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Winter, Wonne, Weide – wettkampffreie Zeit

13 Februar 2023 09:00

Die Tage werden kürzer, die Turniere im Kalender weniger. Viele Sportpferde, die keine Hallensaison bestreiten, gehen in die wohlverdiente Winterpause. Zeit und Möglichkeit auch für die Vierbeiner, mal ein bisschen die Seele baumeln zu lassen und tief durchzuatmen. Doch was machen Delioh von Buchmatt CH, Dino XVIII und Toblerone CH über die Wintermonate eigentlich konkret? «Bulletin» hat bei den drei Kadermitgliedern nachgefragt

Beim winterlichen Ausritt die Seele baumeln lassen und ganz nebenbei die Ausdauer trainieren. | © imago/Frank Sorge Beim winterlichen Ausritt die Seele baumeln lassen und ganz nebenbei die Ausdauer trainieren. | © imago/Frank Sorge

«Bulletin»: Wie überwintern deine Cracks?

Carla Aeberhard (CA): Ich versuche, Delioh nach dem Ende der Hauptsaison, also etwa ab Mitte Oktober, eine richtige Pause zu geben. Das heisst, dass ich etwa vier Wochen den Fokus ausschliesslich auf Ausreiten, Gymnastik und Longenarbeit richte. Dazu gehört auch Bodenarbeit, zum Beispiel über Plastikplanen gehen und ähnliche Übungen. In dieser Zeit mache ich nach Möglichkeit auch wichtige Impfungen und die Zahnkontrolle.

Carla Aeberhard und Delioh von Buchmatt CH an der Weltmeisterschaft 2022 in Herning (DEN) | © Stefan Lafrentz Carla Aeberhard und Delioh von Buchmatt CH an der Weltmeisterschaft 2022 in Herning (DEN) | © Stefan Lafrentz

Carla Aeberhard ist seit drei Jahren Mitglied des Elitekaders Dressur und war zuvor bereits als Junge Reiterin für die Schweiz am Start. Mit dem 15-jährigen Delioh von Buchmatt CH konnte sie 2022 den Schweizermeistertitel ergattern. Das Paar war in den vergangenen drei Jahren an zwei Europameisterschaften und einer Weltmeisterschaft der Elite am Start.

Nadja Minder (NM): Die Pferde bleiben bei mir zu Hause, auch über den Winter. Wenn die Bodenverhältnisse es zulassen, gehen sie das ganze Jahr über täglich auf die Weide. Nach der Saison werden sie gut sechs Wochen lang locker gearbeitet, und wir gehen viel ausreiten. Je nach Pferd und Planung nehme ich im Dezember oder Januar die Arbeit wieder auf und reite die Pferde regelmässig Dressur. Auch beginne ich progressiv mit der Springgymnastik. Etwa ab Februar wird die Vorbereitung intensiver, und Richtung Saison gehe ich dann bereits an das eine oder andere Springturnier. Die meiste Zeit reite ich meine Pferde jedoch draussen im Gelände und versuche auch hier, mit ihnen dressurmässig zu arbeiten. Mit Bergtrab und dem einen oder anderen flotten Galopp bauen wir die Kondition sorgfältig und grundlegend auf.

Nadja Minder und Toblerone CH an der Weltmeisterschaft 2022 in Pratoni del Vivaro (ITA) | © FEI/Massimo Argenziano Nadja Minder und Toblerone CH an der Weltmeisterschaft 2022 in Pratoni del Vivaro (ITA) | © FEI/Massimo Argenziano

Nadja Minder war 2021 noch Kadermitglied der Jungen Reiter der Disziplin Concours Complet und schaffte nahtlos den Übertritt ins Elitekader. 2022 war sie erstmals an der Weltmeisterschaft der Elite dabei. Sie hatte eine erfolgreiche Saison mit mehreren Top-5-Platzierungen und konnte sogar das lange 4*-Turnier in Baborówko (POL) mit Toblerone CH für sich entscheiden.

Michaël Barbey (MB): Unsere Pferde sind das ganze Jahr über bei uns daheim. Sie marschieren jeden Morgen etwa 50 Minuten lang in der Führanlage bei einem entspannten Schritttempo von 5,5 km/h. Je nach Wetter sind sie täglich und das ganze Jahr über zwischen zwei und fünf Stunden auf der Weide. Die Arbeit ist auf jedes Pferd individuell abgestimmt. Im Durchschnitt werden sie einmal pro Woche longiert, ein- bis zweimal eingespannt, einmal dressurmässig geritten und gehen zusätzlich etwa zweimal pro Monat auf das Laufband.

Michaël Barbey und Dino XVIII an der Weltmeisterschaft in Le Pin-au-Haras (FRA) | © Brigitte Gfeller Michaël Barbey und Dino XVIII an der Weltmeisterschaft in Le Pin-au-Haras (FRA) | © Brigitte Gfeller

Michaël Barbey ist schon seit vielen Jahren Mitglied des Elitekaders der Einspännerfahrer. Er war bereits mit mehreren Pferden mit dem Schweizer Team erfolgreich auf Medaillenjagd an Championaten. An der Weltmeisterschaft 2022 im französischen Le Pin reichte es dem Team nur ganz knapp nicht für Bronze. Dieses Jahr ist er erstmals Mitglied des Zweispännerkaders.

Was ist dir im wettkampffreien Winter besonders wichtig?

CA: Viel ausreiten und lockeres Reiten. So kann auch Delioh runterfahren und den Kopf «verlüften». Danach ist er wieder voll motiviert für die intensivere Aufbauarbeit.

NM: Mir ist sehr wichtig, dass ich auch in dieser Zeit auf das Pferd «höre». Mein Ziel ist es immer, dass es motiviert ist und bleibt und bei allem, was wir machen, physisch und psychisch stärker wird. Ich setze den Fokus im Moment speziell auf die Versammlung, immer mit dem Hintergedanken, dass ich ihnen viel Abwechslung dabei biete.

MB: Das Wichtigste für mich ist Abwechslung. So können wir die Geschmeidigkeit, das Geraderichten, die Reaktionsfähigkeit und die Muskelkraft verbessern. Dadurch, dass wir die Arbeit variieren, bleiben die Pferde motiviert und arbeiten mit Freude.

 

Wie organisierst du das Abtrainieren am Ende der Turniersaison? Und wie trainierst du deine Pferde danach für das erste Turnier im Jahr 2023?

CA: Dank Ausreiten, Longieren und Bodenarbeit gestaltet sich das Abtrainieren abwechslungsreich und ganz von alleine. Nach der Pause beginnen wir wieder mit intensiveren Kräftigungs- und Geschmeidigkeitsübungen. Der Fokus liegt noch nicht auf den einzelnen Lektionen, vielmehr auf der Durchlässigkeit und Kräftigung. Mit meiner Trainerin Elena Fernandez arbeiten wir in der Winterzeit auch gerne intensiver an konkreten Lektionen, nehmen diese auseinander und gehen auch einmal einen Schritt zurück, um dann eine Verbesserung zu erzielen. Anfang Jahr finden auch wieder Kadertrainings mit dem Nationaltrainer statt, um die Winterarbeit zu überprüfen.

NM: Am Ende der Turniersaison gehen wir viel ausreiten und beobachten die Pferde sehr genau. Sie gehen so oft wie möglich auf die Weide und können sich dabei frei bewegen, wie es ihnen gerade passt. Wenn die Pferde wieder bereit sind für intensivere Arbeit, zeigen sie das meistens von sich aus. Bevor sie vor lauter Unterbeschäftigung und Übermut auf blöde Ideen kommen - gerade bei Toblerone kann das durchaus vorkommen -, nehme ich die dressurmässige Arbeit wieder auf und versuche, die Pferde vor allem auch im Kopf zu beschäftigen und zu fordern.

MB: Wenn die Wettkämpfe der Saison durch sind, nimmt die intensive Arbeit ab, und es gibt mehr Raum für Ausritte. Daher erfolgt das Abtrainieren auf ganz natürliche Weise. Die Pferde haben am Ende des Jahres etwa drei Wochen Pause, also lediglich Weide, Führanlage und kleine Ausritte oder Ausfahrten, um im Januar wieder mit der Arbeit zu beginnen. Die Arbeitsintensität nimmt langsam wieder zu, Konditionstrainings und entsprechende Trainingsreize werden etwa alle drei Wochen angesetzt.

Die Gespräche führte
Nicole Basieux

Erholung pur: winterlicher Weidespass in guter Gesellschaft | © unsplash/Kristin O. Karlsen Erholung pur: winterlicher Weidespass in guter Gesellschaft | © unsplash/Kristin O. Karlsen

Erholung pur: winterlicher Weidespass in guter Gesellschaft Erholung pur: winterlicher Weidespass in guter Gesellschaft

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