entstanden sei, da sie sich bereits für eine Zukunft auf dem Eschenhof entschieden hatte.

Konkurrenzfähigkeit ist ein grosses Thema

Allerdings ist es kein Zuckerschlecken, einen Reitbetrieb erfolgreich zu führen. Die Konkurrenz ist gross. Was erwirtschaftet wird, wird gleich wieder investiert. Denise und Sascha Horn sagen dazu: «Die Pferdehaltung ändert sich ständig, die Kunden haben immer neue Ansprüche, und die Infrastruktur muss instand gehalten werden. Im letzten Jahr haben wir den Hallenboden erneuert und kürzlich alle Weiden neu eingezäunt. Das verschlingt Unsummen.» So arbeiten auch die Senioren weiter mit. Marlies ist für die Administration verantwortlich, und Patron Gallus ist als Ausbilder tätig und schaut rundherum zum Rechten. Reitstunden gibt er aber nicht mehr. Dafür ist Schwiegersohn Sascha vollberuflich als Bereiter und Reitlehrer im Einsatz, während Denise - aus wirtschaftlichen Gründen - noch 70 Prozent im kaufmännischen Bereich arbeitet, aber ihre ganze restliche Zeit für den Eschenhof einsetzt.

Darauf angesprochen, ob es in der Familie Differenzen gebe, wenn die Jungen neues einführen möchten, sagt Sascha Horn: «Die Neuerungen, die wir tätigen, ergeben sich aus den Ansprüchen der Kunden und daraus, wie sich der Pferdesport entwickelt. Uns ist klar, dass wir mithalten müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Darum gibt es auch keine Unstimmigkeiten zwischen den Generationen.»

Neue Standbeine

Auf die Frage, ob es auf dem Eschenhof in Zukunft ähnlich weitergehe wie bisher, antwortet Patron Gallus Erni: «Ein Betrieb wie unserer kann nur überleben, wenn er breit abgestützt ist und verschiedenste Kundenwünsche abdeckt.» Denise und Sascha stimmen zu: «Wir bauen das Angebot aus und werden mit einem Partner vermehrt pferdegestützte Führungsseminare durchführen. Zudem bieten wir den Kunden, die sich im Sport etablieren möchten - in Zusammenarbeit mit Andreas - eine Art Gesamtpaket. Der Kunde definiert sein Ziel, und wir suchen mit Andreas die passenden Pferde. Diese kommen zu uns in Pension, und wir helfen bei deren Ausbildung, bieten dem Reiter die passenden Trainings und begleiten ihn bei Bedarf an Turniere.» Weiterentwicklung und Konkurrenzfähigkeit ist und bleibt also das grosse Thema auf dem Eschenhof.

Generationenwechsel im Rennstall

Der dienstälteste Schweizer Galopptrainer Karl Klein hat seinen Trainingsbetrieb 1979 aufgebaut und wäre eigentlich schon drei Jahre pensioniert. Doch er steht nach wie vor jeden Morgen um halb sechs Uhr im Stall und übt nicht nur eine Aufsichtsfunktion aus, sondern amtet auch als Futtermeister, mistet Boxen aus und hilft mit, wo gerade Not am Mann ist. Trotzdem ist der Generationenwechsel auch im Rennstall Klein im Gange. Im Gegensatz zur Familie Erni hatten Karl Klein und seine Frau Regula aber nur eine Tochter. Die Chance einer familieninternen Nachfolgelösung war somit wesentlich kleiner.

Tochter Isabelle war immer pferdebegeistert. Sie hat jung die Rennreiterlizenz gemacht, einige Jahre Rennen geritten und später die Trainerlizenz absolviert. Mit der Frage, ob sie irgendwann die Nachfolge im Rennstall übernehmen wolle, konnte sie sich aber gar nicht wirklich auseinandersetzen. Denn als ihre Mutter vor dreizehn Jahren viel zu früh starb, übernahm sie die Administration, kümmerte sich vermehrt um die Besitzer und rutschte in die Rolle der rechten Hand ihres Vaters. Doch im Schweizer Rennsport erfolgreich zu sein, ist nicht einfach. Die Anzahl Galopper stagniert seit Jahren, phasenweise ist sie sogar rückläufig. Hatte Karl Klein zu den besten Zeiten über 30 Pferde im Training, stehen momentan noch zwölf im Stall. Nicht unbedingt rosige Aussichten für Tochter Isabelle. Im Gespräch mit ihr wird aber klar, dass sie zwar Rennpferdetrainerin mit Leib und Seele ist, aber auch eine Geschäftsfrau, die voraus- denkt. Sie sagt: «Ich möchte unseren Betrieb in die Zukunft führen. So lange mein Vater noch aktiv mitarbeitet, werde ich aber meine 40-Prozent-Stelle als Sachbearbeiterin behalten. Von einem kleinen Trainingsbetrieb gut zu leben, ist schwierig, denn die Kosten wie Personal, Futter usw. müssen immer bezahlt werden, auch wenn die Pferde keine Rennen gewinnen und keine Trainerprozente anfallen. Meine Teilzeitstelle gibt mir etwas Sicherheit, überleben zu können, wenn es im Sport mal nicht so gut läuft.» Auch Isabelles Mann Peter Chrenka arbeitet auswärts, hilft aber im Rennstall mit, wenn er gebraucht wird.

Übernahme erfolgt fliessend

Geplant ist, dass die Pferde - im Einverständnis mit deren Besitzern - langsam von der Trainingsliste von Karl Klein auf die von Tochter Isabelle wechseln. Der Grandseigneur ist aber nicht müde und meint: «So lange es körperlich geht, werde ich auch im Stall mitarbeiten und an den Renntagen auf der Bahn sein. Aber mein Name muss nicht mehr in den Rennprogrammen stehen, die Hauptverantwortung gebe ich Schritt für Schritt an Isabelle ab.»

Ganz reibungslos geht der Generationenwechsel aber nicht über die Bühne. Isabelle bildet sich stetig weiter und hat viele Ideen. Vater Karl dagegen ist mit dem Altbewährten immer gut gefahren. So braucht die Nachfolgerin manchmal ein bisschen Fingerspitzengefühl, um Neues einzuführen. Sie erzählt: «Ich bin eher harmoniebedürftig. Entsprechend teile ich meinem Vater neue Ideen mit und lasse ihm Zeit, sich damit anzufreunden. Schlussendlich stimmt er zu, oder wir finden einen Kompromiss. So habe ich schon einiges - zum Beispiel bei der Fütterung - modernisiert.»

Es zählen Siege, nicht Visionen

Auf die Frage, wie die Zukunft für den Rennstall Klein aussehen soll, antwortet Vater Karl: «Meine Ziele sind von jeher die gleichen, nämlich grosse Rennen zu gewinnen. Viele prestigeträchtige Grands Prix konnte ich mit meinen Schützlingen über all die Jahre schon einheimsen, das Swiss Derby, den GP Jockey-Club und den GP
St. Moritz habe ich aber noch nicht auf meinem Konto. Ob diese noch unter meinem Namen dazukommen oder zukünftig unter Isabelles Regie, ist egal, Hauptsache die Sieger kommen aus dem Rennstall Klein.» Isabelle nickt zustimmend, und ihre Augen leuchten beim Gedanken an zukünftige Siege genauso wie die ihres Vaters, wenn er von vergangenen grossen Siegen erzählt.

Die Zukunft wird zeigen, was aus dem Eschenhof der Familie Erni und dem Rennstall Klein dereinst wird. Sicher ist aber, dass sowohl Marlies und Gallus Erni wie auch Karl Klein - sofern Gott will - noch viele Tage unermüdlich in ihren Ställen stehen und ihr Bestes geben, für die Pferde, für die Kunden und für den Sport. Und ihre Nachfolger und Nachfolgerinnen werden es ihnen gleichtun.

Barbara Würmli

Die Erfahrung von Rennpferdetrainer Karl Klein und die fortschrittlichen Ideen seiner Tochter Isabelle Chrenka-Klein ergänzen sich bestens. Die Erfahrung von Rennpferdetrainer Karl Klein und die fortschrittlichen Ideen seiner Tochter Isabelle Chrenka-Klein ergänzen sich bestens.

Um langfristig konkurrenzfähig zu bleiben, setzen Marlies und Gallus Erni wie auch ihre Nachfolger Denise und Sascha Horn-Erni auf verschiedene Betriebszweige und ein breites Angebot.
 Um langfristig konkurrenzfähig zu bleiben, setzen Marlies und Gallus Erni wie auch ihre Nachfolger Denise und Sascha Horn-Erni auf verschiedene Betriebszweige und ein breites Angebot.


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