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Pferdischer Beitrag zu mehr Biodiversität

01 November 2021 09:00

Den Artenreichtum von Tier- und Pflanzenwelt zu fördern, ist ein wichtiges Anliegen. Auch im und um den Pferdestall gibt es dazu zahlreiche Möglichkeiten.

Vor rund fünf Jahren begann Fabienne Meier mit der Planung eines Paddock Trails auf dem Landwirtschaftsbetrieb, den sie gemeinsam mit ihrem Lebenspartner bewirtschaftet. Ziel war, ein artgerechtes und naturnahes Haltungssystem zu konzipieren. Bald stellte sich die Frage nach passenden Begrünungselementen, und die Herstellung von pferdegerechtem Heu aus einer artenreichen Wiese nahm ihren Anfang. Für die Pferde- und Naturliebhaberin war dies der Auslöser, sich vertieft mit biodiversitätsfördernder Pferdehaltung zu beschäftigen und ihr Wissen über das Beratungsbüro Faunadea weiterzugeben. Hier verrät sie einige Tipps, wie jeder Pferdestall mit einfach umzusetzenden und kostengünstigen Mitteln ökologisch aufgewertet werden kann.

Im Herbst bieten Hagebutten einen farbigen Knabberspass. (Foto: Imago) Im Herbst bieten Hagebutten einen farbigen Knabberspass. (Foto: Imago)

Herbstliche Anregungen

Wurde analysiert, für welche Tiere und Pflanzen beim heimischen Stall Lebensraum geschaffen werden soll, kann es losgehen. Der Herbst ist eine ideale Jahreszeit für die Schaffung von Naturnischen.

Wildpflanzen bieten Lebensraum und Nahrung für unzählige Tiere (Insekten, Vögel, Schnecken, Kleinsäuger usw.). Sie können in einem Beet, Töpfen oder auf einer abgetrennten Stelle der Weide gezogen werden. Eine Wildpflanzenecke muss im Frühjahr angelegt werden. Im Herbst und Winter kann sie jedoch auch wichtige Dienste leisten. Lässt man die Pflanzen stehen, bieten die hohlen Stängel Überwinterungsmöglichkeiten für Insekten. Wichtig ist, für Pferde ungiftige Arten wachsen zu lassen.

Hecken und Büsche sind bedeutende Lebensräume, da sie es Tieren ermöglichen, lebensfeindliche Landschaften zu durchqueren. Im Herbst bieten ihre Früchte für Vögel schmackhafte Nahrung und im Falle der Hagebutten auch eine gesunde Ergänzung auf dem Speiseplan von Pferden. Der Herbst ist die ideale Zeit, um Heckensträucher, beispielsweise als Umfriedung eines Reitplatzes, zu pflanzen. Mehrere kleine Heckengruppen mit Buchten sind ökologisch wertvoller als ununterbrochene. Auch hier sollte man auf Arten setzen, die für Pferde gut verträglich sind, wie etwa Weiden.

Asthaufen können aus Totholz von Bäumen und Sträuchern aufgeschichtet werden. Sie bieten vielen kleinen Tieren einen Rückzugsort. Igel verbringen in diesen Haufen gerne ihren Winterschlaf. Es ist auch möglich, eine längliche Hecke zum Sichtschutz anzulegen. Zu beachten ist, dass jeweils feines und sperriges Material abwechslungsweise aufgeschichtet werden sollte.

Steinhaufen sind wertvolle Kleinstrukturen, vor allem, wenn verschiedene Materialien wie Kies, Sand, Bollensteine und Wurzelstöcke darin verbaut werden. Der Herbst ist die ideale Zeit, dieses Strukturelement anzulegen, da hier zahlreiche Arten wie Insekten oder Reptilien überwintern können. Sie sollten an einem möglichst niederschlagsgeschützten Ort und auf durchlässigem Boden errichtet werden, damit sie bei Regen nicht geflutet werden.

Blätter, die im Herbst von den Bäumen fallen, müssen nicht zwingend mit einem lärmigen Laubbläser entfernt werden. Ein Laubhaufen ist bei vielen Tieren beliebt, um es sich darin für den Winterschlaf bequem zu machen.

Der Bereich, wo diese Naturnischen erstellt werden, sollte für Pferde nicht betretbar sein, ansonsten kann die Winterruhe ein abruptes Ende nehmen.

Laubhaufen bieten Igeln ein Überwinterungsquartier.
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<br />Les tas de feuilles fournissent aux hérissons des quartiers d’hivernage. Laubhaufen bieten Igeln ein Überwinterungsquartier. (Foto: Muriel Willi)

Sinnvolle Herangehensweise

Vorab gilt es, einige grundsätzliche Ratschläge zu beachten. Die geografische Lage des Stalls und die vorhandenen ökologischen Gegebenheiten müssen berücksichtigt werden. Dies heisst, herauszufinden, welche Tiere und Pflanzen vor Ort heimisch und/oder gefährdet sind. Denn deutlich sinnvoller, als exotische Blumen in ein fremdes Ökosystem zu verpflanzen, ist es, lokalen Blumen und Kräutern Raum zu geben. Und beispielsweise der Unterschlupf für den Feuersalamander wird nur genutzt, wenn diese Amphibienart in der Umgebung angesiedelt ist und auch Nahrungsquellen findet.

Zu Beginn ergibt es Sinn, sich auf eine spezifische Thematik zu beschränken. Möchte man ein Wildblumenbeet anlegen oder Überwinterungsplätze für Igel bereitstellen? Packt man zu viele Projekte gleichzeitig an, ist die Gefahr gross, sich zu verzetteln.

Bei umfangreicheren Umgestaltungsprojekten ist es ratsam, Fachleute - etwa lokale Ökobüros - beratend beizuziehen. Soll das Fütterungs- oder Weidemanagement umgestellt werden, müssen die begleitenden Fachstellen über das nötige Pferdewissen verfügen.

Ein länglicher Asthaufen bietet guten Sichtschutz.
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<br />Un tas de branches allongé offre une bonne protection visuelle. Ein länglicher Asthaufen bietet guten Sichtschutz. (Foto: Muriel Willi)

Naturbewusste Fütterung und Einstreu

Von der Suche nach dem optimalen Heu kann so manche Pferdebesitzerin und wohl jeder Stallbetreiber ein Lied singen. Möchte man auch bei der Fütterung auf die Förderung eines artenreichen Lebensraums achtgeben, stellt sich die Frage, ob Ökoheu bedenkenlos an Pferde verfüttert werden kann. Da der Zuckergehalt von Ökoheu durch den späten Schnitt und die Gräserarten tendenziell tief ist, wäre es für Pferde optimal, meint Fabienne Meier. Allerdings trifft man bei solchen Grasflächen oft auf das Problem der Verpilzung, da gerade in der Talzone nach wie vor viele Naturwiesen dicht bewachsen sind. Nur wenn man die Fläche kennt und beurteilen kann, ob Lage sowie Gräser- und Kräuterzusammensetzung optimal und keine Giftpflanzen enthalten sind, kann Ökoheu bedenkenlos verfüttert werden. Zur Absicherung ist eine Laboranalyse ratsam.

Ein Beitrag zum Naturschutz kann auch geleistet werden mit Stroh, das möglichst nicht mit Pestiziden behandelt wurde und keinen langen Transportweg hinter sich hat.

Dies gilt auch für das Kraftfutter. Für eine gute Ökobilanz empfiehlt es sich, lokale Bioproduzenten und Mühlen zu berücksichtigen.

Bei der Einstreu wird die Auswahl stets grösser. Um hier die funktionalste und zugleich naturfreundlichste Lösung zu finden, gilt es einmal mehr, die individuellen Gegebenheiten des Stalls zu beachten. Grundsätzliche Tipps, wie auf die Ökobilanz Rücksicht genommen werden kann, hat Fabienne Meier dennoch. Optimal ist es, wenn mit der Einstreu die Kreislaufwirtschaft unterstützt werden kann. Das heisst, wenn sie einen naturschonenden Dünger abgibt. Auch hier sollten inländische Produkte bevorzugt werden.

Jungpflanzen sollten vor Verbiss geschützt werden.
<br />Les jeunes plants doivent être protégés des abroutissements. Jungpflanzen sollten vor Verbiss geschützt werden. (Foto: Muriel Willi)

Wege zur artenreichen Weide

Eine ebenso grosse Herausforderung wie die Suche nach der optimalen Heuqualität stellt das Weidemanagement dar. Eine extensive und damit naturschonende und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung von Pferdeweiden ist in der Schweiz mit ihrem begrenzten Platzangebot oft schwierig umzusetzen. Dies ist auch den Saatgutherstellern bewusst, weshalb hierzulande fast ausschliesslich Saatmischungen für intensiv genutzte Pferdeweiden im Angebot sind. Aber es gibt auch Samen zum Anlegen einer arten- und kräuterreichen Wiese, wie Fabienne Meier sie empfiehlt. Besteht keine Möglichkeit, auf ein extensives Weidemanagement umzustellen, kann bereits eine kleine Blumenecke auf einem eingezäunten Teil der Weide einen Beitrag zu mehr Biodiversität leisten. Pflanzenziegel bieten eine unkomplizierte Möglichkeit, um Blüteninseln in einer Wiese anzulegen. Soll die gesamte Weidefläche auf eine extensive Bewirtschaftung umgestellt werden, ist Geduld gefragt und das Beiziehen von Fachleuten ratsam.

Anschauungsmöglichkeiten für die praktische Umsetzung dieser Tipps und Inspiration für eine Pferdehaltung im Einklang mit der Natur finden sich beim Paddock Trail im thurgauischen Gunterswilen (www.paddock-trail-gunterswilen.ch) oder im Berner Seeland bei der Pferdepension Waltwil von Fabienne Meier (https://waltwil4.ch).

Muriel Willi

Wildbienen nutzen geschnittene dürre Äste als Winterquartier.
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<br />Les abeilles sauvages utilisent les tiges mortes coupées comme quartier d’hivernage. Wildbienen nutzen geschnittene dürre Äste als Winterquartier. (Foto: Imago)

Brombeerpflege – zur Förderung der Wildbienen

Mit der Brombeerpflege lässt sich auf einfache Art das Fördern von bestimmten Wildbienenarten verbinden. Nach der Ernte der Brombeeren werden die alten, abgetragenen Ruten in rund 80 cm lange Stücke geschnitten. Die Brombeerstängel enthalten Pflanzenmark und werden zum Beispiel von Keulhornbienen ausgehöhlt und dienen so als Überwinterungsort und Nistplatz.

So wirds gemacht:

– sonnigen Standort auswählen,
– dürre Brombeerstängel oben anschneiden, sodass das Mark frei wird,
– zu einem Strauss mit 3 bis 5 Stücken binden,
– aufrecht an einem Pfosten/Gartenzaun/Balkongeländer befestigen.

Weitere markhaltige Pflanzenstängel sind: Königskerze, Eselsdistel, Beifuss, Himbeeren, Weinreben und Holunder.

Weitere Informationen können Sie hier im Radiobeitrag nachhören.

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