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Dossier: In Memoriam

Ein Adliger als Visionär

10 Mai 2021 09:00

Nachruf zum Tod von Prinz Philip

Prinz Philip, ein leidenschaftlicher Fahrer.  |  © Archiv Max E. Ammann Prinz Philip, ein leidenschaftlicher Fahrer. | © Archiv Max E. Ammann

Keiner hat länger als Präsident des Reit-Weltverbands FEI amtiert als Prinz Philip - von 1964 bis 1986. In diesen 22 Jahren wandelte sich die FEI vom Altherrenklub, der sich einmal im Jahr im verblassenden Grand Hotel Palace in Brüssel zur Generalversammlung traf, zum modernen Sportverband. Pferdepässe, Dopingkontrollen, Öffentlichkeitsarbeit, Sponsoring: 1964 waren das alles Fremdwörter in der FEI - unter dem Prinzen änderte sich einiges. Er war nicht Verwalter, sondern Visionär und Reformer, dabei Pragmatiker.

Zunächst schuf Prinz Philip als Präsident ein Jahresklassement der Nationenpreise, «The Presidents Cup», und stiftete eine Skulptur seiner Ehefrau zu Pferd als Ehrenpreis. Später erkannte er die Möglichkeit eines Weltcups, einer globalen Serie von Einzelprüfungen.

Für den Schweizer Journalisten, der ihm an den Olympischen Spielen 1976 in Montreal die Weltcup-Idee präsentierte, war Prinz Philip ein herzlicher, aber formell-distanzierter Gesprächspartner. Für keinen Aussenstehenden war er Philip - er blieb «His Royal Highness».

Als ich ihm im Mai 1978 auf Schloss Windsor das Weltcup-Projekt erläuterte, schloss Prinz Philip die Sitzung mit den Worten, ich müsse den Weltcup leiten und er werde das Reglement von meinem amerikanischen Englisch in ein richtiges Englisch übersetzen.

Bei Gesprächen mit dem Prinzen liessen sich Eigenarten erkennen. Sagte er «I see», so merkte man, dass er wenig oder nichts verstand und man neu erklären musste. Sagte er «I do not understand», verstand er sehr wohl, aber mochte das nicht, was er gehört hatte.

Prinz Philip und Max E. Ammann an der FEI-Generalversammlung in London 2005.  |  © Archiv Max E. Ammann Prinz Philip und Max E. Ammann an der FEI-Generalversammlung in London 2005. | © Archiv Max E. Ammann

Prinz Philip war kein Freund der Medien - mit Ausnahme der Pferdesportjournalisten. Spontane Äusserungen, oft boshaft und beleidigend, aber auch witzig und zutreffend, gehörten zu ihm. Als an einer FEI-Versammlung die Delegation aus Peking dagegen protestierte, dass die Fahne Taiwans aufgehängt werden sollte, sagte er zu den Chinesen: «Sie können ein Paar Unterhosen als Flagge verwenden und dazu den Colonel Bogey March spielen - es interessiert mich nicht.»

An einer Pressekonferenz vor den Sommerspielen 1984 in Los Angeles wurde der Prinz von einem Reporter gebeten, die Sicherheitsmassnahmen zu kommentieren. Seine Antwort: «Ich bin kein Spezialist für Sicherheitsfragen, ich bin ein Opfer davon.»

Ab 1968 interessierte sich Prinz Philip für den Fahrsport und brachte diesen als vierte Disziplin in die FEI. Er fuhr selbst ein Gespann und war mehrere Jahre Mitglied der britischen Viererzug-Equipe bei Welt- und Europameisterschaften. 1980 gewann er sogar WM-Mannschaftsgold. Sein bestes Einzelresultat war Platz sechs an der WM 1982. Davor war er ein tüchtiger Polospieler gewesen, mit einem Goal-Handicap von fünf.

Während seiner Präsidentschaft wurden auch Voltigieren und Endurance als Disziplinen in die FEI aufgenommen. Und er war es, der durchsetzte, dass 1990 in Stockholm erstmals Weltreiterspiele stattfanden, welche die Vielfalt des Pferdesports eindrücklich zeigen. Dass diese nun am Verschwinden sind, hat ihn zweifellos geschmerzt.

Das Urteil sei erlaubt. Der nun verstorbene Prinz Philip war der beste Präsident, den die FEI je hatte.

Max E. Ammann

Prinz Philip gratuliert dem jungen Schweizer Christian Iseli in Frauenfeld 1974.  |  © Archiv Max E. Ammann Prinz Philip gratuliert dem jungen Schweizer Christian Iseli in Frauenfeld 1974. | © Archiv Max E. Ammann

Keinen Zutritt für Prinz Philip in Zug

Mit Sicherheitsvorkehrungen konfrontiert sah sich Prinz Philip an den Olympischen Sommerspielen 1984 in Los Angeles nicht zum ersten Mal. Warum die Eröffnungsfeier für die Europameisterschaft der Viererzugfahrer 1981 in Zug nicht der helvetischen Pünktlichkeit folgte, sondern mit einer Verspätung von mehr als einer Viertelstunde ablief, war, wie sich später herausstellte, auf die Sicherheitsvorkehrungen zurückzuführen. Die Organisatoren hätten es wohl als Beleidigung gegenüber Prinz Philip erachtet, seiner Königlichen Hoheit und dem amtierenden FEI-Präsidenten einen Badge für freien Eintritt abzugeben. Doch ohne Badge gab es weder für ihn noch seine Begleiter Zutritt ins Stadion. Der für die Einlasskontrolle zuständige Angestellte des Sicherheitsdienstes folgte dem auf die hochrangigen Gäste ausgelegten Dispositiv und sagte: «Jeder kann sagen, er sei Prinz Philip!» Er blieb vor dem Eingang stehen und verwehrte den Eintritt. Doch Prinz Philip zeigte sich während der ganzen Veranstaltung souverän - im Wettkampf, den er als Zehnter abschloss, wie bei der Schlusszeremonie am Sonntag, als wie schon am Eröffnungstag das Mikrofon ausfiel. Nach einigen Minuten verlegenen Wartens bedankte er sich Kraft seiner eigenen Stimme bei den Organisatoren für ihre Mühe und Arbeit. Ein begeisterter Applaus blieb nicht aus.

Thomas Frei
Pferdesportjournalist

Prinz Philip - Pferdesportbesuche in der Schweiz

1974, August
Besuch der 2. Weltmeisterschaft der Viererzugfahrer in Frauenfeld

1979, Oktober
Sitzung der FEI-Bureau in Bern. Besuch Tierspital, EMPFA, Avenches, Nachtessen im «Sternen» Grosshöchstetten

1980, Dezember
FEI-Generalversammlung in Bern

1981, August
Teilnahme an der Europameisterschaft der Viererzugfahrer in Zug. Gewinn der Mannschafts-Bronzemedaille

1982, Dezember
FEI-Generalversammlung in Genf

1984, Dezember
FEI-Generalversammlung in Bern

Prinz Philip als Viererzugfahrer: Teilnahme an internationalen Turnieren

  Rangierung
Einzel
Rangierung
Mannschaft
Weltmeisterschaften
1976 Apeldoorn 24
1978 Kecskemét 28 3
1980 Windsor 21 1
1982 Apeldoorn 6 3
1984 Szilvásvárad 18 3
     
Europameisterschaften
1973 Windsor 17
1975 Sopot 20 6
1981 Zug 10 3
     
CAI Windsor: jährliche Teilnahmen 1977 bis 1985
1. Platz 1982  
2. Platz 1977, 1979, 1980, 1981
3. Platz 1985  
     
Weitere Teilnahmen bei CAIs
Deurne (NED), Tjolöholm (SWE), Flyinge (SWE)
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