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Dossier: Veterinärmedizin

Herpes-Ausbruch am CSI Valencia (ESP): Turnierstopp der FEI und Massnahmen in der Schweiz

02 März 2021 11:35

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Vor gut einer Woche informierte der Weltreiterverband (FEI), dass sich am CSI von Valencia (ESP) zahlreiche Pferde mit dem Equinen Herpesvirus des Typs 1 (EHV-1) infiziert haben. Noch heute befinden sich über 100 Pferde in Isolation auf dem Turniergelände, andere sind abgereist, wurden von der FEI aber für weitere Teilnahmen an internationalen Turnieren gesperrt. Zudem hat die FEI gestern Abend entschieden, alle internationalen Turniere in Europa bis am 28. März 2021 abzusagen. Diese Entscheidung betrifft alle FEI-Disziplinen. Einzig die Springturnierserien auf der iberischen Halbinsel und in Italien dürfen unter strengen Sicherheitsvorkehrungen fortgesetzt werden, jedoch nur, solange kein EHV-1-Fall auftritt und keine neuen Pferde auf das Turniergelände gelassen werden. Auch von nationalen Turnieren in der Schweiz werden die betroffenen Pferde ausgeschlossen. Ausserdem empfiehlt die Veterinärkommission des SVPS, diese potenziell infizierten Pferde zu isolieren.

Seit Jahrzehnten gab es in Europa keinen so heftigen EHV-Ausbruch mehr. Leider sind über das Wochenende vier Pferde in Valencia verstorben. Von den auf dem Turniergelände isolierten Pferden zeigen 84 klinische Symptome und 11 werden in auswärtigen Kliniken behandelt. Gemäss Angaben der FEI ist die Lage ernst, aber unter Kontrolle. Pferde, die sich mit EHV-1 angesteckt haben, entwickeln Fieber und Atemwegsprobleme. In seltenen schwerwiegenden Fällen – wie sie leider auch in Valencia zu beobachten sind – schlägt die Viruserkrankung auf das Nervensystem und führt unter anderem zu Störungen der Bewegungskoordination und zu Lähmungserscheinungen. Der SVPS steht in Kontakt mit der FEI, dem Europäischen Pferdesportverband (EEF) sowie dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), um den aktuellen EHV-Ausbruch in Schranken zu halten.

 

Zurück aus Valencia oder von anderen internationalen Turnieren

Manche Pferde, die am Springturnier in Valencia teilnahmen, konnten inzwischen die Heimreise antreten – so auch mehrere Schweizer Pferde. Aufgrund der Inkubationszeit von 6–10 Tagen müssen diese Tiere jedoch weiterhin streng überwacht werden. Zudem werden sie vom SVPS von der Teilnahme an nationalen Turnieren ausgeschlossen – sofern es solche gibt – bis sie negativ auf EHV-1 getestet wurden.

Die wichtigste Massnahme zur Unterbrechung der Ansteckungen ist die Isolation der Pferde und die Überwachung des Gesundheitszustands. Dabei wird empfohlen, den Pferden zweimal täglich die rektale Körpertemperatur zu messen (Temperaturen über 38,2 °C gelten als Fieber). Wenn mehrere Pferde eines Stalles gemeinsam auf einem Turnier waren, können diese Pferde als eine Gruppe isoliert gehalten werden. Zeigt ein Pferd Anzeichen von schlechter Fresslust, Nasenausfluss, Mattigkeit oder Fieber, sollte ein Tierarzt beigezogen werden. Es sollten in dieser Zeit keine neuen Pferde im Stall aufgenommen werden oder den Stall verlassen – es sei denn für eine Überweisung in eine Klinik.

Die Veterinärkommission des SVPS und der Disziplintierarzt Springen stehen in Kontakt mit den betroffenen Reiterinnen und Reitern sowie ihren privaten Tierärzten, um die Situation im Auge zu behalten.

Alle Pferde, die von internationalen Springturnieren (z. B. Vejer de la Frontera, Oliva, Gorla Minore usw.) zurück in die Schweiz kommen, müssen nun einer erhöhten Kontrolle unterstellt werden mit einer Isolation und Gesundheitskontrolle wie oben beschrieben. Es empfiehlt sich eine enge Zusammenarbeit mit dem Privattierarzt.

 

FEI-Turnierstopp in Europa

Die FEI hat gestern Abend entschieden, alle Turniere bis am 28. März 2021 abzusagen. Dies betrifft Veranstaltungen in folgenden Ländern: Frankreich, Spanien, Portugal, Belgien, Italien, Österreich, Polen, Holland, Deutschland und der Slowakei. Um zu verhindern, dass eine grosse Anzahl von Pferden gleichzeitig die seit einigen Wochen laufenden Springtouren in Spanien und Italien verlässt, werden diese speziellen Touren als einzelne «Blasen» unter speziellen Bedingung fortgesetzt. Es werden keine neuen Pferde an diesen Austragungsorten zugelassen und es dürfen keine positiven EHV-1-Fälle bestätigt werden. Die Springturniere unterliegen strengen Gesundheitsmassnahmen und es sind zusätzliche FEI Veterinary Delegates auf Platz.

 

Hinweise zur Impfung

Obwohl generell empfohlen wird, insbesondere sportaktive Pferde gegen EHV zu impfen, wäre eine Impfung zum jetzigen Zeitpunkt zu kurzfristig, um einer Infektion im Rahmen des momentanen Ausbruchs vorzubeugen. Ein Impfschutz besteht erst nach einer Grundimmunisierung über zwei Impfungen im Abstand von 3 bis 8 Wochen und muss mit 6-monatigen Boostern aufrechterhalten werden. Ausserdem besteht auch nach einer korrekten Impfung keine vollständige Immunität.

Dennoch sollte ausserhalb eines aktuellen Ausbruchs in Zuchtbetrieben und gefährdeten Betrieben (mit vielen Turnierpferden, Neuzugängen) wenn immer möglich der gesamte Bestand durchgeimpft werden, um eine gewisse Herdenimmunität zu erreichen.

 

Marco Bryner
Präsident der Veterinärkommission

Kontakt

Marco Bryner, Präsident Veterinärkommission SVPS
E-Mail: marco.bryner@bluewin.ch, Tel.: 079 327 45 17

Equines Herpesvirus

Es gibt verschiedene Typen des Equinen Herpesvirus (EHV), wobei insbesondere die Typen 1 und 4 zu unter Umständen schweren ansteckenden Erkrankungen führen können. Eine Infektion erfolgt direkt durch den Kontakt unter Pferden oder indirekt über verunreinigte Futtergeschirre, Tränkeeimer sowie seltener über die Kleidung oder die Hände usw. Bei Husten können die Erreger in einem Umkreis von bis zu 5 Metern verbreitet werden. Der Erreger kann in der Umwelt unter idealen Bedingungen bis zu vier Wochen überleben, normalerweise jedoch rund 7 Tage. Pferdetransporter und Ställe, die von (potenziell) erkrankten Pferden genutzt wurden, sind zwingend zu desinfizieren, bevor ein weiteres Pferd sie verwendet.

Die Erregerausscheidung erfolgt über die Sekrete der Maul- und Nasenschleimhaut bzw. durch die Fruchthüllen bei Abort; sie beginnt erst nach Auftreten der ersten klinischen Symptome. Pferde können nach der Abheilung der klinischen Symptome immer noch Träger und Ausscheider bleiben.

Die Inkubationszeit, d. h. der Zeitraum von der Ansteckung bis zum Krankheitsausbruch, beträgt 6–10 Tage. Erkrankte Pferde zeigen Fieber und Atemwegsbeschwerden oder auch neurologische Ausfälle sowie Abort bei trächtigen Stuten.

EHV ist nicht meldepflichtig gemäss Tierseuchengesetz, dennoch wird eine Meldung bei der Melde- und Informationsplattform für die Früherkennung von Pferdekrankheiten (Equinella) im Sinne der Transparenz und des Gesundheitsmanagements der Schweizer Pferdepopulation empfohlen.

EHV verursacht eine Infektion der oberen Atemwege mit Fieber (bis 41 °C), geschwächtem Allgemeinzustand, Appetitlosigkeit, Schluckbeschwerden, Augen- und/oder Nasenausfluss, evtl. Husten. In der Regel kommt es zu einer raschen Selbstheilung. In einigen Fällen kommt es nach dem Befall der Atemwege jedoch zu einer Ausbreitung des Virus durch die Blutbahn im Körper und zu weiteren Verlaufsformen wie Abort im letzten Trächtigkeitsdrittel oder der Geburt eines lebensschwachen Fohlens sowie neurologischen Symptomen mit schwankendem Gang, Störungen der Bewegungskoordination (Ataxie), Gliedmassenlähmungen, Blasenlähmung, Afterlähmung, Schweiflähmung oder Bewusstseinsveränderungen.

EHV-Erkrankungen sind sehr ernst zu nehmen und können sich seuchenhaft in Betrieben und Regionen ausbreiten. Im Verdachtsfall ist immer ein Tierarzt beizuziehen, und die (potenziell) infizierten Pferde müssen isoliert werden.

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