Von Militäruniformen, Reitkostümen und -kleidern aus dem Mittelalter über die Hosenrevolution bei den Damen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis hin zu funktioneller Sportbekleidung, wie sie heute wohl ein jeder Pferdesportler trägt. Eine kleine Zeitreise - bis zur voraussichtlichen Verbannung des Zylinders aus dem Dressurviereck.
Es ist noch gar nicht so lange her, da war die Turniermode gerade im Dressur- und Springsport weniger bunt. Schlicht bis sehr schlicht und klassisch gehalten, waren die Reithosen weiss, Reitstiefel schwarz, die Hemden und Krawatten weiss und die Reitjacken schwarz oder rot. Trotz den im Vergleich eher umständlichen Reitkleidern und langen Röcken ritten die Damen den Herren im Verlauf des 20. Jahrhunderts immer häufiger um die Ohren. Doch gehen wir noch etwas weiter zurück in die Vergangenheit.
Sehr lange und seit dem Mittelalter diente die Alltagskleidung als Reitkleidung. In der Zeit der englisch-französischen Kriege übernahm der Staat Burgund von Frankreich die Mode - denn hier gab es feinste Leinengewebe, Fabriken von Seiden- und Samtstoffen und kostbarstem Goldbrokat.
Flatternde Röcke
Im 16. Jahrhundert prägte Katharina von Medici - sie entstammte der einflussreichen florentinischen Familie der Medici - den seitlichen Damenreitsitz, in dem sie ihre Füsse nicht mehr auf ein Brettchen abstellte, sondern das rechte Bein über ein Sattelhorn schlug. Da der Rock so flatterte, ritt sie in knielangen samtenen oder wildledernen Unterhosen. Frauen der oberen Gesellschaftsschichten stellten sich besonders im 17. Jahrhundert im höfischen Gewand der Zeit beim Reiten zur Schau.
Renée Schwarzenbach Wille im Jahr 1927: Mode und Damensattel hielten die Amazone nicht von waghalsigen Sprüngen ab. | © Schweizer Kavallerist
Erstmalige Sportbekleidung
Erst ein Jahrhundert später etablierte sich das Reiten zu einer Art Zeitvertreib und so kam für die Damen eine dafür vorgesehene Reitbekleidung, das Amazonenkleid, auf. Dies war dann auch die erste Sportbekleidung, eine per Definition Zweckkleidung. Für die Zeit am Anfang des 19. Jahrhunderts typisch waren Reitkostüme mit fallenden Schultern und einer langen schmalen Taille. Stehkragen und ein langer Rock gehörten ebenfalls zum damaligen Outfit, und unter dem Rock trug man Breeches - halblange, an den Oberschenkeln weite, von den Knien abwärts eng gearbeitete Reithosen - und Stiefel.
Nach 1850 bis Anfang des 20. Jahrhunderts trugen Frauen den Reitrock. Dieser reichte auf der linken Seite bis zu den Sporen und war rechts wesentlich länger. Zum Gehen wurde der Rock praktischerweise hochgeknöpft, darunter befand sich ein langes Beinkleid mit Steg oder eine Kniehose mit Gamaschen. Im Stil des Herrenhemdes trug die Frau eine Bluse mit Plastron oder Krawatte. Auf dem Kopf trug sie einen Zylinder, an den Füssen Schnürstiefeletten mit einem kleinen Absatz.
Sicherheit geht vor
Kurz darauf kam der lange, weite Hosenrock. Dieser war 1909 als Sicherheitsbekleidung in London aufgekommen. Der Schritt zum Tragen einer Hose beim Reiten war für die Frauen anschliessend kein grosser mehr.
Militäruniformen für Herren
Die Herrenreitmode war schon von jeher vom Militär geprägt, und Uniformen waren gang und gäbe. In den olympischen Disziplinen dominierten - abgesehen von der Geländeprüfung in der Vielseitigkeit, bei der die Reiterinnen und Reiter bunter gekleidet waren - bis Ende der 1990er-Jahre weisse Hemden mit weissen Krawatten, schwarze oder rote Reitjacken, weisse Hosen und schwarze Stiefel. Doch bereits in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben sich Stoffe - von Wolle zu elastischen Stoffen - und Schnitte - von Ballonhosen zu den heutigen eng anliegenden Reitleggins - relativ stark verändert.
Vorliebe für Eleganz und Stil
Seit 1998 und den im Kasten beschriebenen Vorfällen mit anschliessender Reglementsanpassung (1998 - Nur weisse Hemden? Oder auch farbige?) ist die Mode auf den Turnierplätzen wesentlich farbiger und vielfältiger geworden. Trotzdem lässt sich vor allem in den oberen Leistungskategorien eine gewisse Vorliebe für klassische und schlichte sowie heutzutage unbedingt auch funktionelle Sportkleidung erkennen.
Bevorstehende Verbannung des Zylinders?
Grosse Diskussionen gibt es aktuell zum Thema Kopfbekleidung im internationalen Dressursport. Denn der internationale Verband für Pferdesport, die FEI, hat bereits im vergangenen Jahr eine Reglementsänderung auf den Tisch gebracht. Und zwar sollen in allen Dressurprüfungen nur noch Reithelme erlaubt sein - der elegante und stilsichere Zylinder soll ab dem 1. Januar 2021 ausgedient haben. Das geht gerade den grossen Dressurnationen unter anderem auch aus traditionellen und ästhetischen Gründen gegen den Strich, und 75 Reiter und Reiterinnen der besten 100 der Weltrangliste haben eine entsprechende Petition unterschrieben. Diese will die Wahl zwischen Reithelm und Zylinder beibehalten. Aus Sicherheitsgründen scheint das Tragen eines Reithelms jedoch allemal sinnvoll zu sein - in der Disziplin Reining ist dies bereits Vorschrift. Damit der Stetson dann aber stilgerecht doch aufgesetzt werden kann, gibt es Kombinationslösungen, bei denen nur noch der Kinnriemen die Präsenz eines Helms verrät.
Nicole Basieux
Ab Ende der 1980er-Jahre verschwanden die Uniformen bei den Herren immer mehr von den Reitplätzen. Hier das Bronze-Team der Dressur-EM in Bad Mondorf (LUX) 1989: Ulrich Lehmann, Samuel Schatzmann, Daniel Ramseier und Otto Hofer (v. l. n. r.) | © Werner Ernst