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Umweltmassnahmen in Pferdeställen und Reitanlagen

19 Juni 2018 04:00

Pferdefachleute, Reitsportler und Freizeitreiter kennen sich in Reitweisen, Horsemanship, Veterinärmedizin, Hufpflege und vielen anderen Themen meistens sehr gut aus. Doch beim Know-how über Umweltmassnahmen im Stall- und Reitanlagenbau sowie über umweltverträgliche Materialien und Produkte hapert es bei vielen noch.

Der Rohstoff Holz ist beim Bau von Reithallen und Pferdeställen beliebt. Wichtig ist darauf zu achten, dass wo immer möglich einheimische Hölzer eingesetzt werden. Dadurch wird verhindert, dass Holz aus Urwaldraubbau den Weg in Schweizer Gebäude findet. (Bild: zVg) Der Rohstoff Holz ist beim Bau von Reithallen und Pferdeställen beliebt. Wichtig ist darauf zu achten, dass wo immer möglich einheimische Hölzer eingesetzt werden. Dadurch wird verhindert, dass Holz aus Urwaldraubbau den Weg in Schweizer Gebäude findet. (Bild: zVg)

Umweltschutz geht uns alle an. Das ist in unserer Gesellschaft längstens bekannt. Doch in vielen Reitanlagen und privaten Pferdeställen hat er noch keinen Einzug gehalten. Dabei kann sowohl in kleinen Privatställen wie auch bei Reitanlagen mit baulichen Massnahmen und ökologischen Produkten viel erreicht werden.

Vorzeigebetrieb
In Dürrenroth, im beschaulichen Emmental, haben sich Andrea und Paul Rindlisbacher mit ihrer Reitanlage Chipf einen lang gehegten Wunsch erfüllt. Die Anlage mit ihrer 20 × 40 m grossen Reithalle und den zwölf Auslaufboxen wurde ergänzend zum bestehenden Landwirtschaftsbetrieb - der bereits vier Boxen mit Sandplatz enthielt - erbaut und zeichnet sich durch umweltverträgliche Baumassnahmen aus. 

Nachwachsender Rohstoff
Andrea Rindlisbacher erzählt: «Als wir unseren Reitbetrieb planten, war für uns wichtig, dass er optisch zum Landwirtschaftsbetrieb passt. Daher war schnell klar, dass wir möglichst viel Holz verarbeiten wollten. Dass Holz als nachwachsender Rohstoff auch ökologisch vorteilhaft ist, ist umso schöner.» Die Familie Rindlisbacher hat darauf geachtet, dass vorwiegend einheimische Holzarten verwendet wurden. So, dass sichergestellt war, dass kein Holz aus Urwaldraubbau zur Anwendung kam. Wer mit Holz baut, sollte bereits bei der Planung die Beschaffung von einheimischem Holz berücksichtigen. Wenn aus bautechnischen Gründen Sorten, die bei uns nicht wachsen, verwendet werden, sollte nur Holz mit dem FSC-Label eingesetzt werden.

Als wir unseren Reitbetrieb planten, war für uns wichtig, dass er optisch zum Landwirtschaftsbetrieb passt. Daher war schnell klar,  dass wir möglichst viel Holz verarbeiten wollten.

Der Reitbetrieb Chipf der Familie Rindlisbacher mit der imposanten grossflächigen Photovoltaikanlage auf dem Hallendach. (Bild: zVg) Der Reitbetrieb Chipf der Familie Rindlisbacher mit der imposanten grossflächigen Photovoltaikanlage auf dem Hallendach. (Bild: zVg)

Teure Photovoltaik
Rindlisbachers wünschten sich aber noch mehr als nur einen Holzbau. Sie wollten das grosse Reithallendach gerne mit Sonnenkollektoren zur Energiegewinnung ausstatten. Allerdings sprengte dieses Vorhaben ihr Budget. Trotzdem ziert heute eine umfangreiche Photovoltaikanlage die Halle. «Wir konnten das Dach an eine private Firma vermieten. So mussten wir das Ganze nicht finanzieren und können trotzdem wertvolle Energie produzieren. Eine Win-win-Situation», erklärt Andrea Rindlisbacher das Vorgehen.

Wir konnten das Dach an eine private Firma vermieten. So mussten wir das Ganze nicht finanzieren und können trotzdem wertvolle Energie produzieren. Eine Win-win-Situation.

Regenwassernutzung
Eine sehr interessante Umweltmassnahme bei Reitanlagen ist die Regenwassernutzung für die Bewässerung von Hallenböden und Aussenreitplätzen wie auch für Toilettenspülungen oder Aquatrainer. Die Anlage der Familie Rindlisbacher gehört auch hier zu den Vorreitern, die bereits Regenwasser nutzen und dieses für die Hallenbewässerung einsetzen. Das Regenwasser wird von den Dachflächen über ein Filtersystem in die Regenwasserspeicher geleitet. Die bei Reitanlagen benötigten grossen Tanks werden unterirdisch eingebaut. Mithilfe einer druckabhängig gesteuerten Pumpe wird das gefilterte Regenwasser über eine spezielle Verrohrung an die Verwendungsorte gebracht. Durch eine automatische Füllstandserfassung wird die Versorgung bei leerem Speicher durch die Einspeisung von Trinkwasser sichergestellt. Wie viel Wasser eingespart werden kann, hängt von den klimatischen Verhältnissen ab. Obwohl es hierzulande trotz Klimaerwärmung noch oft regnet, wird Regenwasser nur selten genutzt, was sehr schade ist. 

Wenn nur eine mässige Beleuchtung von Wegen und Sandpaddocks benötigt wird, sind Solarlämpchen eine sehr ökologische und dekorative Lösung. (Bild: zVg) Wenn nur eine mässige Beleuchtung von Wegen und Sandpaddocks benötigt wird, sind Solarlämpchen eine sehr ökologische und dekorative Lösung. (Bild: zVg)

LED-Beleuchtung in Planung
In Reithallen wie auch in den Ställen ist eine gute Beleuchtung von grossem Vorteil. Als energieeffizienteste und auch langlebigste gilt heute die LED-Technologie. Mit LED-Leuchten wie auch mit Energiesparlampen spart man gegenüber den herkömmlichen Glühlampen rund 80 Prozent Energie. LED-Beleuchtung hat aber ein breiteres Lichtspektrum als Energiesparlampen und ist langlebiger. So können zum Beispiel von warmweiss bis studioweiss verschiedene Lichtstärken beziehungsweise Lichtfarben gewählt werden. Die Anlage Chipf der Familie Rindlisbacher ist aktuell noch nicht mit LED-Leuchten ausgestattet, die Anschaffung ist aber in Planung. Andrea und Paul Rindlisbacher sagen dazu: «Wir bleiben am Ball und wollen auch bei zukünftigen Neuerungen ökologische Aspekte berücksichtigen und auf Nachhaltigkeit setzen.»

Energieeffiziente Kleinbauten
Bei Wohnhäusern mit integrierten Pferdestallungen ist die Minergiebauweise empfehlenswert. Minergie ist ein Schweizer Baustandard für neue wie auch für renovierte und modernisierte Gebäude. Diese Bauten zeichnen sich durch einen sehr geringen Energiebedarf und einen möglichst hohen Anteil an erneuerbaren Energien aus. Erreicht wird der tiefe Energiebedarf durch eine hochwertige Gebäudehülle und eine systematische Lufterneuerung. Kombiniert wird dies mit erneuerbaren Energien wie zum Beispiel Erdwärme oder Sonnenenergie. Bei Reithallen und freistehenden Pferdeställen ist der Minergiestandard kein Thema, da diese Gebäude meist sogenannte Kaltbauten sind und nur einzelne Räume wie Büros, Toiletten und Duschen oder Aufenthaltsräume beheizt werden.

Umweltschutz im Kleinen
Dass nicht nur bei Neubauten und Renovationen Umweltmassnahmen ergriffen werden können, zeigt das Beispiel von Anna Siebenhaar und Walter Wirth. Das Paar hat für seine zwei Pferde im toggenburgischen Bazenheid einen kleinen Offenstall mit Sandplatz und Weiden gemietet. Baulich war also bereits alles gegeben, trotzdem wollten die beiden bei den kleinen Dingen, die sie selbst entscheiden konnten, auf Umweltverträglichkeit setzen. 

Wir bleiben am Ball und wollen auch bei zukünftigen Neuerungen ökologische Aspekte berücksichtigen und auf Nachhaltigkeit setzen.

(Bild: zVg) (Bild: zVg)

Bio-Waldboden als Einstreu
So wählten sie als Einstreu den sogenannten Bio-Waldboden, der aus Grüngutkompost und Holzrinde besteht. Walter Wirth erläutert: «Wir wollten eine Einstreu, die gut für die Hufe ist, von unseren Stuten, die zu schnellem Zunehmen neigen, nicht gefressen wird und möglichst geringe Mistmengen bringt. Der Bio-Waldboden erfüllt alle diese Kriterien und ist dazu noch staubarm und bindet den Urin, sodass kein Ammoniakgeruch entsteht.» Da die Einstreu PH-neutral ist, wird bei der Mistausbringung eine Übersäuerung der Böden verhindert. Kleine Nachteile hat die Bio-Waldboden-Einstreu jedoch. Durch die tiefbraune Färbung wirken die Boxen und Freilaufställe dunkler als bei heller Einstreu wie Stroh oder Späne. Zudem wird die Einstreu relativ schnell matschig, wenn in Offenställen die Pferde im Winter häufig rein- und rausgehen und mit ihren Hufen Schnee in den Stall bringen.

Wir wollten eine Einstreu, die gut für die Hufe ist, von unseren Stuten, die zu schnellem Zunehmen neigen, nicht gefressen wird und möglichst geringe Mistmengen bringt.

Solarlämpchen
Mehrere grosse Lichtstrahler für den Sandplatz waren für Siebenhaar und Wirth kein Thema, ein bisschen Licht an dunklen Winterabenden sollte es aber schon sein. So haben sie einen kleinen LED-Strahler angeschafft und rund um den Platz kleine Solarlämpchen aufgestellt, die sich optisch sehr dezent einfügen. Die Montage- und Funktionsweise erklärt Walter Wirth wie folgt: «Solarlampen sind anstelle eines Netzteils mit einem Solarmodul plus Akku ausgestattet, benötigen also keinen Stromanschluss, was sie für den Aussenbereich speziell interessant macht. Die Solarzellen laden am Tag den Akku auf. Bricht die Dämmerung an, erkennt die Solarlampe das mithilfe eines Dämmerungssensors. Dieser aktiviert die Lampe und schaltet automatisch vom Lademodus in den Leuchtmodus.» Gemäss Wirth ist die Montage der Solarlämpchen eigentlich kinderleicht, da diese nur in die Erde gesteckt werden. «Aber», so Wirth, «unsere beiden Pferde haben die Lampen immer wieder umgestossen. Darum haben wir sie auf den Zaunpfählen angeschraubt.»

Jede Massnahme zählt
Fazit: Nachhaltigkeit ist heute ein grösseres Thema denn je. Wir verbrauchen zu viele Ressourcen, unsere Lebensweise produziert zu viel CO2, und unsere Gewässer sind verschmutzt. Die ganze Bandbreite an Umweltproblematiken hier aufzulisten, ginge zu weit. Fakt ist aber, dass jede Massnahme zählt, und gerade bei Pferdeställen und Reitanlagen ist in der Schweiz noch sehr viel Potenzial vorhanden. Zwar ist der Rohstoff Holz im Pferdebereich sehr beliebt, und auch LED-Beleuchtung wird immer öfters eingesetzt. Photovoltaikanlagen, Regenwassernutzung oder Minergiehäuser mit integrierten Pferdestallungen sind aber immer noch die Ausnahme. Es gibt in dieser Hinsicht noch viel zu tun. Packen wirs an!

Barbara Würmli

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