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Dossier: Portraits

Vom Galopp in den Schritt: Drei Leittiere zügeln das Tempo

25 Januar 2016 14:30

Über 100 Jahre Erfahrung: Das bringen Georges Zehnder, Peter Jegen und Peter Wyrsch als Pferdesportreporter gemeinsam auf die Waage. Sie blicken auf eine abwechslungsreiche Zeit zurück.

Peter Jegen. Foto: Christoph Ruckstuhl/NZZ Peter Jegen. Foto: Christoph Ruckstuhl/NZZ

An eine Szene mag sich Peter Jegen noch gut erinnern: Es war an einem Dienstagmorgen. Redaktionssitzung der «NZZ am Sonntag» an der Mühlebachstrasse in Zürich. Der stellvertretende Sportchef sitzt mit seinen Journalistenkollegen am Tisch, als es plötzlich wiehert. Rasch springt Jegen auf, sagt lachend: «Mein Pferd ruft!», und läuft zu seinem Handy, welches in der Jacke im Gang steckt. Spätestens seit dem Zeitpunkt ist er bei «NZZ» und «NZZ am Sonntag» als Pferdenarr bekannt.

Ein solcher ist er noch immer. Vehement hat sich der mittlerweile 53-Jährige dafür eingesetzt, dass der Pferdesport zwischen Fussball und Eishockey seinen Platz im Sportteil erhält. Öfters berichtete er mit kritischer Stimme. «Der Pferdesport hat sich in den letzten Jahrzehnten enorm verändert», betont Jegen. Die Entwicklung mit immer mehr Turnieren, verteilt rund um den ganzen Globus, – und die Milliarden, welche aus dem arabischen Raum in die Gewinntöpfe fliessen – sei nicht nur positiv. «Die Agenda ist überladen. Da müsste der internationale Pferdesportverband FEI eingreifen; den Pferden zuliebe.»

Wenn Jegen ins Reden kommt, spürt man seine Verbundenheit zu den Vierbeinern. Das Wohl der Tiere steht für ihn im Zentrum. Nicht zuletzt deshalb, weil er aus einer passionierten «Rösseler-Familie» stammt. Jegen hat nicht nur früh selbst mit Reiten begonnen, sondern später die Ausbildung als Rennpferde-Trainer absolviert. So war es ein kleiner Schritt hin zum Platz-Speaker der Pferderennen in Maienfeld und in Arosa oder zum Organisator der ersten Jährlingsauktion im Schweizer Turf. In den Journalismus rutschte er indes eher zufällig. Seine ersten Artikel in der «NZZ» publizierte er 1987.

Der alte Hase

Peter Wyrsch. Foto: Sascha Dubach Peter Wyrsch. Foto: Sascha Dubach

Zu dieser Zeit hatte Peter Wyrsch bereits einige grosse Championate erlebt. Anfang der 70er Jahre wurde der ausgebildete Primar- und Sekundarlehrer beim «St. Galler Tagblatt» als Sportredaktor angestellt, wo er alsbald zum Sportchef aufstieg. Er erinnert sich: «In St. Gallen hatte der Pferdesport stets einen hohen Stellenwert.»

Zwar ritt der Ostschweizer selbst nicht aktiv, war aber vom Zusammenspiel zwischen Reitern und Pferden derart fasziniert, dass er kaum ein wichtiges Turnier verpasste. Als er 1990 zur Sportinformation (si) wechselte, war für ihn selbstverständlich, dass er bei der Sportagentur neben dem Haupt­ressort Fussball auch Ressortchef Reiten wurde.

Seit über 30 Jahren hat der umtriebige St. Galler kein ­grosses internationales Springreitturnier mehr verpasst. Mit den meisten Spring- und Dressurreitern ist er per Du. Man kennt ihn und er die Reiter. «Wer so lange mit dabei ist, der hat ein grosses Netzwerk und viele private Kontakte», sagt Wyrsch schmunzelnd. 

Eine Begegnung der anderen Art ist ihm besonders im Gedächtnis geblieben: Wyrsch sass vor Jahren durstend in Aachen an einer Hotelbar – neben sich eine auffällig schöne Dame. Der wortgewandte Journalist legte sich ins Zeug, plauderte, stiess an und bot der Dame das Du an. Als ein Kollege ihn später darauf hinwies, dass er mit niemand Geringerem als Prinzessin Haya von Jordanien geflirtet hatte, musste er herzlich lachen. «Sie kennt mich seither und hat mich auch an einem Empfang im Königshaus in Amman wiedererkannt», sagt er.

Durch Turnheer beim Schreiben

Georges Zehnder. Foto: Katja Stuppia Georges Zehnder. Foto: Katja Stuppia

Solche Anekdoten hat auch Georges Zehnder als Gründer der «PferdeWoche» auf ­Lager. Die meisten sind indes nicht druckreif. «Auf den Turnierplätzen habe ich unglaublich viel erlebt.» Geblieben sind die Emotionen, wenn wieder ein Schweizer Ass gestochen hat. «Dass ein so kleines Land international im Springsport vorne mitreitet, das macht natürlich Spass», betont er.

Der Thurgauer kennt Turnierplätze aber nicht nur von der Medientribüne aus. Lange Zeit startete er selbst erfolgreich bis zu 130 Zentimeter. Heute steigt er nur noch im Notfall in den Sattel. Viel lieber begleitet er seine Tochter oder seine Partnerin als TT an die Turniere. Dabei freut er sich immer wieder über die vielen begeisterten und gut ausgebildeten Reitpaare. «Wir haben eine breite Basis, die gut reitet.»

Zum Schreiben gekommen ist Zehnder übrigens durch einen bekannten Namen: Bernard Turnheer, einen früheren Freund des Thurgauers. Er vermittelte ihn als freien Mitarbeiter für Sportberichte bei Radio und Fernsehen. Später kam Zehnder als Chefredaktor zum «Schweizer Kavallerist». Die Vision einer wöchentlich publizierten Pferdezeitung erfüllte er sich 1997. Damals gründete er gemeinsam mit Christian Jaques die «PferdeWoche» – und traf den Nerv der Zeit. Bereits nach wenigen Monaten waren über 10 000 Abonnemente verkauft.

Nun verlangsamen alle drei Leithengste ihre Gangart. Zehnder und Wyrsch gehen in Pension. Jegen sattelt um – er hat die ­familieneigene Immobilienfirma übernommen. In der einen oder andern Form werden die Herren indes mit dem Journalismus verbunden bleiben – und vor allem das machen, was ihnen Spass macht. Die Leser von «Kavallo», «Pferdewoche» und Co. dürfen sich also auf die Kür der Altmeister freuen.

Die neuen Gesichter – Die Junge

Sara Peschke. Foto: Mario Heilemann Sara Peschke. Foto: Mario Heilemann

Goldmedaillen kennt Sara Peschke nicht nur wegen ihres Jobs als Sportreporterin. In jungen Jahren baumelte die höchste sportliche Auszeichnung um ihren eigenen Hals. Im Voltigieren gewann die Deutsche mit der Mannschaft «Mainz-Laubenheim» 2002 Weltmeister-Gold in Jerez. Im Jahr darauf doppelte sie mit dem Sieg der Europameisterschaften im französischen Saumur nach.

Das Turnen auf dem Pferd überlässt die 30-Jährige mittlerweile andern. Geblieben ist die Begeisterung für den Sport – und für Vierbeiner. «Pferde faszinieren mich noch immer», sagt Peschke. Peschke hat nach ihrem Studium der Germanistik und Sportwissenschaften in Freiburg im Breisgau unter anderem bei «Spiegel Online» und beim «Spiegel» in Hamburg gearbeitet. Diesen Sommer folgte sie dem Ruf der «NZZ» nach Zürich. 

Ihr Steckenpferd sind sozialrelevante Sportgeschichten, wie beispielsweise Reportagen über den Kampf der ­Amateur-Schiedsrichter oder alternde Dopingopfer aus der DDR. Daneben hat sie von Peter Jegen das Dossier Pferdesport übernommen. «Ich habe grössten Respekt vor seiner Arbeit. Seine Expertise und Leidenschaft sind aussergewöhnlich», sagt Peschke. Es liege nun an ihr, eine eigene Linie zu finden und sich ein Netzwerk aufzubauen.

Dabei hat sie genügend Möglichkeiten: Die Hallensaison ist bereits im vollem Gange – im Sommer steht mit den Olympischen Spiele in Rio der erste Höhepunkt an. Ob Peschkes Herz dann für das Schweizer Team oder auch für die Deutschen schlagen wird? Sie antwortet bereits schweizerisch-diplomatisch: «Da bin ich ­neutral.»

Der Schnelle

Hans Leuenberger. Foto: zvg Hans Leuenberger. Foto: zvg

Hans Leuenberger hat einen fulminanten Einstieg in den Pferdesport erlebt: In Aachen berichtete er vergangenen Sommer das erste Mal für die Sportinformation Zürich über einen Grossanlass im Springsport. Das Hitchcock-Finale und die daraus resultierende Bronzemedaille des Schweizer Teams begeisterten ihn. «Die Emotionen, die Spannung und der überraschende Erfolg – das hat mein Journalistenherz natürlich höher schlagen lassen», sagt der 51-Jährige.

Am Freitagabend feierte er in der Aachener Arena gemeinsam mit den Reitern, deren Entourage und den Pferdesport-Fans. «Die Reitszene ist sehr familiär. An der Bar neben dem Abreitplatz treffen sich ­Sportler, VIPs und Zuschauer, Händler oder Journalisten. Diesen Schmelztiegel gibt es nicht in vielen Sport­arten.» 

Der gebürtige Berner tritt in grosse Fussstapfen. Vor ihm hatte jahrzehntelang Peter Wyrsch das Dossier unter sich. Dennoch bleibt der Vater dreier Töchter gelassen. Bei einer Sportagentur gehe es vorwiegend um prägnante Meldungen in hoher Geschwindigkeit und erst in zweiter Linie um Hintergrundberichte. Dieses Handwerk kennt der gestandene Sportjournalist, welcher in Rio 2016 seine siebten Olympischen Spiele bestreitet, aus dem Effeff.

Sein Höhepunkt ist Rio im nächsten Jahr. Dann treten die Schweizer Springreiter an, um wie in Aachen eine Teammedaille zu gewinnen. Leuenberger: «Ich würde gerne erneut Erfolgsmeldungen verbreiten!»

Das Duo

Das neue Führungsteam der «PferdeWoche» sind altbekannte Köpfe in der Szene: Sascha P. Dubach war bereits bei der Gründung der Zeitschrift mit dabei. Nun ist er Anfang Jahr in die Fussstapfen von Chefredaktor Georges Zehnder getreten. «Für mich ist es nach 18 Jahren bei der ‹PferdeWoche› eine neue Herausforderung – auf die ich mich mit meinem Team sehr freue», sagt der 42-Jährige.

Als seine Stellvertreterin hat er Katja Stuppia mit ins Boot geholt. Die 43-jährige Pferdenärrin hat sich jahrelang als freie Turnier- und Pferde­fotografin einen Namen gemacht und sich in dieser Zeit ein breites Beziehungsnetz aufgebaut. Dazu hat die gelernte Lehrerin für Lokalzeitungen und Pferdezeitschriften geschrieben. «Die neue Stelle verbindet meine zwei Steckenpferde: die Fotografie und den Journalismus», sagt die Schwyzerin.

Zusammen mit dem bewährten Team der «PferdeWoche», mit Melina Häfeli und Florian Brauchli, will das neue Duo die Zeitschrift auffrischen und den Onlinebereich ausbauen. «Wir wollen näher am Puls sein und aktueller und schneller berichten.» Auch Schwerpunktthemen würden kontinuierlich angepasst. «Unsere Leser sollen die Vielfalt des Pferdesports spüren», so Dubach.

Der neue Chefredaktor ist seit jeher ein Verfechter der Nischen. Besonders der Fahrsport fasziniert ihn. In diesem Jahr will er erstmals selbst auf den Bock steigen. «Es ist an der Zeit, den lang gehegten Wunsch in die Tat umzusetzen und Fahren zu lernen.» Auch Katja Stuppia will sich wieder öfters in den Sattel ihrer Pferde schwingen. Als Selbstständige arbeitete sie oft sieben Tage die Woche. «Durch die Festanstellung erhoffe ich mir etwas mehr Zeit für unsere Pferde und meine Familie!» 

Sarah Forrer

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