Swiss Equestrian
Menü
Pferd+
Dossier: Ausbildung

Sicherheit: Kluge Köpfe schützen sich

24 August 2017 10:21

Schon die Kampagne «suvaliv» rüttelte mit ihrem Slogan «Keinen Reithelm zu tragen, kann Ihre Frisur ruinieren!» die Reiterwelt etwas wach. Das Nationale Pferdezentrum Bern doppelt nun nach und erklärt: «Wir tragen Helm.»

Dass ein Reithelm Leben retten kann, dessen Tatsache sind sich wohl die meisten Reiter bewusst. Um diese noch vermehrt zum Helmtragen zu motivieren, hat das Nationale Pferdezentrum Bern (NPZ) die «Wir tragen Helm»-Aktion ins Leben gerufen, denn immer noch sieht man zahlreiche Reiter, die keinen Kopfschutz tragen, darunter auch viele Jugendliche. «Im NPZ tummeln sich viele Kinder und Jugendliche. Viele Nachwuchsreiter, die auch tagtäglich auf dem Pferd sitzen. Es gibt jedoch leider immer Situationen, in denen auch die jungen Leute keinen Helm tragen beim Reiten. Vor allem bei jungen Frauen gibt es Fälle, bei denen das Aussehen auf dem Pferd oder die richtige Frisur eine grössere Rolle spielen als die eigene Sicherheit. Das ist uns negativ aufgefallen. So kam es zur Diskussion, wie wir unsere Kunden dazu bringen, vermehrt Helm zu tragen», erklärt Salome Wägeli, Betriebsleiterin NPZ. Es wurden viele Ideen diskutiert, bis hin zur Helmpflicht mit Sanktionen bei Nichttragen. Man wurde sich jedoch einig, dass sich nur etwas ändern kann, wenn man mit gutem Beispiel vorangeht. In einem ersten Schritt entstand deshalb diese Kampagne, und sie hat bereits einige Diskussionen ausgelöst. So haben auf Facebook mehrere Personen von ihren Unfällen und «Helmerlebnissen» erzählt.

Das Plakat zur Kampagne  "Wir tragen Helm" des NPZ in Bern Das Plakat zur Kampagne "Wir tragen Helm" des NPZ in Bern

Nicht abwarten, bis etwas geschieht

Vor 20 Jahren haben Berufsreiter im NPZ-Paddock beim Springen von Militarysprüngen noch keinen Helm getragen, was heute glücklicherweise nicht mehr der Fall ist. Denn das NPZ möchte nicht warten, bis etwas Schlimmes passiert, sondern das Problem proaktiv angehen. Leider müssen oftmals zuerst Unfälle geschehen, bevor einem die Bedeutung des Helmtragens wieder vor Augen geführt wird. So hat Karin Rutschi, Spartenleiterin Springen im NPZ, selbst zwei schwerwiegende Unfälle beim Sturz vom Pferd erlebt: «Wenn ich den Helm nicht getragen hätte, hätte ich fast ganz sicher bei dem einen Sturz eine Hirnverletzung davongetragen. Dank Helm bin ich heute noch ich.» Im NPZ werden aktuell elf Lehrlinge ausgebildet, und der Arbeitsalltag mit Pferden birgt viele Gefahren. Unfallprävention ist deshalb ein wichtiges Thema im Betrieb. Manuela Hofer, verantwortlich für die Lehrlingsausbildung im NPZ, erzählt ein weiteres Beispiel: «Wir hatten vor Kurzem den Fall, dass ein Lehrling vom Pferd gefallen ist und auf den Füssen landete - aber das Pferd hat sich beim Sturz der Reiterin so erschreckt, dass es wendete und gegen die Reiterin schlug. Sie wurde am Kopf getroffen, trug aber zum Glück einen Helm. Wir wollen ein Vorzeigebetrieb sein. Dieser Vorfall hat mir die Augen geöffnet.» Obwohl es für sie selbstverständlich ist, dass sie beruflich einen Helm anzieht, war es privat bisher nicht so. Nach dem Unfall mit ihrem Lehrling zieht sie nun auch auf ihren privaten Pferden wieder einen Helm an.

Image der Reiterei pflegen

Im Nationalen Pferdezentrum in Bern besteht bereits seit Jahren eine Helmpflicht für die Mitarbeiter. «Wir beobachten jedoch bei unseren zahlreichen Anlässen und bei unseren Kunden, dass das Helmtragen immer noch keine Selbstverständlichkeit ist», sagt Salome Wägeli. «Deshalb ist das Ziel unserer Kampagne, allgemein auf das Helmtragen aufmerksam zu machen und gerne auch Diskussion darüber anzuregen. Wir möchten Verantwortung übernehmen und mit gutem Beispiel vorangehen. Schwere oder sogar tödliche Unfälle im Pferdesport sind auch nicht gut für das allgemeine Image der Reiterei.» Das NPZ, inmitten der Stadt Bern, ist immer im Blickwinkel der Öffentlichkeit. Umso wichtiger ist die Prävention aller Personen, die sich auf einen Pferdrücken schwingen. Denn das Handeln einzelner Reiter und Reiterinnen kann die Wahrnehmung der ganzen Reiterei in der Gesellschaft sehr stark beeinflussen. «Leider haben wir immer wieder Unfälle auf unserem Betrieb. Auch mit den besten Sicherheitsvorkehrungen und einer sehr soliden Grundausbildung kann es vorkommen, dass sich ein Pferd erschrickt, der Reiter nicht gefasst ist und vom Pferd stürzt», betont Salome Wägeli. Denn Pferde sind und bleiben Fluchttiere. Ein Helm kann in solchen Fällen jedoch den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen.

Gestüt zieht mit

«Im Schweizer Nationalgestüt (SNG) in Avenches haben wir für die Arbeit mit den Pferden immer einen Helm getragen. Das ist für uns eine wichtige Sicherheitsvorschrift. Deshalb unterstützen wir die NPZ-Initiative und deren Kampagne vollumfänglich», erklärt Samuel Schär, stellvertretende Leitung. So sind auch stets alle Lehrlinge im Gestüt mit einem Reithelm ausgestattet, und diese Vorschrift wird seit Jahren vollumfänglich akzeptiert und befolgt, auch seitens aller Mitarbeiter. «Es gibt auch keine Ausreden oder Ausnahmen diesbezüglich, und so müssen auch auswärtige Benutzer, welche die Anlage oder Teile davon mieten, zum Beispiel in Reitkursen, auf dem ganzen Gelände einen Reithelm tragen», betont Samuel Schär, denn dies sei zudem ja auch eine Absicherung für allfällige Haftungs- oder Versicherungsfragen.

Karin Rohrer

bfu: Sicherheitsanalyse zum Pferdesport

Die Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) hat 2014 eine Sicherheitsanalyse zum Pferdesport in der Schweiz herausgegeben. Demnach machen Kopfverletzungen den grössten Anteil der Verletzungen mit schweren oder gar tödlichen Folgen aus. Ein Reithelm kann den Schweregrad einer Kopfverletzung reduzieren oder diese gar verhindern, wobei die Schutzwirkung von den Unfallumständen abhängig ist. Reithelme bestehen aus zwei Schichten, einer harten äusseren Helmschale sowie einer dämpfenden Schutzpolsterung (Auskleidung), die den Kopf vor dem Eindringen von spitzen Gegenständen schützen und in einem gewissen Ausmass Aufprallenergien dämpfen. Damit der Helm optimal schützt, muss er so eng wie möglich sitzen, ohne zu drücken, und die Kinnriemen müssen jederzeit verschlossen sein. Nach einem starken Aufschlag oder nach rund fünf Jahren sollte der Reithelm ersetzt werden, - auch wenn keine Beschädigungen sichtbar sind.

Informationen über Ihre Daten
Auf dieser Webseite werden zur Verbesserung der Funktionalität und des Leistungsverhaltens sowie zu Statistikzwecken Cookies eingesetzt. Durch Klicken auf den Akzeptieren-Button stimmen Sie der Verwendung von Cookies auf dieser Webseite zu.