Swiss Equestrian
Menü
Pferd+

Startplatz zu vergeben!

10 März 2020 08:00

Es ist Mittwochabend, Silvia kommt fröhlich pfeifend in den Stall: Das letzte Training vor dem lange erwarteten Start am Heimturnier vom kommenden Wochenende steht heute auf dem Programm. Über Wochen und Monate hat sie auf diesen Wettkampf hingearbeitet, die ganze Familie will vorbeikommen, um die Daumen zu drücken. Silvia freut sich riesig darauf, fühlt sich gut vorbereitet und ist topmotiviert. Doch als sie ihren treuen vierbeinigen Freund Dacapo von der Weide holen möchte, traut sie ihren Augen kaum: Der Wallach steht nur auf drei Beinen, das dick geschwollene Hinterbein scheint der Grund für seine Schmerzen zu sein. Aus der Traum vom Turnierstart am Wochenende!

So oder ähnlich kann es jedem ergehen. Der bezahlte Startplatz am Turnier wird hinfällig, und wie bei einem Konzertticket kann man vom Veranstalter nicht verlangen, dass er das Nenngeld zurückbezahlt - ausser es handelt sich um einen Todesfall. Welche anderen Möglichkeiten die Reiterinnen und Reiter haben, ihren ungenutzten Startplatz allenfalls abzutreten, ist abhängig von der betreffenden Disziplin.

 

Unkomplizierter Paarwechsel im Springen

In den Reglementen des SVPS wird die Weitergabe von Startplätzen als «Paarwechsel» bezeichnet, also als gleichzeitiger Wechsel von Reiter und Pferd für eine bestehende Nennung. Die Möglichkeit zu Paarwechseln ist grundsätzlich im Generalreglement (GR) vorgesehen (Art. 4.7 Abs. 4 GR) wird aber in den Reglementen der einzelnen Disziplinen unterschiedlich gehandhabt. In der Disziplin Springen sind Reiter-, Pferde- und Paarwechsel während der Mutationsphase, d.h. ab Nennschluss bis 16 Uhr des Vortags der entsprechenden Prüfung, über die Plattform my.fnch.ch ohne zusätzliche Gebühren möglich. Danach können Mutationen - und somit auch Paarwechsel - nur noch auf dem Veranstaltungssekretariat vorgenommen werden. Hierfür kann eine zusätzliche Bearbeitungsgebühr verlangt werden (Art. 4.7 Abs. 4-6 GR sowie Art. 4.2 Springreglement).

 

Paarwechsel ausgeschlossen in der Dressur

Ganz anders ist die Situation in der Dressur. Hier gelten Paarwechsel als Neumeldungen. Das bedeutet, dass das Nenngeld des Paares, das den Startplatz nicht wahrnehmen kann, für den Nichtstartenden verfällt und an den Veranstalter fliesst. Eine direkte Weitergabe an ein anderes Pferd-Reiter-Paar ist nicht möglich. Ist das Startfeld voll, kommt der frei gewordene Startplatz einem Paar auf der Warteliste zugute.

Können die Nennungen nicht von der Reiterin oder dem Reiter selbst verwaltet werden, bedeutet dies einen Mehraufwand für das Turniersekretariat. (Foto: SVPS) Können die Nennungen nicht von der Reiterin oder dem Reiter selbst verwaltet werden, bedeutet dies einen Mehraufwand für das Turniersekretariat. (Foto: SVPS)

Startplatzhandel im Internet

Um potenzielle Interessenten für einen frei gewordenen Startplatz zu finden, setzen die Springreiterinnen und -reiter heute in erster Linie auf die sozialen Medien, namentlich Facebook, wo in entsprechenden Gruppen Anbietende und Suchende von Startplätzen aufeinandertreffen. Die Chefin Technik der Disziplin Springen beim SVPS, Monika Elmer, hat damit kein Problem, im Gegenteil: «Dies war eines der ‹Verkaufsargumente› gegenüber den Reiterinnen und Reiter als das neue Online-Nennsystem eingeführt wurde. Neureiter freuen sich, doch noch einen Startplatz erhalten zu haben, und Nichtstarter erhalten zumindest das bezahlte Nenngeld vom Neureiter zurück. Der Veranstalter hat seinen Startplatz trotzdem verkauft und der jeweils riesige Mutationsaufwand der Concours-Sekretariate reduzierte sich seither auf ein Minimum. So sind alle Beteiligten zufrieden!»

Ganz anders schätzt Margret Dreier, Chefin Technik der Disziplin Dressur, die Situation ein: «Nicht jeder ist auf Facebook unterwegs. Somit haben nicht alle dieselben Chancen, einen frei gewordenen Startplatz zu erbeuten. Eine solche Ungleichbehandlung wollen wir vermeiden.» Da in der Dressur zudem Wartelisten geführt werden, würden die reglementskonform Wartenden aufgrund des Startplatzhandels ebenfalls benachteiligt, da Dritte sich im Internet direkt einen Startplatz sichern könnten, ohne dass dieser in den vorgesehenen Prozess zum Abbau der Warteliste gelangt. Dennoch signalisiert Margret Dreier Gesprächsbereitschaft, falls es technisch möglich würde, eine solche Freigabe von Startplätzen über das offizielle Online-Nennsystem abzuwickeln: «Falls dies tatsächlich auch in der Dressur ein Bedürfnis ist, müsste man die Machbarkeit und Kosten für eine entsprechende Weiterentwicklung des Nennsystems abklären. Ausserdem müsste man durchspielen, welche Auswirkungen eine solche Anpassung auf die Erstellung der Zeitpläne von Dressurprüfungen hätte, da wir in unserer Disziplin - anders als im Springen - den Reiterinnen und Reitern genaue Startzeiten kommunizieren möchten.» Weitere Bedingungen, die die Chefin Technik der Dressur an eine solche Gesamtlösung stellen würde: Eine Automatisierung des Geldflusses müsste gewährleistet sein, um so allen Beteiligten die Sicherheit zu bieten, dass die abgetretenen Startplätze auch bezahlt würden, bzw. damit kein Schwarzhandel mit überzogenen Preisen von begehrten Plätzen stattfände. Wartelisten würden dann wohl nicht mehr geführt.

Startplatz-Börse auf Facebook. (Foto: SVPS) Startplatz-Börse auf Facebook. (Foto: SVPS)

Eine Frage der Fairness

Grundsätzlich und unabhängig von der Disziplin ist es eine Frage der Fairness, dass man keine Startplätze «auf Vorrat» ergattert, um die nicht genutzten Plätze dann unter der Hand und vielleicht sogar zu einem höheren Preis als dem ursprünglichen Nenngeld weiterzugeben. Es kann immer passieren, dass man aus gutem Grund einen Startplatz nicht wahrnehmen kann oder möchte und man froh wäre, diesen abtreten zu können. Dies sollte jedoch die Ausnahme sein und nicht die Regel - aus Respekt gegenüber dem Veranstalter und den Mitkonkurrenten.

Schon früher war es so, dass bei einem Nichtstart gegen Vorweisen eines Arzt- oder Tierarztzeugnisses nur das halbe Startgeld zurückerstattet wurde, wobei für das Einholen des Zeugnisses auch wieder Kosten für die Reiterin bzw. den Reiter anfielen. In Zeiten, in denen es für Veranstalter immer schwieriger wird, ein Turnier kostendeckend durchzuführen, wäre es auch eine schöne Geste, verfallenes Startgeld einfach als «Sponsoringbeitrag» für die Organisatoren anzusehen.

Cornelia Heimgartner

Informationen über Ihre Daten
Auf dieser Webseite werden zur Verbesserung der Funktionalität und des Leistungsverhaltens sowie zu Statistikzwecken Cookies eingesetzt. Durch Klicken auf den Akzeptieren-Button stimmen Sie der Verwendung von Cookies auf dieser Webseite zu.