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Dossier: Ausbildung

Gymkhana: Geschicklichkeit von Pferd und Reiter

16 Januar 2017 08:00

Gymkhana hat sich in der Freizeitreiterszene als beliebte Disziplin etabliert. Das Vorurteil, dass dort diejenigen Reiter- und Pferdepaare am Start sind, die sich sonst in keiner Pferdesportdisziplin erfolgreich messen können, ist längst ein alter Zopf.

Fingerspitzengefühl des Reiters und ruhiges Warten des Pferdes sind gefragt. Fingerspitzengefühl des Reiters und ruhiges Warten des Pferdes sind gefragt.

Das aus dem Griechischen stammende Wort Gymkhana bedeutet «sportlicher Geschicklichkeitswettbewerb». Schon an den Höfen der indischen Maharadschas wurden die ursprünglichen Reiterspiele ausgetragen und die Engländer brachten im 19. Jahrhundert diese Idee mit in ihre Heimat.

In den Pferdesport reinschnuppern
Gerade für die jungen Reiterinnen und Reiter sind Gymkhanas der ideale Einstieg in den Reitsport, und viele wechseln später in andere Sparten wie Dressur oder Springen. Bei den Erwachsenen trifft man auch auf Teilnehmer, die sich fast vollumfänglich dem Gymkhana verschrieben haben. Sie trainieren verschiedenste Hindernisse, bilden sich und ihre Pferde laufend weiter und messen sich regelmässig im freundschaftlichen Wettkampf.

Auch Reiterinnen und Reiter anderer Disziplinen nutzen die Startmöglichkeit, um ihrem Vierbeiner einen Ausgleich zum gewohnten Training zu bieten. Alle Equiden sind startberechtigt, und ebenso sind seitens Reitstils kaum Grenzen gesetzt. Klassisch englisch reitende Starter haben dieselben Chancen wie Gangpferde-, Western-, oder Barockreiter. Auch wenn Gymkhana als Einsteigerprüfung gilt, so sind doch minimale Voraussetzungen gegeben wie das selbstständige Reiten in den Grundgangarten.

Gymkhana ist keine FEI-Disziplin
Seit den Umstrukturierungen im Schweizerischen Verband für Pferdesport (SVPS) ab dem Jahr 2008 und dem Beschluss des damals noch existierenden Leitungsteam Freizeit sind die Regionalverbände zuständig und verantwortlich für die Sparte Gymkhana. Dies bedeutet, dass die Weisungen und Reglemente von den Regionalverbänden (ZKV, OKV, PNW, FER, FTSE) erarbeitet werden. Mehrere Sport- und Zuchtverbände organisieren ebenfalls Gymkhana-Prüfungen, wie zum Beispiel der Schweizerische Verband für Ponys und Kleinpferde (SVPK) oder der Schweizerische Freibergerzuchtverband (SFV).

Die Gymkhana-Reglemente der einzelnen Verbände sind unterschiedlich, was eigentlich auch Sinn ergibt. Denn gerade bei den Freiberger Pferden soll die Vielseitigkeit dieser Rasse zur Geltung kommen und Gymkhana als Sportprüfung wahrgenommen werden. So muss in den FM-Gymkhanas mindestens ein Element aus den Sparten Springen, Dressur, Fahren/Rücken und Western vorhanden sein, womit beispielsweise also immer ein Sprung und das Ziehen eines Gegenstandes in den Gymkhana-Parcours integriert sind.

Zu zweit oder mit Hund
Die Palette der angebotenen Prüfungen in der Schweiz reicht von vereinsinternen Plauschreiterspielen bis zur offiziellen Verbandsprüfung mit Cup- oder Trophy-Wertung und Final. Einige Verbände bieten regelmässige Aus- und Weiterbildungen für Gymkhana-Funktionäre an. Unter den Verbänden gibt es Zusammenarbeit, und es findet ein Austausch statt. Mit verschiedensten Kursen und Trainings steht auch für die Reiterinnen und Reiter die Möglichkeit offen, Neues zu lernen und reiterlich weiterzukommen.

Der SVPK bietet nebst Gymkhana die verschiedensten Prüfungen an wie Gehorsam, Bodenarbeit oder Führzügelklassen. Auf Anklang stossen in der Freizeitreiterszene auch die Plauschprüfungen mit einer Kombination von Gymkhana und Hunde-Agility, ähnlich dem im Westernreiten angebotenen «Horse and Dog Trail». Eine schöne Ergänzung zu den anderen Prüfungen bildet das «Paar-Gymkhana», wo sich zwei Reiter gleichzeitig im Parcours aufhalten und die meisten Aufgaben zusammen lösen sollen. Denn gerade für ein noch unerfahrenes Pferd kann es beruhigend sein, wenn ein Pferdekollege mit von der Partie ist. 

Reglement beachten
Auch Plauschprüfungen mit Kombination einer FEI-Disziplin wie Springen, Dressur oder Fahren plus einer Gymkhana-Prüfung können auf einem Turnierplatz angeboten werden. Solche Prüfungen werden als 2er-Equipen-Prüfung (Spezialprüfung) ausgeschrieben, und die jeweiligen Reglemente der FEI-Prüfung sind einzuhalten. So werden etwa offizielle Funktionäre benötigt.

Für den Reiter empfiehlt es sich, vor einem ersten Gymkhana-Start das entsprechende Reglement genau zu studieren. Bezüglich Kleidung des Reiters, Anzahl Starts oder Brevetpflicht, aber auch hinsichtlich erlaubter Schutzmaterialien, Zäumungen und Sattlung lohnt sich eine vorgängige Abklärung, um unnötige Missverständnisse zu vermeiden. So sind mancherorts gebisslose Zäumungen im Gymkhana erlaubt, bei anderen Verbänden jedoch verboten. 

Führzügel für die Jüngsten
Bei der Parcoursbesichtigung wird erklärt, wie die Hindernisse absolviert werden sollen. Normalerweise beinhaltet ein Gymkhana zwischen acht und zwölf Hindernissen, und die vorgegebene Maximalzeit soll ein ruhiges Reiten erlauben. Manchmal wird bei einem Hindernis die Gangart vorgeschrieben, und so lohnt sich das aufmerksame Zuhören an der Parcoursbesichtigung. Die meisten Gymkhanas werden heute nach Wertung B gerichtet, womit die Summe der erreichten Punkte zählt und die effektive Reitzeit nur bei Punktegleichheit zum Tragen kommt in der Rangliste.

Bei der Wertung A hingegen erhalten die Reiter Strafzuschläge in Sekunden, wenn sie ein Hindernis nicht korrekt bewältigen und für die Klassierung zählt schliesslich nur die Zeit und keine Hindernispunkte. Der Parcours sollte derart gestaltet sein, dass es in jeder Stufe eine faire Herausforderung für Tier und Mensch ist. Auch die jüngsten Reiter haben eine Startmöglichkeit, nämlich in der Führzügelklasse, wo sie von einer erwachsenen Person an einem Sicherungsseil begleitet werden. Das Kind auf dem Pony löst die Gymkhana-Aufgaben möglichst selbstständig und wird von der Begleitperson am Strick gesichert.

Gymnastik und Vertrauen
Der Gymkhana-Reiter weiss nie genau, was ihn am nächsten Turnier erwartet, da die Hindernisse auf immer wieder neue Art und Weise gebaut werden können und der Fantasie kaum Grenzen gesetzt sind. Dominierten in den Anfangszeiten noch oftmals Glücks- und Treffspiele mit Hufeisen oder Bällen, entstanden durch innovative und ideenreiche Parcoursbauer immer mehr anspruchsvolle Aufgaben für Pferd und Reiter. Diese haben den Schwerpunkt im Teamwork zwischen Pferd und Reiter und erfordern ein gymnastiziertes und gut an den Hilfen stehendes Pferd.

Ein überlegtes Angehen der Hindernisse, sinnvolles Einsetzen der Gangarten und eine ruhige Hand führen zur erfolgreichen Parcoursbewältigung. Es kann vorkommen, dass ein Pferd einen zügigen Trab zwischen zwei weiter entfernten Hindernissen hinlegen soll, um dann punktegenau für mehrere Sekunden absolut ruhig dazustehen, während sein Reiter etwas erledigt. Ein gelassenes, mitarbeitendes Pferd ist also gefordert, welches sich auch bei neuen Situationen nicht aus der Ruhe bringen lässt und seinem Reiter vertraut. Am Ende soll nicht nur der Rang zählen, sondern vor allem die Freude daran, was gemeinsam erreicht wurde.

Karin Rohrer

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