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Reiten bei Special Olympics - Eine besondere Herausforderung

13 November 2017 09:24

Reiten ist technisch anspruchsvoll und zeigt eindrücklich, wie wichtig das Zusammenspiel von Reiter und Pferd ist, denn das Paar lernt sich bei Special Olympics erst während des Turniers kennen. Zwei junge Reiterinnen, beide mit einer leichten Lernbeeinträchtigung, berichten über ihre Leidenschaft, und ihr Coach erklärt, was den Reitsport bei Special Olympics so besonders macht.

Das Pferd ist wichtiger als wir.

Darin sind sich die beiden Reiterinnen einig. Jamie Stadtmann (22) und Yasmin Bugmann (25) haben eine innige Beziehung zu diesen kraftvollen Tieren. Zwar sind sie beim Gespräch bereits etwas kribbelig wegen des bevorstehenden Wettkampfs der Bodensee Games. Für ein Interview in der Reithalle nehmen sie sich dennoch gerne Zeit. Die leidenschaftlichen Pferdefans können sich glücklich schätzen, denn ihr Hobby ist zugleich ihr Beruf. Sie arbeiten als Hofmitarbeiterinnen/Pferdewartinnen bei der Stiftung Camenzind - Reithof in der Rüti in Grub (AR). Zwar erfüllen sie neben der Betreuung der Pferde noch viele weitere Aufgaben, sind aber am allerliebsten im Stall. Die Wärme des Pferdes, der unverwechselbare Duft, die Energie und Sensibilität dieser Tiere - das alles gefällt den jungen Frauen. Sie pflegen und versorgen die Pferde. Zudem helfen sie im Dienstleistungsbetrieb und in der Landwirtschaft mit.

«Am liebsten reite ich aber», schmunzelt Yasmin.

Einmal pro Woche haben sie Reitstunde, manchmal gibt es auch einen Ausritt. In der Vorbereitungszeit auf ein Turnier findet jeweils ein zusätzliches Training statt. Dabei wird am Sitz gefeilt, werden verschiedene Gangarten und die Prüfungen geübt. Zudem wird der Umgang mit verschiedenen Pferden trainiert.

Den Reitern wird zu Beginn des Turniers vom Veranstalter ein Pferd vorgeschlagen. Den Reitern wird zu Beginn des Turniers vom Veranstalter ein Pferd vorgeschlagen. (Foto: PPR Manuel Lopez)

Gesunder Ehrgeiz und Freude am gemeinsamen Sporttreiben

Jamie und Yasmin trainieren aber nicht nur zum Spass: Sie haben Ambitionen, wollen an vergangene Erfolge anknüpfen. «An den Austrian National Games in Wien haben wir Gold geholt», erzählen sie stolz. Für die nächsten National Summer Games vom 24. bis 27. Mai 2018 in Genf, sind sie bereits eingeschrieben. Erneutes Edelmetall wäre natürlich reizvoll. Aber Jamie und Yasmin sehen das sportlich:

«Es geht darum, dabei zu sein!»

Die Stimmung sei immer fantastisch und man habe viel Spass miteinander. Aber einen grossen Traum hegen die zwei Ostschweizerinnen dennoch:

«Einmal an World Games dabei zu sein. Das wäre ein absoluter Höhepunkt!»

Von Genf nach Abu Dhabi - der Weg an die World Games

Bei Special Olympics finden alle vier Jahre National und World Games statt - die nächsten World Summer Games sind im März 2019 in Abu Dhabi. Für dieses Abenteuer wären die beiden Reiterinnen Feuer und Flamme. Bei Special Olympics werden jedoch nicht die Athleten ausgewählt. Auch vergangene Leistungsausweise zählen nicht für die Auswahl, da es bei Special Olympics nicht um Leistungssport geht. Ganz im Gegenteil: Die Teilnahme an Wettkämpfen und Games soll allen Menschen mit geistiger Beeinträchtigung offenstehen. Der Selektionsprozess für die World Games startet jeweils nach den National Games. Interessierte Coachs bewerben sich bei Special Olympics, und die Sportkommission der Stiftung wählt anhand der international vorgegebenen Quote die Coachs aus, die ihr Team von Athleten in eigener Regie zusammenstellen können.

Jamie Stadtmann an den Bodensee Games Anfang September 2017. Jamie Stadtmann an den Bodensee Games Anfang September 2017.(Foto: PPR/Manuel Lopez)

Die spezielle Herausforderung - Horse Matching

Kathrin Lex, Technical Coordinator für Reiten bei Special Olympics Switzerland, trainiert die beiden jungen Reiterinnen und würde sich selbstverständlich über eine Selektion freuen. Sie erklärt die Besonderheiten beim Reitsport bei Special Olympics:

«Ein wesentlicher Unterschied ist die Zuteilung von Reiter und Pferd. Die Tiere reisen meist nicht ans Turnier mit, was bedeutet, dass sich die Reiter jedes Mal an ein neues Pferd gewöhnen müssen. Dies stellt eine bemerkenswerte Herausforderung dar», betont Kathrin Lex.

Diese Eigenheit verleiht dem Sport eine spannende Dynamik, verlangt aber auch viel Feingefühl auf beiden Seiten. Den Reitern wird zu Beginn des Turniers vom Veranstalter ein Pferd vorgeschlagen, das dem vorgängig angemeldeten Profil entspricht. Harmoniert das Duo, bestreiten die beiden das Turnier zusammen. Passt es nicht, hat der Reiter nur einmal die Möglichkeit, das Pferd zu wechseln. «Der zweite Versuch muss passen», so das abschliessende Fazit des Coachs.

Bei Special Olympics Wettkämpfen wird darauf geachtet, dass die Pferde gut ausgebildet sind. Ideal sind sehr gut ausgebildete Schul- oder ehemalige Turnierpferde. Es werden aber auch Pferde aus dem therapeutischen Reiten eingesetzt. Wichtig sind ein ausgeglichenes Temperament, guter Gehorsam und eine angemessene Vorwärtsbewegung.

Die wichtigsten Prüfungen, die bei Special Olympics durchgeführt werden, sind der Trail (Western-Trail/Geschicklichkeit), Dressurprüfungen und der Prix Caprilli. Für schwächere Reiter wird ein Stafettenrennen angeboten. Stock Seat Equitation resp. English Equitation wird meist in der Gruppe geritten und als Sichtungsprüfung zur Einteilung der Stärkeklassen angeboten.

Irene Nanculaf

Yasmin Bugmann liebt Pferde über alles. Yasmin Bugmann liebt Pferde über alles. (Foto: PPR Manuel Lopez)

Was ist Special Olympics?

Special Olympics ist die weltweit grösste Sportbewegung für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung und setzt sich ein für Wertschätzung, Akzeptanz und Gleichstellung dieser Menschen. Die Organisation wurde 1968 in den USA von Eunice Kennedy Shriver gegründet und ist heute in 172 Ländern vertreten. In der Schweiz ist Special Olympics seit 1995 als unabhängige Stiftung im Amt und kreiert angepasste Trainings- und Bewegungsangebote in existierenden Sportstrukturen.
Die Stiftung organisiert ausserdem regionale oder nationale Wettkämpfe und selektioniert und unterstützt Delegationen für World Games oder internationale Wettkämpfe.

Bei Special Olympics Wettkämpfen wird darauf geachtet, dass die Pferde gut ausgebildet sind. Bei Special Olympics Wettkämpfen wird darauf geachtet, dass die Pferde gut ausgebildet sind. (Foto: PPR/Manuel Lopez)

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