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Professionalisierung des SVPS - Hat das Ehrenamt ausgedient?

21 August 2017 10:05

Es wird immer schwieriger, Ehrenämter zu besetzen und die wachsenden Erwartungen der Mitgliederverbände zu erfüllen. Eine wissenschaftliche Studie analysiert nun erstmals umfassend die Bedürfnisse und Anforderungen und bietet innovative Lösungsansätze für effiziente Verbandsstrukturen.

Beim Schweizerischen Verband für Pferdesport (SVPS) gibt es heute rund 160 Posten in ehrenamtlichen Gremien. Diese ehrenamtlichen Funktionen mit geeigneten Personen zu besetzen, wird immer schwieriger. Diese Tendenz wird nicht nur beim SVPS beobachtet, sondern im Verbandswesen und in der Politik im Allgemeinen. Evelyne Niklaus, Sportmanagerin und stellvertretende Generalsekretärin des SVPS, hat diese Situation wie auch Möglichkeiten der Professionalisierung des Verbandes in einer Masterarbeit an der privaten Hochschule für Wirtschaft PHW Bern wissenschaftlich untersucht. Mit «Professionalisierung» ist jedoch nicht gemeint, dass künftig alle Funktionen im SVPS als Festanstellungen zu besetzen sind, sondern dass die Organisationsstruktur effizienter und zeitgemässer werden soll.

Versammlungen ehrenamtlicher Offizieller finden oft abends oder am Wochenende statt. Trotzdem ist man mit vollem Engagement dabei. Versammlungen ehrenamtlicher Offizieller finden oft abends oder am Wochenende statt. Trotzdem ist man mit vollem Engagement dabei.

Das Ehrenamt als Fundament des Verbands unbestritten

Im Rahmen der Studie befragte Evelyne Niklaus die Ehrenamtlichen des SVPS wie auch die Mitgliederverbände detailliert zu deren Einschätzung der Lage und kam zum Schluss, dass das Ehrenamt an sich nicht infrage gestellt wird. Auch wenn die zeitliche Verfügbarkeit der Ehrenamtlichen teilweise beschränkt ist und die Entscheidungswege daher oft entsprechend länger sind, möchte man nicht auf das Fachwissen und die Erfahrung dieser engagierten Menschen verzichten. Diese sind meist beruflich erfolgreich und würden einer - zwangsläufig schlechter bezahlten - Festanstellung beim SVPS kaum zustimmen. Doch gerade der Zeitfaktor wird immer wieder als Hemmschwelle für ein Ehrenamt angeführt. Wie also können Ehrenamtliche des SVPS und der Mitgliederverbände bei ihrer Tätigkeit entlastet werden?

Die Geschäftsstelle als modernes Dienstleistungszentrum

Auf der Geschäftsstelle des SVPS in Bern arbeiten heute 19 Personen im Anstellungsverhältnis. Sie sollen insbesondere die Gremien des Verbandes, aber auch die Mitgliederverbände administrativ unterstützen. Hier wurde von den befragten Mitgliederverbänden angeregt, dass vermehrt Buchhaltungs- und Sekretariatsarbeiten wie das Führen von Mitgliederverzeichnissen, Übersetzungen, das Organisieren von Versänden sowie Aufgaben in den Bereichen Rechtsfragen, Medienarbeit und Kommunikation zentral beim SVPS erledigt werden könnten, da diese Tätigkeiten bereits hohe Fachkompetenzen erfordern, die im Ehrenamt fast nicht zu bewältigen sind. Schon heute übernimmt die Geschäftsstelle diese Aufgaben für einige Verbände teilweise und könnte diese Dienstleistungen auch weiter entwickeln - allenfalls mit einem Ausbau des festangestellten Personalbestandes. Zwangsläufig stellt sich dann die Frage der Finanzierung dieses Aufwands.

Wer solls bezahlen?

Der SVPS finanziert sich heute weitgehend selbst. 85 Prozent seines Budgets stammen aus Gebühren für Dienstleistungen wie der Eintragung von Pferden im Sportregister oder Brevet- und Lizenzgebühren. Auf Zuschüsse von Swiss Olympic und dem Bundesamt für Sport entfallen 11 Prozent. Die Jahresbeiträge der Mitgliederverbände schlagen mit lediglich 2 Prozent zu Buche, genauso wie die Sponsorengelder. An welcher dieser Stellschrauben man ansetzen muss, um eine Professionalisierung des SVPS zu finanzieren, ist noch offen und müsste intensiv analysiert und diskutiert werden.

Das Mandat als optimale Lösung

Da gewisse Ehrenämter hinsichtlich des zeitlichen Aufwands und des persönlichen Engagements einem Hauptamt sehr nahekommen, wird in der Studie von Evelyne Niklaus das Mandat als Mischform zwischen Festanstellung und Ehrenamt diskutiert. Hierbei handelt es sich um ein vertraglich geregeltes und zeitlich befristetes Auftragsverhältnis, das mit einem Pauschalbetrag entschädigt wird. Schon in der Vergangenheit hat der SVPS diese Form der Zusammenarbeit in einigen Fällen genutzt, gemäss Evelyne Niklaus besteht hier aber noch grosses Ausbaupotenzial.

Auch die im Rahmen der Studie befragten Personen sehen bei den spitzensportnahen Funktionen der olympischen Pferdesport-Disziplinen sowie beim Verbandspräsidium eine Chance zur Professionalisierung des SVPS. Hier sind das erforderliche Engagement und Fachwissen besonders gross, und die langfristige Ausrichtung und Konstanz bei der Besetzung der Funktion von zentraler Bedeutung, um sportlich erfolgreich zu sein. Das Mandatsverhältnis könnte hier Abhilfe schaffen. Angesprochen sind namentlich Posten wie der Chef Sport (Leitungsteam), der Disziplinveterinär (Leitungsteam), der Kaderverantwortliche resp. Equipenchef und der Verantwortliche Wettkampfsport (Vorstand). Sie bewegen sich bei der Ausübung ihrer Verbandstätigkeit im engen Umfeld von Berufsreitern, weshalb von ihnen ein hoher Grad an Professionalismus erwartet wird.

Ehrenamt attraktiver gestalten

Die Studie von Evelyne Niklaus aus dem Jahr 2016 hat eindeutig belegt, dass das Ehrenamt im SVPS wichtig bleibt. Das Ehrenamt muss in Zukunft jedoch attraktiver gestaltet werden, beispielsweise dank Weiterbildungsangeboten in den Bereichen Medienschulung und Interviewtraining oder dem gezielten Aufbau eines Netzwerks - auch über die Grenzen des Verbandes und der Sportart hinaus. Daneben wurden weitere «Benefits» wie beispielsweise das Erlassen von Lizenzgebühren für Ehrenamtsträger oder Einladungen zu internationalen Pferdesportanlässen als Anreize genannt, um mehr potenzielle Ehrenamtliche zu gewinnen. Und schliesslich regt die Sportmanagerin an, die Profile der Ehrenämter spezifischer und detaillierter zu definieren, damit Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten klarer geregelt sind und künftige Amtsträger wissen, was sie erwartet und was eben nicht.

Ausblick

Die Professionalisierung eines Verbandes ist ein langwieriger Prozess. Beim SVPS stehen die Überlegungen hierzu noch ganz am Anfang. In naher Zukunft sollen nun alle Aufgaben im Pferdesport in der Schweiz anhand von Pflichtenheften und eines Funktionendiagramms aufgeschlüsselt und mit der Branche besprochen werden. Die Einführung von Teilzeitmandaten könnte gemäss Evelyne Niklaus relativ kurzfristig realisiert werden, sobald die Frage der Finanzierung geklärt ist.

Mit dem wachsenden Interesse der breiten Öffentlichkeit am Pferdesport, die diesen aus Sicht des Tierschutzes immer wieder auch sehr kritisch betrachtet und kommentiert, ist die Bedeutung dieses Wandels hin zur Professionalisierung des SVPS auch im Hinblick auf die Lobbyarbeit, die dieser leistet, nicht zu unterschätzen. Der Pferdesport steht vor einem Scheideweg. Nur unter der effizienten und professionellen Führung eines soliden Verbandes, der von ehrenamtlichen und festangestellten Offiziellen und Mitarbeitenden gleichermassen getragen wird, kann die Zukunft dieses einzigartigen Sports in Harmonie mit dem Pferd gesichert werden.

Cornelia Heimgartner

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