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Westernreiten ist beliebt, und Profis sind gefragt

20 August 2018 08:00

Die Ausbildung zur Pferdefachperson EFZ mit sechs möglichen Fachrichtungen ist für junge pferdebegeisterte Menschen eine spannende und herausfordernde Ausbildung. Breit bekannt sind jedoch nur die Fachrichtungen Pferdepflege und Klassisches Reiten. Da Westernreiten in der Schweiz sehr beliebt ist und Westernprofis gefragt sind, gibt das «Bulletin» in
diesem Beitrag einen Einblick in diese noch junge Fachrichtung.

Traumberuf gefunden

Die 20-jährige Nadine Rindlisbacher hat die Ausbildung zur Pferdefachfrau EFZ Westernreiten im vergangenen Jahr abgeschlossen und ist überzeugt, ihren Traumberuf gefunden zu haben. Allerdings ist sie in einer Westernreiterfamilie aufgewachsen und hat die Begeisterung dafür wohl schon mit der Muttermilch aufgenommen. Nadine erzählt: «Bereits in meiner Jugend war ich im J&S-Westernunterricht bei Yolanda Facchin. Als ich in der achten Klasse war, hat meine Familie unseren selbst gezüchteten Quarter-Wallach Ribas Little Joe in die Grundausbildung zu Daniel Schmutz nach Langenbruck gegeben. Da mich die Ausbildung von Little Joe sehr interessierte, durfte ich während dieser Zeit dort in die Schnupperlehre. Dabei habe ich so viel Spannendes gelernt, dass schnell klar war, dass ich mich beruflich aufs Westernreiten konzentrieren wollte, und glücklicherweise bekam ich auch die Lehrstelle auf dem Hof Kilchzimmer von Daniel Schmutz.»

Pferdefachperson EFZ mit Fachrichtung Westernreiten wird man in einer dreijährigen Lehre im schweizweit üblichen Dualsystem. Das Schwergewicht zu Beginn der Ausbildung liegt in allen Fachrichtungen vor allem auf der Haltung und Pflege des Pferdes. Erst im dritten Lehrjahr konzentrieren sich Theorie und Praxis auf das fachrichtungsspezifische Westernreiten sowie auf die Ausbildung von Pferden und Reitern in dieser Reitweise und in deren Sportdisziplinen.

Junge Fachrichtung

Gemäss Simone Reiss, der Verantwortlichen für die Fachrichtung Westernreiten bei der Organisation der Arbeitswelt (OdA) Pferdeberufe, bieten in der Schweiz rund 20 Berufsbildner Lehrstellen EFZ Westernreiten und/oder EFZ Pferdepflege in Westernreitställen an. Die ersten Absolventen haben ihre Ausbildung 2011 mit dem Qualifikationsverfahren abgeschlossen; im Durchschnitt sind es seither drei bis fünf pro Jahr. Da die Fachrichtung noch sehr jung ist, gibt es noch nicht viele Erfahrungswerte dazu, wie viele Absolventen danach ihre Karriere im Westernreitsport weiterführen. Simone Reiss erklärt: «Nach den ersten Erfahrungen bleibt etwa die Hälfte der Absolventen in dieser Fachrichtung auf dem Beruf. Die andere Hälfte benutzt die Ausbildung als Sprungbrett für ihre weitere Laufbahn, zum Beispiel für eine pädagogische Hochschule. Wechsel in die klassische Reitweise sind uns bisher nicht bekannt.»

Das vierjährige Ausbildungspferd Sunny wird von Nadine Rindlisbacher behutsam in den Sport eingeführt. (Foto: zVg) Das vierjährige Ausbildungspferd Sunny wird von Nadine Rindlisbacher behutsam in den Sport eingeführt. (Foto: zVg)

Viel Lerninhalt

Die Westernreitweise hat sehr viele Facetten und beinhaltet viele Sportdisziplinen. Simone Reiss erläutert: «Reining als anerkannte Weltreiterspiel-Disziplin ist die bekannteste davon. Im Breitensport an der Basis, an der sich auch die berufliche Ausbildung orientiert, sind Ranch Riding und Trail die beliebtesten und meistverbreiteten Disziplinen.» Daher werde bei der Ausbildung Fachrichtung Westernreiten in den überbetrieblichen Kursen bereits im ersten Lehrjahr fachrichtungsspezifisch geritten und unterrichtet. Es sei für die Auszubildenden jedoch sehr anspruchsvoll, den fachrichtungsspezifischen Theorieteil in der Schule in nur einem Jahr zu lernen, da in den ersten zwei Jahren der Schulstoff für alle Fachrichtungen gleich sei und allgemein Haltung und Pflege der Pferde im Vordergrund stehe. Simone Reiss weiter: «Die OdA ist sich dessen bewusst und wird bei der nächsten Fünfjahresüberprüfung auch genauer anschauen, inwiefern hier Optimierungen möglich sind. Wir möchten zum Beispiel das Silberbrevet Westernreiten in die Ausbildung integrieren.»

Übungen im Gelände gehören zu den Inhalten der überbetrieblichen Kurse der angehenden Pferdefachpersonen EFZ Fachrichtung Westernreiten. (Foto: Sascha Stoll) Übungen im Gelände gehören zu den Inhalten der überbetrieblichen Kurse der angehenden Pferdefachpersonen EFZ Fachrichtung Westernreiten. (Foto: Sascha Stoll)

Breitensport bietet Karrierechancen

Wie Simone Reiss erklärt, ist es nicht Ziel der Fachrichtung Westernreiten, Profisportler zu formen, da die Chancen dazu in der Schweiz klein sind. Sie erklärt: «Der Schweizer Westernreitsport hat im Spitzensportbereich für Reining ein strukturelles Problem, denn er benötigt eine mindestens 40 × 80 Meter grosse Trainingshalle mit entsprechendem Reining-Boden, um die Voraussetzungen für das Training auf internationalem Level zu haben. Zurzeit gibt es in der Schweiz nur zwei solcher privat geführten Reining-Reithallen. Aufgrund des massiven Unterschiedes im Preis für ein Trainingspferd bei einem Trainer hier oder im EU-Raum fliessen die Schweizer Sponsorengelder eher ins Ausland. Es gibt sehr viele Schweizer Besitzer, deren Pferde unter EU-Reitern laufen. Nicht deshalb, weil diese besser sind, sondern weil es viel günstiger ist. Die Schweiz verfügt in vielen verschiedenen Westerndisziplinen über internationale Spitzenreiter, die jedoch medial hierzulande wenig Beachtung finden, da sie eben ihren Sport im Ausland betreiben.»

Die Chancen für Absolventen der Fachrichtung Westernreiten sieht Simone Reiss hierzulande daher vor allem im Breitensport: «Lernende, die eine Grundbildung in einer Fachrichtung absolvieren, haben ein breites Allgemeinwissen rund ums Pferd, das sie beruflich befähigen soll, ihren Lebensunterhalt damit verdienen zu können. Ihre Kundschaft sind primär Freizeit- oder Sportreiter, die Unterstützung beim Training und bei der Pflege benötigen. Um Pferde effektiv für den grossen Sport trainieren zu können, bedarf es eines viel längeren Zeitraumes als die dreijährige Lehre. Deshalb gehen Lehrabsolventen, die diese Laufbahn einschlagen möchten, nach dem Abschluss oftmals ins Ausland, um in einer Art Wanderlehrjahr die entsprechende Erfahrung sammeln zu können. Diejenigen, die danach zurück in der Schweiz ihre Dienste als Trainer in den verschiedenen Westerndisziplinen anbieten, sind gesucht und voll ausgelastet.»

Mit dem familieneigenen Little Joe sammelt Nadine Rindlisbacher in Allround-Wettbewerben regelmässig Turniererfahrung. (Foto: Andrea Gerber) Mit dem familieneigenen Little Joe sammelt Nadine Rindlisbacher in Allround-Wettbewerben regelmässig Turniererfahrung. (Foto: Andrea Gerber)

Erfahrung gesammelt

Die junge Fachfrau erzählt, dass sie während der drei Jahre viel Erfahrung sammeln konnte: «Ich durfte während der Lehre bereits Reining-Luft schnuppern und mich an der Ausbildung von jungen Pferden beteiligen, was mir viel Freude bereitet hat. Zudem hatte ich einen sehr fairen Ausbildner. Dani Schmutz gab uns Lernenden einen halben Tag mehr frei als vorgeschrieben, so hatten wir pro Woche vier Arbeitstage, zwei Tage frei und einen Tag Schule. Auch der morgendliche Beginn um sieben Uhr war human. Die Kollegen aus dem Pferderennsport beispielsweise mussten im Sommer bereits um halb sechs Uhr morgens im Stall stehen.» Die Arbeitszeiten seien aber ansonsten sehr unterschiedlich gewesen, je nachdem wie viele Pferde ihr Lehrmeister jeweils im Beritt hatte, erklärt Nadine Rindlisbacher weiter.

Der perfekte Sitz im Westernsattel will geübt sein. (Foto: Sascha Stoll) Der perfekte Sitz im Westernsattel will geübt sein. (Foto: Sascha Stoll)

Breit aufgestellt

Die ambitionierte junge Western-Fachfrau arbeitet nun seit bald einem Jahr auf dem elterlichen Betrieb in Dürrenroth, aber auch noch zwei Tage pro Woche bei ihrem ehemaligen Lehrmeister in Langenbruck. Nadine Rindlisbacher erläutert: «Zwar habe ich im Familienbetrieb beste Zukunftschancen, es ist mir aber auch sehr wichtig, vielseitig zu sein und möglichst viele Erfahrungen zu sammeln.» Auf ihre Zukunftspläne angesprochen, meint sie: «Ich liebe die Arbeit mit jungen Pferden und nehme sie gerne in Beritt, um ihnen die Grundausbildung schonend beizubringen. Zudem gebe ich Reitstunden auf unseren erfahrenen Schulpferden oder auch Kunden auf ihren eigenen Pferden. Im Winter werde ich voraussichtlich für ein paar Monate nach Deutschland reisen und dort auf einer Ranch ein Praktikum machen. Mein Ziel ist es, in einem Jahr einen Ranchaufenthalt in Amerika zu machen, da Weiterbildungen für meine Zukunft sehr wichtig sind.» Zudem nehme sie mit dem mittlerweile zehnjährigen Little Joe regelmässig an Allround-Turnieren teil und könne dieses Jahr einer jungen Paint-Stute, die sie selbst angeritten habe, den Turniersport zeigen. Auch möge sie das Reining sehr und habe die Gelegenheit, mit einer Quarter-Stute von Kunden, diese Disziplin auszuüben.

Nadine Rindlisbacher schwärmt: «Für mich hat die Zeit nach der Lehre toll begonnen, ich habe so viele Möglichkeiten, mich zu entfalten, und bin wirklich glücklich in meinem Beruf.» Sie stellt aber klar: «Der familieneigene Betrieb ist zwar ein grosser Rückhalt, trotzdem besteht aber auch mein Alltag - wie der meiner Berufskolleginnen und -kollegen, die fremdangestellt sind - vor allem aus Stallarbeit, Pferdepflege, Kundenbetreuung und Trainingseinheiten. Die Turnierteilnahmen sind nur der Lohn für die tägliche Arbeit. Denn gerade wenn man auf dem eigenen Betrieb arbeitet, hat die Arbeitswoche meistens sieben lange Tage, und auch die Freizeit findet vorwiegend im Sattel statt.»

Barbara Würmli

(Foto: Dariel Henzi) (Foto: Dariel Henzi)

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