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Dossier: Ausbildung

Geld für Ausbildung von der Pferdebranche für die Pferdebranche

27 Juli 2016 17:37

Was bei der OdA Pferdeberufe seit Jahren ein Thema war, ist nun seit Februar 2016 Realität: der Berufsbildungsfonds. Dieser soll dafür sorgen, dass brancheneigenes Geld für die Ausbildung verfügbar wird. Aber wie kam es überhaupt dazu? Und wer muss nun wie viel 
und warum überhaupt in diesen Fonds einzahlen?

Im Dezember 2015 hat der Bundesrat die Allgemeinverbindlichkeit für den Berufsbildungsfonds der Landwirtschaft auf den 
1. Februar 2016 in Kraft gesetzt. Der Fonds deckt die Berufsfelder der landwirtschaftlichen Berufe, der Winzer, der Weinverarbeitungsbetriebe und der Pferdebranche ab. Die rechtliche Grundlage für die Schaffung von Berufsbildungsfonds der verschiedenen anerkannten Berufe wird im Berufsbildungsgesetz (BBG) gelegt. In den meisten Berufsfeldern der Schweiz wurden die Fonds kurz nach dem Inkrafttreten der neuen Berufsbildungsgesetzgebung im Jahre 2003 eingeführt und haben sich in den vergangenen Jahren etabliert. Die Berufe der Pferdebranche waren bis 2007 dem damaligen Bundesamt für Landwirtschaft unterstellt. Mit dem Wechsel in das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (heute Staatssekretariat für Berufsbildung, Forschung und Innovation SBFI) wurden auch für die Pferdeberufe die Grundlagen erarbeitet, um einen Berufsbildungsfonds einzuführen. Als sogenannter Vorläufer wurde in den vergangenen Jahren ein interner Berufsbildungsfonds betrieben. Mitglieder der Trägerverbände der OdA Pferdeberufe waren verpflichtet, die jährlichen Fondsbeiträge zu entrichten. Der Bund, vertreten durch das SBFI, hat in den vergangenen zehn Jahren die Berufsbildung in der Pferdebranche jährlich mit namhaften finanziellen Mitteln mitgetragen. Die Fondsbeiträge des internen Berufsbildungsfonds reichten nicht aus, damit die Berufsbildung in der Pferdebranche durchgeführt und weiterentwickelt werden konnte.

Von der Branche für die Branche

Die Berufsbildung in der Schweiz ist in einem Verbund partnerschaftlich aufgebaut. Bund, Kantone und die Branche organisieren und finanzieren die Berufsbildung. Die Pferdebranche ist durch die OdA Pferdeberufe partnerschaftlich mit dem SBFI und den Berufsbildungsämtern der 26 Kantone vertreten. Die Pferdebranche ist in der Berufsbildung, im Vergleich zu anderen Branchen, ein sehr kleines Berufsfeld. Aus diesem Grund wurde ein Weg durch die Integration in den Berufsbildungsfonds der Landwirtschaft gesucht.

Die verschiedenen Gesetzgebungen steuern u. a. auch die Finanzierung des Bildungssystems in der Schweiz. Bund, Kantone sowie die Branche teilen sich die Finanzierung partnerschaftlich.

Ab dem 1. Februar 2016 wurden alle Betriebe der Pferdebranche verpflichtet, in den Berufsbildungsfonds einzuzahlen, ihre Verantwortung wahrzunehmen und die Berufsbildung mitzufinanzieren.

Die Einführung des Berufsbildungsfonds 
in der Pferdebranche verursachte eine hohe Sensibilisierung

Im Februar 2016 wurden alle öffentlich publizierten Betriebe und Dienstleister in der Pferdebranche durch die OdA Pferdeberufe angeschrieben und gebeten, mit einer sogenannten Selbstdeklaration ihren Betrieb/ihre Dienstleistungen zu deklarieren. Der Grossteil der Betriebe hat ihre Verpflichtung wahrgenommen und die Selbstdeklaration fristgerecht zurückgeschickt. Das Sekretariat des Berufsbildungsfonds hat im Anschluss überprüft, ob der Deklarant beitragspflichtig ist. Leider hat aber eine bedeutende Anzahl der angeschriebenen Betriebe das Formular nicht zurückgeschickt. In den vergangenen Wochen wurden dementsprechende Erinnerungsschreiben versandt und die Adressaten aufgefordert, das Dokument auszufüllen und einzureichen. Das vom Bundesrat erlassene Fondsreglement sieht vor, dass bei Verweigerung der Selbstdeklaration die betreffenden Betriebe/Personen durch die Fondskommission der OdA AgriAliForm eingeschätzt werden. Es wird unabdingbar sein, in den Sommermonaten die Einschätzungen vorzunehmen und die rechtlichen Grundlagen beim Einzug der Fondsbeiträge anzuwenden. Bis anhin haben die Verantwortlichen der Fondskommission gegenüber den säumigen Betrieben wegen der kurzen Einführungszeit grosse Toleranz walten lassen.

Gremien und Verbände in der Pferdebranche engagierten sich in der Zusammenarbeit

Das Expertengremium COFICHEV, die Regionalverbände OKV und ZKV sowie die Zuchtverbände der Warmblüter und Freiberger engagierten sich für ihre Mitglieder. Anders als in den anderen Berufsfeldern der Schweiz ist die Pferdebranche für viele Akteure ein Hobby, Leidenschaft, Liebhaberei, Sport und/oder ein Teileinkommen. Die Regionalverbände machten sich grosse Sorgen um die Beitragspflicht von Vereinstrainern, die im Amateurstatus Reitunterricht erteilen. Die Zuchtverbände waren sehr besorgt um ihre Mitglieder, welche hobbymäs­sig oder professionell Pferde züchten und bereits in den Berufsbildungsfonds der Landwirtschaft einzahlen. Die Kerngruppierung vom Expertengremium COFICHEV war Sprachrohr für zahlreiche Personen, die als Dienstleister in verschiedenen Reitweisen oder Ausbildungsstrukturen aktiv sind und damit ein Einkommen generieren. In einer kooperativen Zusammenarbeit mit den erwähnten Verbänden wurden Lösungsansätze für eine tragfähige Implementierung des Berufsbildungsfonds gefunden, welche die rechtlichen Grundsätze des Fondsreglements und des Ausführungsreglements nicht verletzen.

Klare Abgrenzungen, Verständlichkeit 
und Präzisierung schaffen Vertrauen

In den vergangenen Wochen wurden diverse Dokumente ausgearbeitet, welche die Verständlichkeit verbessern und Begriffe präzisieren. Das Wort «Betrieb» wird in den rechtlichen Dokumenten nur sehr rudimentär umschrieben. Unter dem Begriff «Betrieb» lässt sich als Gesamtunternehmung eine juristische oder natürliche Person verstehen. Einzelpersonen und/oder selbständig erwerbende Personen gelten als Betrieb. In der Pferdebranche kennen wir etliche Personen, welche als Einzelperson Dienstleistungen am, mit und auf dem Pferd anbieten und damit beitragspflichtig werden. Dazu gehören zum Beispiel das Erteilen von Reit-/Fahrunterricht, das Bewegen und/oder Trainieren von Pferden am Boden, unter dem Sattel oder am Wagen. Eine klare Abgrenzung wurde geschaffen bei der Differenzierung zwischen Liebhaberei/Hobby und dem erwerbsmässigen Einkommen aus Dienstleistungen in der Pferdebranche. Dies betrifft vor allem Personen, welche Dienstleistungen in der Pferdebranche anbieten, z. B. Vereinstrainer/
-trainerinnen SVPS und/oder Trainer/Trainerinnen, die gegen eine Bezahlung gelegentlich Unterricht erteilen in der Pferdebranche. Die untere Grenze für eine Beitragsbefreiung ist bei Brutto-Jahreseinnahmen von Fr. 10 000.– festgesetzt worden. Betriebe, welche zwischen Fr. 10 000.– und 15 000.– Brutto-Jahreseinnahmen generieren, profitieren von einer Teilbefreiung und bezahlen die Hälfte des jährlichen Grundbeitrags von Fr. 250.–. Der vom Halter zusätzlich geschuldete Beitrag pro Pferd bleibt unverändert bei Fr. 10.–. Für eine Beitragsbefreiung oder eine Teilbefreiung muss innerhalb von 30 Tagen ein Gesuch, zusammen mit offiziell rechtlich anerkannten Beweismitteln, beim Sekretariat BBF AgriAliForm / Equiden, 3000 Bern, eingereicht werden. Es wird dann der zuständigen Instanz zum Entscheid unterbreitet.

Ein ähnlicher Lösungsansatz wurde mit den Zuchtverbänden angestrebt. Landwirtschaftliche Betriebe / Pferdehalter mit Infrastruktur, aber ohne Dienstleistungen sind bereits gemäss Fondsreglement von der Beitragspflicht befreit bzw. bezahlen in den Berufsbildungsfonds Landwirtschaft ein. Bei Landwirtschaftsbetrieben mit Infrastruktur, Pferdezucht/-aufzucht und Pferdeausbildung sind die aktiven (trächtigen oder säugenden) Zuchtstuten sowie die Jungpferde unter vier Jahren von der Beitragspflicht befreit.

Der Zugriff auf die Tierverkehrsdatenbank AGATE erleichtert die Arbeit und schafft eine Gleichbehandlung

Mit dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) konnte eine rechtliche Vereinbarung getroffen werden, die unter strengen Auflagen für die administrativen Arbeiten des Berufsbildungsfonds den Zugriff auf die Tierverkehrsdatenbank AGATE ermöglicht. Der Zugriff dient zudem als Kontrollinstrument und Überprüfung der durch die Betriebe eingereichten Selbstdeklarationen sowie als Basis für die Einschätzung von Betrieben, welche die Selbstdeklaration nicht eingereicht haben. Als Stichtag gilt der 31. Dezember des Vorjahres. Das Formular Selbstdeklaration wurde mit einer neuen Rubrik ergänzt, die dem Adressaten die Möglichkeit bietet, externe und auf eigene Rechnung auf dem Betrieb arbeitende Dienstleister anzugeben und damit eine Gleichbehandlung von Personen, die selber keine Pferde halten, und beitragspflichtigen Betrieben herzustellen.

Worin besteht ein Mehrwert für die Beitragspflichtigen?

Viele Betriebe (natürliche und juristische Personen) können den persönlichen Mehrwert im ersten Augenblick nicht erkennen. Mit der Allgemeinverbindlichkeit beabsichtigte der Bundesrat die Ausbildungsstrukturen der Berufsbildung in der Pferdebranche zu finanzieren. Auch hier gilt eine Gleichbehandlung bei den Beitragspflichtigen. Es ist nicht im Sinn des Gesetzgebers, einzelne Beitragspflichtige von den Fondsgeldern profitieren zu lassen. Das System und die Entwicklung der Berufsbildung muss von den finanziellen Mitteln profitieren können. Gleichwohl gibt es einen indirekten Nutzen für die Beitragspflichtigen. Ohne Ausbildungsstrukturen werden keine Menschen zu Reitern und Fahrern und auch keine Pferde zu brauchbaren Reit- oder Zugpferden.

Der Berufsverband OdA Pferdeberufe bietet für alle Personen, welche in der Pferdebranche tätig sind, Aus- und Weiterbildungen an. Informieren Sie sich auf der Homepage www.pferdeberufe.ch über das Angebot. Seit ein paar Jahren besteht die Möglichkeit, in sechs verschiedenen Fachrichtungen einen Berufsabschluss zum Pferdewart EBA oder zur Pferdefachperson EFZ zu erwerben, ohne eine zwei- oder dreijährige Lehre auf einem Lehrbetrieb absolvieren zu müssen. Artikel 32 der Berufsbildungsverordnung lässt Personen mit genügend Berufserfahrung direkt zum Qualifikationsverfahren zu. In der höheren Berufsbildung zum Spezialisten der Pferdebranche mit eidgenössischem Fachausweis ist der Einstieg in die Lehrgänge der sechs Fachrichtungen auch ohne Grundbildung in der Pferdebranche möglich. Der Abschluss eines eidgenössischen Fähigkeitszeugnisses in einem anderen Berufsfeld ist dazu ausreichend. Die OdA Pferdeberufe plant ein berufsorientiertes Weiterbildungsangebot aufzubauen. Dieses beinhaltet Weiterbildungskurse zu verschiedenen Themenkreisen in der Pferdebranche. Selbstverständlich werden auch neue marktwirtschaftliche Trends in das Weiterbildungsangebot aufgenommen. In den Berufsbildungsfonds Einzahlende haben mit den Aus- und Weiterbildungen einen indirekten Nutzen durch gute Ausbildungsstrukturen und Prüfungen, welche ihre Handlungskompetenzen in der Pferdebranche zertifizieren.

Patrick Rüegg

Fotos: zVg

Wo kann ich mich bei Unklarheiten informieren?

• Die abgebildeten Grafiken und 
Dokumente sind auf der Homepage www.pferdeberufe.ch unter der 
Rubrik Berufsbildungsfonds verfügbar.

• Elektronische Anfragen richten Sie 
bitte an die E-Mail-Adresse 
sekretariat-bbf@pferdeberufe.ch

• Telefonisch können Sie den 
Präsidenten des Berufsbildungsfonds der Pferdebranche unter der 
Nummer 079 220 00 60 erreichen.

• Gesuche für eine Befreiung oder 
Teilbefreiung von der Beitragspflicht schicken Sie bitte an Sekretariat 
BBF OdA AgriAliForm / Equiden, 3000 Bern

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