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Endurance Day 2021: Ein Traditionsanlass geht neue Wege

02 Februar 2021 08:00

Der Endurance Day gehört zu den jährlichen Höhepunkten der Schweizer Distanzreitszene - üblicherweise ein geselliges Treffen unter Freundinnen und Freunden einer der ältesten Pferdesportdisziplinen überhaupt. Doch angesichts der aktuellen Gesundheitslage müssen manche Traditionen über Bord geworfen und die Segel neu gesetzt werden. So surften die «Distänzler» Anfang Januar dieses Jahres im Internet zum virtuellen Endurance Day.

Ahmed Al Samarraie referiert über die Zucht und den Kauf von Endurancepferden. Ahmed Al Samarraie referiert über die Zucht und den Kauf von Endurancepferden. (Bild: SVPS/Regula Bodenmann)

Bereits einige Tage vor der Veranstaltung wurde den interessierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Präsentation per E-Mail zugestellt, damit sie sich in die aktuellen und teils brisanten Themen einlesen und allfällige Fragen einreichen konnten. So begann das Meeting denn auch in gespannter Erwartung der verschiedenen Referate.

Die eingewählten Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden stimmungsvoll mit einem virtuellen Amuse-Bouche empfangen, einem emotionsgeladenen Film über den nationalen Endurancesport, der anlässlich der für Ende November 2020 vorgesehenen, schliesslich jedoch abgesagten Pferdemesse ExpoHorse hätte gezeigt werden sollen, wie die Disziplinleiterin Karin Kollmer im Anschluss in ihrer Begrüssungsrede erklärte. Auch Franz Häfliger, der Verantwortliche für den Wettkampfsport im SVPS-Vorstand, hiess die über 60 Meetingteilnehmerinnen und -teilnehmer herzlich willkommen und überbrachte das Grusswort des Dachverbandes.

Umfrage über Anpassungen im Endurancesport

Eine Ende 2020 vom Leitungsteam Endurance lancierte Online-Umfrage soll Aufschluss darüber geben, welche Anpassungen im Schweizer Endurancesport nötig sind, um die Disziplin noch attraktiver zu machen und auch Neulinge anzulocken. Das Anliegen traf auf grossen Anklang, denn mit rund 180 ausgefüllten Fragebogen war der Rücklauf erfreulich hoch, wie Karin Kollmer zur Einführung berichtete, bevor sie einige Eckdaten der Auswertung bekannt gab.

Die Fragen zu den Enduranceprüfungen mit vorgeschriebener Geschwindigkeit (EVG) der Kategorien 1-4 ergaben, dass sich eine grosse Mehrheit dafür aussprach, dass diese auch in Zukunft in gewohnter Form weitergeführt werden sollen. Dennoch zeigte sich rund ein Drittel der Umfrageteilnehmenden offen für Neues. So würde beispielsweise eine Tempi-Anpassung in Abhängigkeit von Topografie bzw. lokalen Begebenheiten von einer 90:48-Mehrheit begrüsst, wobei das jeweilige Tempo durch den Veranstalter zusammen mit dem Chef Technik festgelegt würde. Die Anpassungen, dass die Pulskomponente für die Rangierung wegfallen bzw. nur bei gleicher Geschwindigkeit relevant wäre sowie dass der Puls bzw. der Schlusspuls auf 60 Schläge pro Minute (bpm) gesenkt würde, stiessen gleichermassen auf Anklang. «Die Ergebnisse zeigen, dass die von der Disziplin Endurance angestrebte Vereinfachung für die Veranstalter und die Angleichung oder Anpassung an die Bestimmungen der umliegenden Länder von den Umfrageteilnehmenden grossmehrheitlich gutgeheissen werden», hielt Karin Kollmer fest.

Eine weitere Frage war, wie es mit den nationalen Enduranceprüfungen (CEN) weitergehen soll. Auch hier würde es eine Zweidrittelmehrheit begrüssen, wenn eine Anpassung an die umliegenden europäischen Länder mit kürzeren Rennen (z. B. ab 60 km) und strengeren Tierschutzvorschriften (z. B. Puls von 56 bpm nach 15 Minuten) angestrebt würde. Fast ebenso viele Umfrageteilnehmende sprachen sich zudem dafür aus, dass in der Schweiz wieder internationale Enduranceprüfungen auf Einsternniveau (CEI1*) ausgetragen werden sollten.

Die Umfrage wird nun weiter detailliert ausgewertet, und die Ergebnisse werden in die Entscheidungen einfliessen, welchen Weg der Schweizer Distanzreitsport ab 2022 einschlagen wird.

Zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer verfolgten den ersten Online Endurance Day gemütlich in der guten Stube. Zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer verfolgten den ersten Online Endurance Day gemütlich in der guten Stube. (Bild: SVPS/Regula Bodenmann)

Förderteam schafft Perspektiven

Um bis ins Jahr 2024 ein breiteres Perspektiv- und Elitekader anzustreben und dabei auch den Team-Spirit zu fördern, hat sich das Leitungsteam Endurance entschlossen, ab 2021 eine Gruppe von Reiterinnen und Reitern zu einem «Förderteam» zusammenzuziehen. Ziel ist es, diese Reiterinnen und Reiter ab Niveau EVG 3 auf dem Weg zu internationalem CEI-Niveau zu begleiten. Dabei will man ihnen beispielsweise Unterstützung bei der Saisonplanung bieten sowie diverse Trainings und Online-Coachings, unter anderem durch die SVPS-Sportchefin oder den SVPS-Tierarzt der Disziplin Endurance, anbieten. «Dass das Interesse an einer solchen Förderung vorhanden ist, hat sich im August des vergangenen Jahres gezeigt», erläutert Karin Kollmer. «Im Rahmen einer Sichtung bot das Leitungsteam ein Training auf der Pferderennbahn Schachen Aarau an, das allen Reiterinnen und Reitern ab EVG-3-Niveau offenstand. Dass daran zehn Personen teilgenommen haben - trotz Corona - hat uns sehr gefreut und gezeigt, dass eine Nachfrage nach einem solchen Angebot vorhanden ist», meint die Disziplinleiterin weiter. Sie betont, dass man damit keinesfalls die Regionalverbände konkurrenzieren wolle. Vielmehr sieht sie das Förderteam als Ergänzung bzw. weiterreichenden Zweig nach der wichtigen Basisarbeit auf Niveau EVG 1 und EVG 2, die durch die Regionalverbände wahrgenommen wird, oder für Reiterinnen und Reiter ohne internationale Turnierambitionen, die auf Niveau EVG 3 bleiben möchten.

Der Endurancesport aus Züchtersicht

Das eigentliche Highlight des Abends war sicherlich der abschliessende Vortrag von Ahmed Al Samarraie. Der in Deutschland wohnhafte erfolgreiche Züchter von Distanzpferden referierte anschaulich und ausführlich über die Anforderungen an ein Pferd für die Endurance. Er beleuchtete die Thematik nicht nur aus Sicht des Züchters, sondern - besonders spannend - auch aus Sicht des Pferdekäufers, wobei er einige Punkte darlegte, die es beim Kauf eines Distanzpferdes zu beachten gilt. «Als Erstes muss sich der Käufer beispielsweise im Klaren darüber sein, was seine Ziele sind und was er reiterlich erleben bzw. erreichen kann und will», hält Ahmed Al Samarraie fest. «Sieht er sich als Freizeitreiter, allenfalls ambitioniert mit Leistungsansatz? Oder hat er die feste Absicht, sich als Leistungssportreiter mit internationaler Ausrichtung zu etablieren? Diese Fragen gilt es zuerst zu klären», meint er weiter. «Ein Freizeitreiter mit Schwerpunkt Distanzreiten ist eher ein Reiter mit einer Ausrichtung auf das Naturerlebnis, er möchte Zeit mit seinem Pferd verbringen und beispielsweise Wanderritte, Trekkings, Orientierungsritte oder kurze Distanzritte reiten. Er will ein genügsames, gesundes, ruhiges, kooperatives Pferd, oftmals eines bestimmten Farb- oder Schecktyps oder einer Sonderrasse. Ein solches Pferd kann man überall kaufen», so Al Samarraie. «Ein Distanzreiter im Leistungssport, also ein internationaler Distanzreiter, sucht hingegen ein Pferd, das Potenzial zur Leistungserbringung hat. Das heisst, es muss Leistungsbereitschaft und -vermögen mitbringen. Hier ist ein Kauf beim Züchter naheliegend.»

Als weiterer Punkt soll man sich die Frage stellen, was für ein Pferd man sucht - dies etwa bezüglich des Alters, des Ausbildungsstandes sowie des Hintergrundes. Danach kann man sich überlegen, ob man ein Pferd durch einen Händler, einen Züchter oder frei über Angebote selektionieren will. «Ein wichtiger Punkt ist sicherlich auch die Preisvorstellung», ergänzt der erfahrene Züchter. «Deckt sich diese mit dem Markt, der Erwartung an Pferd und Züchter? Bin ich bereit, dem Aufwand und der Umsichtigkeit des Züchters hinsichtlich Fütterung, Haltung, Auswahl und Anpaarung und bei der Aufzucht des Fohlens bzw. der Ausbildung des Jungtieres Rechnung zu tragen?» Ob man ein Pferd nun beim Züchter, Händler oder auf dem privaten Markt kaufen will: In jedem Fall soll ein Gesundheitscheck, Equidenpass und Impfnachweis vorgelegt werden können. «Risiken kann man zwar nie ganz ausschliessen, doch wer mehr Sicherheit will, sollte beim seriösen Züchter kaufen», hält Ahmed Al Samarraie abschliessend fest.

Inspiriert und voller Tatendrang verabschiedeten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Online Endurance Day virtuell. Die gefassten Vorsätze und die Motivation aller «Distänzler» wird dem Schweizer Endurancesport in der bevorstehenden Saison 2021 sicherlich neuen Schwung verleihen und hoffentlich viele Neulinge für diese Disziplin begeistern können.

Regula Bodenmann, Cornelia Heimgartner

 

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