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Zucht | Welcher Hengst passt zu meiner Stute?

17 März 2023 14:00

Tipps für die professionelle Auswahl eines Hengstes

Der Frühling kommt! Die Decksaison hat begonnen! Für viele erfahrene Züchter beginnt die Suche nach dem passenden Vater schon lange vor der eigentlichen Decksaison. Jeder Stutenbesitzer sollte sich vor der ersten Belegung aber ein paar grundsätzliche Fragen stellen.

Gastbeitrag des Zuchtverbands CH-Sportpferde (ZVCH)

Das Ziel eines jeden Züchters – ein gesundes Fohlen | © Katja Stuppia Das Ziel eines jeden Züchters – ein gesundes Fohlen | © Katja Stuppia

Wofür züchte ich?

Möchte ich das Fohlen für mich selbst behalten oder soll bereits das Fohlen verkauft werden? Will man das Zuchtprodukt als Fohlen verkaufen, sind Abstammungen gefragt, die am Markt aktuell gefragt sind. Nicht immer decken sich die eigenen Vorstellungen mit denen der potenziellen Käufer eines Fohlens. Hierbei spielt auch der angestrebte Verkaufskanal eine Rolle. Soll das Fohlen über eine Auktion verkauft werden oder vermarkte ich es selber?

Möchte ich ein dressur- oder ein springbetont gezogenes Fohlen? Wie soll es aussehen?

Heute weiss man, dass die Zucht auf die Dressur die Springeignung negativ beeinflussen kann und umgekehrt. Bei der Anpaarung sollte man also die Veranlagung der eigenen Stute mit den passenden Eigenschaften eines Hengstes kombinieren.

In der modernen Warmblutzucht müssen die Hengste dem Alter entsprechend im Sport geprüft werden. Die Resultate im Sport werden offiziell erfasst und können über öffentlich zugängliche Kanäle abgefragt werden, beispielsweise beim Schweizerischen Verband für Pferdesport (SVPS) oder beim internationalen Pferdesportverband (FEI). Auch die Website des Weltzuchtverbandes für Sportpferde (WBFSH) bietet Rankinglisten der besten Vererber. Sie beruhen auf offiziellen Resultaten der FEI. Zudem gibt es neben den Social-Media-Kanälen der Hengstbesitzer weitere Datenbanken wie Horsetelex oder Rimondo, die man für Recherchezwecke nutzen kann. Aber Achtung! Die Informationen auf diesen Seiten beruhen auf privaten Einträgen und lassen sich nicht in jedem Fall offiziell bestätigen.

Die Resultate der Zuchtwertschätzung bieten ebenfalls eine sichere Datenbasis. Neben den Zuchtwerten für die Leistung im Sport oder am Feldtest werden auch Merkmale des Exterieurs aufbereitet. Die meisten Stuten werden bei der Eintragung zur Zucht beim Zuchtverband CH-Sportpferde (ZVCH) linear beschrieben. Das Protokoll dieser Beschreibung ist eine wertvolle Hilfe bei der Auswahl des Hengstes bezüglich des Exterieurs. Weitere Informationen hierzu finden Sie auf der Website des ZVCH.

Ist meine Stute gesund für die Zucht?

Diese Frage beleuchtet drei Aspekte.

Zum einen ist die Erbgesundheit wichtig. So schützt zum Beispiel ein Gentest auf WFFS und PSSM1 vor unliebsamen Überraschungen. Auf der Website des ZVCH finden Sie weitere Informationen zu diesem Thema und Hinweise für das Einsenden von Testmaterial (Haare mit Wurzeln) ins Prüflabor.

Zudem sollte jeder Züchter ehrlich den Gesundheitsstatus seiner zukünftigen Zuchtstute analysieren. Ist die aktuelle Gangunregelmässigkeit tatsächlich die Folge eines Unfalls oder steckt vielleicht ein genetisches Veranlagungsproblem dahinter?

Gesunde Fohlen können nur aus gesunden Eltern entstehen!

Und drittens stellt eine Trächtigkeit und das anschliessende «Führen eines Fohlens» in der Säugezeit eine beachtliche Leistung für eine Stute dar. Ist meine Stute für diese Belastung physisch und psychisch überhaupt fit?

Stuten im Untersuchungsstand für die Besamung | © ISME Stuten im Untersuchungsstand für die Besamung | © ISME

Kann ich mir die Zucht eines Fohlens überhaupt leisten?

Hier stehen natürlich finanzielle Aspekte im Vordergrund. Eine Auflistung der zu erwartenden Kosten hilft, den Überblick zu bewahren.

Die Höhe der Decktaxe ist ein prominenter Wert in dieser Liste. Sie wird vom Hengsthalter oft gesplittet verrechnet: ein Teil bei der Belegung und ein weiterer Teil bei bestätigter Trächtigkeit im Herbst oder bei Geburt eines lebenden Fohlens. Letzteres ist ein attraktives Model, bei dem der Hengsthalter hilft, das Risiko einer Nichtträchtigkeit der Stute zu tragen. Ein Risiko, das oft vom Züchter alleine geschultert werden muss. «Viel Aufwand und am Schluss kein Fohlen!» – auch das gehört zum Züchterleben.

Neben der Decktaxe fallen auch Tierarztkosten für die Besamung, die Trächtigkeitsuntersuchung und die notwendigen Impfungen der Stute an. Der – vielleicht wiederholte – Transport der Stute ins Besamungszentrum oder zum Hengst generiert ebenfalls Kosten.

Auch die Haltung der trächtigen und dann säugenden Stute verursacht Aufwand und wenn erst ein gesundes und herziges Fohlen im Stall steht, vergisst man schnell, dass auch dieser glückliche Moment im Leben eines Züchters Geld kostet.

Die Gebühren für Identifikation und Passausstellung beim zuständigen Zuchtverband sind ein vergleichsweise kleiner Anteil an den Gesamtkosten.

Je nach Planung über die Zukunft des Fohlens folgt dann der doch recht grosse Aufwand für Aufzucht und Ausbildung.

Neben dem finanziellen Aspekt spielt auch der Faktor Zeit eine wichtige Rolle. Der zeitliche Aufwand in der Decksaison und vor allem in der Abfohlphase darf nicht unterschätzt werden!

Und noch etwas: eine Stute trägt elf Monate. Das Fohlen bleibt dann mindestens sechs Monate bei der Mutter. Man trägt in dieser Zeit die Verantwortung für zwei Pferde.

Ein Einsatz der tragenden und säugenden Stute im Sport ist einschränkend reglementiert. Will man unbedingt ein Fohlen seiner Stute und möchte diese trotzdem im Sport nutzen, bietet sich mit dem Embryotransfer (ET) eine mögliche Alternative. Hierbei kommen dann zusätzliche Aufwendungen für den ET und die Haltung der Empfängerstute hinzu.

Picobello van’t Roosakker v. Kassander van’t Roosakker – Canabis – Eurocom. Berlin ex. Casper: neu gekört im 2022 für den ZVCH | © Katja Stuppia Picobello van’t Roosakker v. Kassander van’t Roosakker – Canabis – Eurocom. Berlin ex. Casper: neu gekört im 2022 für den ZVCH | © Katja Stuppia

Die Auswahl des Hengstes

Ein wichtiges Hilfsmittel für die Auswahl des passenden Hengstes ist der Hengstkatalog des ZVCH. Die Ausgabe für 2023 ist soeben erschienen. 67 gekörte Hengste stehen den Züchtern zur Verfügung und werden mit Foto, Abstammung, Leistungsangaben und Informationen zum Deckeinsatz vorgestellt. Alle Angaben sind offiziell recherchiert. Hengste, die im Rahmen einer Körung beim ZVCH die strengen Gesundheitskriterien erfüllt haben, sind mit einer speziellen Rosette gekennzeichnet.

Für die Decksaison 2023 stehen drei neu gekörte Hengste zur Verfügung. Sie werden auf der Website des ZVCH näher vorgestellt.

Der Hengstkatalog steht online zur Verfügung, kann auf Wusch aber auch als Broschüre gratis bestellt werden.

Hengste, die nicht im Hengstkatalog aufgeführt, aber im Ausland gekört sind, können über die Einzeldeckbewilligung ebenfalls eingesetzt werden. Nach der Geburt des Fohlens stellt der Stutenbesitzer einen entsprechenden Antrag an den ZVCH und zahlt die Gebühr von 200 Franken.

Eine wichtige Informationsquelle sind auch die Hengstpräsentationen, die zu Beginn der Decksaison im In- und Ausland stattfinden. Den Vater seines zukünftigen Fohlens live zu erleben, ist sicher immer noch die beste Methode. An diesen Anlässen bietet sich zudem die Möglichkeit, sich mit anderen Züchtern auszutauschen.

Alle Hengstpräsentationen persönlich zu besuchen, ist bei der Fülle des Angebots nicht möglich. Mit der Übertragung durch Videoanbieter wie ClipMyHorse hat auch hier die moderne Kommunikation in der Pferdezucht Einzug gehalten.

Daneben bieten Sport- und Zuchtveranstaltungen wertvolle Informationen. Hier kann man die Hengste selber oder bereits ihre Nachkommen im Einsatz verfolgen. Das Gespräch mit den Reitern der Pferde vermittelt ausserdem Eindrücke über innere Eigenschaften der vorgestellten Tiere. Fast jeder Reiter und Besitzer erzählt gerne über seine Pferde! Fragen Sie einfach!

Der Hengstkatalog 2023 des ZVCH ist online verfügbar und kann kostenlos als Broschüre bestellt werden. Der Hengstkatalog 2023 des ZVCH ist online verfügbar und kann kostenlos als Broschüre bestellt werden.

Tipps rund um die Besamung

Neben den Recherchen rund um die Qualität der Hengste sind auch Abklärungen bezüglich der Verfügbarkeit relevant. Nachfolgend ein paar wichtige Tipps rund um die Besamung.

  • Samen frühzeitig organisieren und rechtzeitig bestellen! (Vorbestellung, Abklärungen)
    Das gilt vor allem für gefragte Sporthengste.
  • Bei Bestellung Wochenende und Feiertage beachten! (Zollabfertigung geschlossen)
  • Plan B: Von welchem Hengst steht kurzfristig Tiefgefriersamen (TG) zur Verfügung, wenn der bestellte Samen nicht pünktlich kommt?
  • TG-Samen minimiert das Risiko.
  • Zusammenarbeit mit Reproduktionsstationen und erfahrenen Besamungstierärzten. Diese haben oft ein professionelles Netzwerk für den Samenimport.
  • TG-Container schnell retour senden!
  • Fohlenkarten/Samenverwendungsnachweis/Belegausweis verlangen und aufbewahren! (Grundlage für die Fohlenmeldung im Folgejahr)

Bei Fragen rund um die Sportpferdezucht steht Ihnen das Team des ZVCH in Avenches gerne zur Verfügung.
Kontaktieren Sie uns!
Montag bis Freitag 08.00-11.30 Uhr: 026 676 63 40
oder E-Mail an info@swisshorse.ch

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