Zur Förderung der Tierzucht in der Schweiz erhalten anerkannte Zuchtorganisationen Bundesgelder, um die Kosten für die Herdebuchführung und die Durchführung von Leistungsprüfungen zu senken. Der Haken daran: Viele kleinere Zuchtorganisationen erreichen die Eintrittsschwelle für die Beitragsberechtigung nicht und gehen leer aus.
Gesunde Fohlen sind der Stolz der Züchterinnen und Züchter und der Lohn für ihre Mühen. (Foto: A.Heimgartner)
Übermütig springen die langbeinigen Fohlen über die Weide, fordern ihre Kameraden zum Spiel auf und suchen immer wieder die Nähe ihrer Mütter, um sich auszuruhen und neue Kraft zu tanken. Stundenlang könnte man dieser Idylle zusehen, die die Herzen aller Pferdefreunde höherschlagen lässt. Für diese Momente leben die Züchterinnen und Züchter, die nach den bangen Monaten der Trächtigkeit froh sind, ihre wertvollen Zuchtstuten mit munteren Fohlen an der Seite auf die saftigen Wiesen entlassen zu dürfen. Doch die Pferdezucht in der Schweiz ist längst kein einträgliches Geschäftsmodell mehr, sondern wird meist nur noch als Hobby betrieben. Dennoch werden von den Zuchtorganisationen professionelle Dienstleistungen erwartet, die sie aufgrund der beschränkten Mittel und kleinen Verbandsstrukturen oftmals kaum stemmen können.
Bunte Schweizer Zuchtlandschaft
Beim Bundesamt für Landwirtschaft, das für die Pferdezucht zuständig ist, sind heute 15 anerkannte Pferdezuchtorganisationen registriert. Ihnen ist es zu verdanken, dass die Pferdesportlerinnen und Pferdesportler in der Schweiz aus einer so breiten Rassenpalette ihr Wunschpferd auswählen können. Dieses farbenprächtige Bild setzt sich jedoch aus teilweise sehr kleinen Mosaiksteinen von Pferdezuchtorganisationen zusammen, die die administrativen Aufgaben und Dienstleistungen, die sie erbringen sollen, kaum in der erwarteten Qualität leisten können.
Bundesgelder keine Bagatelle
Genau hier setzt die Tierzuchtverordnung (TZV) an. Diese besagt in Artikel 14, dass anerkannte Tierzuchtorganisationen mit Beiträgen für die Herdebuchführung und für Leistungsprüfungen sowie mit Geldern zur Erhaltung der Schweizer Rassen und für Forschungsprojekte unterstützt werden. Für die Pferdezucht bedeutet das konkret, dass die einzelnen Zuchtorganisationen insbesondere für jedes identifizierte und im Herdebuch eingetragene Fohlen 400 Franken erhalten. Das klingt erst mal sehr positiv, aber der Teufel steckt im Detail bzw. in Arti-
kel 22 der TZV: Ausbezahlt werden nämlich nur Beiträge, die den Schwellenwert von
50 000 Franken überschreiten - was darunterliegt, gilt als Bagatellbeitrag, die entsprechende Zuchtorganisation nicht als förderungswürdig. Rein rechnerisch bedeutet das beispielsweise, dass ein Zuchtverband, der jährlich weniger als 125 Fohlen in sein Herdebuch eintragen kann, vom Bund kein Geld bekommt.
Diese magische Schwelle der 50 000-Franken-Beitragshöhe überschreiten heute in der Schweiz nur gerade drei anerkannte Pferdezuchtverbände: der Schweizerische Freiberger Zuchtverband (SFV), der Zuchtverband CH-Sportpferde (ZVCH) und der Zuchtverband Cheval Suisse. Alle anderen gehen leer aus, obwohl auch ein Zustupf von weniger als 50 000 Franken für sie keine Bagatelle, sondern eine willkommene Unterstützung wäre.
Gemeinsam stark?!
Diese Regeln gelten nicht nur für die Pferdezucht, sondern beispielsweise auch für Zuchtverbände von Rindvieh, Schweinen, Schafen und Ziegen. Die einzelnen Rassepopulationen sind hier manchmal ebenfalls relativ klein, doch haben die Züchterinnen und Züchter pragmatische Lösungen gefunden, um trotzdem an Bundesgelder zu gelangen: Sie haben Dachorganisationen gebildet, in denen mehrere Rassen vereint sind, die alle dasselbe übergeordnete Zuchtziel verfolgen. So umfasst der Schweizerische Schafzuchtverband zwölf und der Schweizerische Ziegenzuchtverband elf Rassen. Die Zuchtorganisation Mutterkuh Schweiz führt sogar ein Herdebuch für 31 Rassen!
In der Pferdezucht wurde eine solche Lösung vor Jahren schon diskutiert, die Idee der Zusammenlegung von Herdebüchern unter der Schirmherrschaft einer übergeordneten Zuchtorganisation am Ende jedoch verworfen. Zu unterschiedlich waren die einzelnen Interessen und Zuchtziele. Doch die Vorteile einer solchen Lösung sind nicht von der Hand zu weisen - zum einen natürlich, was das erwähnte Anrecht auf Bundesgelder angeht, da die Fohlen der verschiedenen Rassen so kumuliert würden, zum anderen aber auch, um Synergien bei den Dienstleistungen wie der Passausstellung oder dem Marketing zu nutzen. Profitieren würden davon wohl in erster Linie die Züchterinnen und Züchter wenig verbreiteter Rassen, die so auf die Unterstützung eines professionellen Dachverbands zählen könnten, wie auch die Pferdesportlerinnen und Pferdesportler, denen langfristig eine grosse Rassenvielfalt im eigenen Land gesichert wäre.
Cornelia Heimgartner
Leistungsprüfungen sind wichtig, um die Qualität der Sportpferdezucht zu gewährleisten. Auf dem Foto: Rimha des Hauts Monts am Feldtest des ZVCH in Bern. (Foto: K.Stuppia / S.Petrillo)
Mit der zunehmenden Globalisierung fanden immer mehr Rassen aus fernen Ländern, wie z.B. das Quarter Horse, ihren Weg in die Schweiz, wo sie heute auch gezüchtet werden. (Foto: D. Cok)
Zahlreiche Pferdesportler sind Liebhaber einer ganz bestimmten Rasse, z.B. Friesen. Wird diese in der Schweiz nicht gezüchtet, weichen diese Liebhaber nicht auf eine inländische Alternative aus, sondern kaufen das Wunschpferd im Ausland. (Foto: J.Laugesen)