«An erster Stelle kommen die Schule und die Ausbildung und dann erst der Sport!» - Welcher jugendliche Sportfreak mit Ambitionen hat diesen Satz noch nicht zu hören bekommen? Wohl kaum einer. Der Stellenwert von Sport ist in der Schweizer Gesellschaft nicht sehr hoch. Dabei gibt es heute unzählige Möglichkeiten und für jeden die optimale Lösung, seine Ausbildung sowie die Berufsmöglichkeiten für die Zeit nach einer eventuellen sportlichen Karriere bereits frühzeitig aufzugleisen.
Die Dressurreiterin Meilin Ngovan (Schweizermeisterin Junioren und Junge Reiter) und die beiden Concours-Complet-Talente Robin Godel (Vize-Schweizermeister Elite) und Nadja Minder (Schweizermeisterin Junge Reiter) sind jung. Es sind junge Sporttalente, die wissen, was sie wollen, und die für ihren sportlichen Erfolg richtig viel Zeit und Energie investieren. Sie, wie auch ihr Umfeld, nehmen viel auf sich, denn eine Sportkarriere ist in der Schweiz mit einigen wenigen Ausnahmen kaum geeignet, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen - ausser man ist Roger Federer oder Didier Cuche. Und auch diese beiden standen einmal am Anfang ihrer Karriere, haben eine Ausbildung absolviert und sich dann sportlich wie auch beruflich etablieren können.
Schulen für Sporttalente
Die Vereinbarkeit von Leistungssport und Schulausbildung ist anspruchsvoll. Swiss Olympic engagiert sich im Rahmen einer optimalen Förderung der Nachwuchsleistungssportlerinnen und -sportler auch für eine zielgerichtete und nachhaltige Entwicklung abgestimmter Schulangebote in der Schweiz. Die flexiblen und bedürfnisgerechten Bildungsangebote sollen es den jungen Athleten ermöglichen, sich schon während ihrer sportlichen Laufbahn auf einen erfolgreichen Einstieg in das Berufsleben vorzubereiten - eine Herausforderung, die ein gutes Zusammenspiel des gesamten Umfelds erfordert.
Für Institutionen mit offiziell anerkannten Schul- und Ausbildungsabschlüssen sowie spezifisch strukturierten Angeboten für Sporttalente vergibt Swiss Olympic zwei unterschiedliche Qualitätslabels: «Swiss Olympic Sport School» und «Swiss Olympic Partner School».
Jost Hammer von Swiss Olympic erklärt: «Es gibt viele schulische Ausbildungsmöglichkeiten für Nachwuchstalente, sei es im Sport oder auch in Kunst und Musik. Wichtig ist die frühzeitige, umsichtige Planung, denn die Ausbildungsplätze sind limitiert und an Aufnahmebedingungen geknüpft.» Nebst den Angeboten an öffentlichen Schulen sind einige der Ausbildungsstätten jedoch Privatschulen mit entsprechend hohen Schulgeldern, die sich nicht jeder leisten kann und auch nicht in jedem Fall von Gemeinde oder Kanton übernommen werden. Dasselbe gilt auch für ausserkantonale Schulbesuche.
Selektion im Pferdesport
Nun ist es auch im Pferdesport so, dass Nachwuchstalente gesichtet und in die regionalen oder nationalen Kader aufgenommen werden: «Jedes Jahr im Frühling publizieren wir die Mindestanforderungen pro Disziplin und Stufe für die Selektionen», erklärt Markus Niklaus, Verantwortlicher Nachwuchsförderung des Schweizerischen Verbands für Pferdesport. «Erfüllen die interessierten Athletinnen und Athleten diese Mindestanforderungen, dürfen sie an der Selektion teilnehmen. Schneiden sie dort entsprechend ab, werden sie selektioniert und in ein Kader aufgenommen.» Erst als selektioniertes Kadermitglied erhalten sie dann die nationale oder die regionale Swiss Olympic Talent Card. Je nach Kanton wird mit dieser ein Teil oder sogar das gesamte Schulgeld übernommen. Die Talent Card ist jeweils ein Jahr lang gültig, dann muss sich die Nachwuchsathletin bzw. der Nachwuchsathlet erneut der Sichtung stellen, um die Kadermitgliedschaft und somit das Anrecht auf die Talent Card zu bestätigen. Verliert man die Kaderzugehörigkeit, entfällt in den meisten Fällen auch die Unterstützung durch den Kanton. Dazu Jost Hammer von Swiss Olympic: «Es lohnt sich, sich frühzeitig bei den kantonalen Beauftragten für Nachwuchsförderung sowie dem Sportverband zu erkundigen.» Dank den Sportschulen lassen sich Leistungssport und Berufs- bzw. Schulbildung optimal vereinbaren, was auf dem regulären Bildungsweg oftmals nur mit grossem Mehraufwand aufgrund der vielen Schuldispensationen möglich ist.
Doch für einige der Leistungssportlerinnen und -sportler kommt weniger eine weiterführende Schule in Frage dafür umso mehr eine Berufslehre.
Berufslehre und Leistungssport
Kein Nachwuchstalent sollte sich entweder für eine Berufslehre oder den Leistungssport entscheiden müssen. Denn zu einer ganzheitlichen Förderung von jungen Leistungssportlern gehört auch, ihnen parallel zum Training und zu den Wettkämpfen eine koordinierte berufliche Ausbildung zu ermöglichen.
Natürlich ist so eine Berufslehre nicht für alle Berufe und alle Sportarten gleich kompatibel. Je nach Sportart sind die Nachwuchstalente doch stark eingeschränkt. «Wenn zum Beispiel ein Triathlet eine Lehre als Landschaftsgärtner machen möchte, ist dies eher suboptimal, da beides zusammen körperlich zu anspruchsvoll wäre», erläutert Jost Hammer von Swiss Olympic. «Ähnliches gilt für bestimmte Vollzeitstudiengänge, zum Beispiel Medizin.» Jedoch sei das auch immer sehr individuell - je nach verfübaren persönlichen Ressourcen. Auch die Dauer der Ausbildung ist sehr individuell: Studiengänge und allgemein Ausbildungen an Hochschulen sind sehr flexibel, und sogar eine Lehre kann in der Regel um ein Jahr verlängert werden.
Dank diesen Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten in der Schweiz haben auch Meilin Ngovan, Nadja Minder und Robin Godel sich beruflich ausbilden und gleichzeitig sportlich weiterentwickeln können.
Nicole Basieux
Robin Godel mit Jet Set an der Masterclass Swiss Eventing in Avenches 2020 | © SVPS/Regula Bodenmann