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Höhere Berufsbildung in der Pferdebranche

13 Februar 2023 09:00

«Mach eine vernünftige Ausbildung! Und nein, damit ist nicht Pferdepfleger oder Bereiterin gemeint!» Welche pferdeverrückte Jugendliche hat diese oder ähnliche Sätze nie von ihren Eltern gehört? Wohl keine. Doch auch in der Pferdebranche haben sich die Berufe gewandelt. Es gibt interessante Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten.

Der Bund zahlt den frischgebackenen Spezialisten der Pferdebranche nach erfolgreicher Abschlussprüfung 50% der Lehrgangskosten zurück. | © Nicole Basieux Der Bund zahlt den frischgebackenen Spezialisten der Pferdebranche nach erfolgreicher Abschlussprüfung 50% der Lehrgangskosten zurück. | © Nicole Basieux

Die Argumente besorgter Eltern, es gäbe keine Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, greifen wohl heute bei Berufen der Pferdebranche so nicht mehr. Wer sich nämlich für eine Grundbildung zur Pferdefachperson mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) entscheidet, hat sehr wohl die Option, sich weiterzubilden. Und zwar, indem er eine höhere Berufsbildung zum Spezialisten der Pferdebranche anstrebt. Diese berufliche Weiterbildung zählt als Abschluss einer Fachhochschule und löst den früheren Bereiter mit Berufsprüfung ab. Man kann bei der Weiterbildung zum Spezialisten der Pferdebranche eine der fünf folgenden Fachrichtungen wählen: Klassisches Reiten, Betreuung & Dienstleistung, Gespannfahren, Western/Gangpferde sowie Pferderennsport - wobei die Ausbildung der Fachrichtung Pferderennsport noch nie stattgefunden hat.

 

Diverse Kompetenzen neben dem Pferd

«Dieser Lehrgang zur Spezialistin der Pferdebranche ist gerade für Berufsleute, die nach der Grundbildung in der Branche bleiben und sich selbstständig machen wollen, sehr interessant», erklärt Patrick Rüegg. Er ist der Koordinator der höheren Berufsbildung Pferde am Inforama und unterrichtet in der Grundbildung wie auch in der höheren Berufsbildung. Denn die Spezialisten der Pferdebranche brauchen nicht nur das ganze theoretische und praktische Wissen und Können rund um die Pferde, sondern müssen auch einen Betrieb von A bis Z führen können. Somit tun sie gut daran, sich Kompetenzen neben dem Pferd in den diversen interdisziplinären Bereichen wie Betriebswirtschaft, Marketing, Kommunikation und Personalführung anzueignen. Neben gestandenen Berufsleuten soll so auch aktiven und erfolgreichen Sportreiterinnen, die eine Grundbildung in einer anderen Branche absolviert haben, ein EFZ sowie der weiterführende FH-Abschluss ermöglicht werden

Die Lehrgangsteilnehmerinnen lernen diverse Fähigkeiten und Kompetenzen auf und neben dem Pferd in Theorie und Praxis. | © Nicole Basieux Die Lehrgangsteilnehmerinnen lernen diverse Fähigkeiten und Kompetenzen auf und neben dem Pferd in Theorie und Praxis. | © Nicole Basieux

Quereinsteigen möglich

Nicht selten nehmen auch Quereinsteiger erst die Grundbildung und dann die Weiterbildung zum Spezialisten der Pferdebranche auf sich. Wichtig für diese ist, dass sie mindestens fünf Jahre Berufserfahrung vorweisen können, zum Beispiel als Vereinstrainer. Denn so kann beim Kanton, in dem beispielsweise der künftige eigene Reit- oder Pensionsstall steht, ein Gesuch für die Lehrabschlussprüfung gestellt werden.

Die Weiterbildung der höheren Berufsbildung dauert etwa ein bis eineinhalb Jahre und ist in Module aufgeteilt. Module, die in allen Fachrichtungen unterrichtet werden, sind sogenannte Querschnittsmodule. Darunter fallen unter anderem diverse KMU-Kompetenzen, Buchhaltung, Methodik und Didaktik, Pferdehaltung und -pflege, operative Leitung, Hippologie, Ethik und Trainingslehre. In jeder Fachrichtung gibt es dann spezialisierte Module, die Fachmodule. Bei der Fachrichtung Klassisches Reiten sind dies Fächer wie Dressur, Springen, Concours Complet, Jungpferdeausbildung und Unterrichten.

 

Schwerpunkt Service und Dienstleistung

Die Fachrichtung Betreuung und Dienstleistung richtet sich vor allem an Personen, die eine Grundbildung in der Pferdepflege gemacht haben und für sich selbst im Sattel keine grossen Ambitionen haben, die jedoch sehr wohl gut unterrichten und einen Betrieb führen können. Module in dieser Fachrichtung sind zum Beispiel Management eines Pensions- oder Ausbildungsstalls, Ethologie, Pferdezucht und -haltung, Basis der Reittechniken, Ausbildungskonzepte erstellen, Kinderunterricht, Gymkhana sowie Biomechanik von Pferd und Reiter.

 

Jedes Modul wird geprüft

Die Querschnittsmodule werden theoretisch geprüft, und ein Dienstleistungsprojekt wird in einem Dossier zusammengefasst und einem Expertenteam vorgestellt. Die Fachmodule werden immer theoretisch und praktisch geprüft. Beispiel der Fachrichtung Klassisches Reiten: Es wird im Fachmodul Springen ein Parcours der Höhe 115 cm gesprungen. Beurteilt werden Stil, Einwirkung und Fachkompetenz. Auch wird evaluiert, wie die Prüfungsperson mit Korrekturen umgeht und wie sie mit dem eigenen Pferd wie mit dem zugelosten Fremdpferd die Aufgaben meistert.

Zeit- und kostenintensiv

Der Lehrgang zur Spezialistin der Pferdebranche ist ziemlich zeitintensiv, und auch die Kosten sind relativ hoch. Daher wird vom Inforama als Ausbildungsanbieter auch eine Zahlung in sechs Raten à 2033 Franken vorgeschlagen. Total kostet die Weiterbildung somit rund 12 200 Franken, wobei in diesem Preis alles inbegriffen ist - abgesehen von allfälligen Wiederholungsprüfungen. «Uns ist schon bewusst, dass die Summe relativ hoch ist. Der Bund zahlt jedoch nach bestandener Abschlussprüfung 50% der Lehrgangskosten zurück», erklärt Rüegg. Weitere Vorzüge seien, dass diese Weiterbildung in ziemlich kurzer Zeit abgeschlossen werden könne. In anderen Branchen dauerten ähnliche Kurse bis zu drei Jahren. Und gerade auch für Sportreiterinnen würde sich diese Fortbildung eignen, da die Kurse jeweils montags und auch online stattfänden. «Alles in allem kann jede und jeder durch diesen Lehrgang enorm viel lernen und seine eigene Persönlichkeit weiterentwickeln», unterstreicht der Dozent.

Wer sich für die zertifizierte Weiterbildung zur Spezialistin der Pferdebranche interessiert, muss nicht mehr lange warten. Im August 2023 startet der nächste Lehrgang. Noch ist offen, welche Fachrichtigen durchgeführt werden: entweder Gangpferde und Western kombiniert oder Klassisches Reiten und Betreuung & Dienstleistung.

Nicole Basieux

In der Fachrichtung Klassisches Reiten gehören die Ausbildung und das Einspringen junger oder unerfahrener Pferde über Geländehindernisse dazu. | © Nicole Basieux In der Fachrichtung Klassisches Reiten gehören die Ausbildung und das Einspringen junger oder unerfahrener Pferde über Geländehindernisse dazu. | © Nicole Basieux

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