Wer Spezialistin oder Spezialist der Pferdebranche mit eidgenössischem Fachausweis werden möchte, wird im Verlauf des einjährigen Lehrgangs diverse interessante Module in Theorie und Praxis besuchen. Eines davon ist das Modul Reittechnik Springreiten im Lehrgang der Fachrichtung Klassisches Reiten. Ein Modul für Liebhaber des «Fliegens» zu Pferd.
Gastbeitrag des Bildungszentrums Inforama
Wer das Gefühl beim Springen kennt, dachte bestimmt auch schon: «Nur Fliegen ist schöner». Die Teilnehmenden des Lehrgangs zur Spezialistin oder zum Spezialisten der Pferdebranche mit Schwerpunkt Klassisches Reiten lernen im Modul Reittechnik Springreiten das Springen – in Theorie und Praxis. Und auch interessierte Fachleute, die sich eigens für dieses Modul interessieren, können dieses besuchen. Das Modul startet jeweils mit einer Inventur. Das bedeutet, die Teilnehmer reiten jeweils mit ihrem Pferd einen Springparcours der Höhe 110cm, was als Standortbeurteilung dient.
Kein Crack, aber vielseitig veranlagt
Das Pferd muss mindestens sechs Jahre alt sein und sollte zu Beginn des Moduls einen Springparcours von 110cm springen können. Das Ziel ist, dass das Paar am Ende des Moduls einen Parcours von 115cm mit technischen Anforderungen springen kann. Es muss jedoch kein reines Springpferd sein. «Was die Experten sehen wollen und was wichtig ist, ist die Entwicklung des Reiter-Pferd-Paares über das Lehrgangsjahr hinweg. Dies setzt voraus, dass man grundsätzlich das ganze Modul mit dem gleichen Pferd absolviert», erklärt Patrick Rüegg, Dozent und Koordinator der Höheren Berufsbildung Pferde.
Die Lehrgangsteilnehmenden profitieren mit ihren Pferden in den zahlreichen praktischen Modulen und erweitern ihr Wissen und Können. | © Saskia Hadorn
Vertieftes praxisorientiertes Wissen
Theorie wird erst etwa ab Mitte Lehrgang, vorwiegend in den Wintermonaten unterrichtet, und zwar an vier Halbtagen à je fünf Lektionen im Inforama in Zollikofen. Den Teilnehmenden werden unter anderem folgende Inhalte vermittelt: dressurmässige Arbeit auf dem Flachen, Cavaletti- und Bodenrick-Arbeit, Grundgangarten analysieren und weiterentwickeln, Sprungablauf vom Springpferd analysieren und verbessern sowie Parcoursanalyse, Verbessern der Springtechnik, Hilfengebung des Reiters, Ausbildung des Springpferdes und Heranführen an spezifische Hindernisse, Korrektur bei Springproblemen, Ursachensuche und Lösungsansätze bei Herausforderungen im Springparcours, Planung von Gymnastikarbeiten, Parcoursbau. Für Patrick Rüegg sind dies sehr spannende und praxisorientierte theoretische Lerninhalte. «Sie dienen dazu, dass die Berufsleute mit einer höheren Berufsbildung sich ein weitaus tieferes theoretisches Wissen über das Springreiten aneignen können. Ich denke, das ist wirklich ein grosser Mehrwert.»
Die Module des ganzen Lehrgangs können bei Interesse auf Anfrage auch einzeln besucht und absolviert werden. | © Saskia Hadorn
Kontinuierliches Praxistraining
Der praktische Unterricht findet etwa vier Mal alle zwei Monate statt. Die Lehrgangsteilnehmer fahren dazu meistens auf den Betrieb von Stefan Meierhans nach Uster, wo er individuell mit den Pferd-Reiter-Paaren arbeitet. Die Idee dahinter ist, dass sie jeweils an diesen Praxistagen neue Inputs erhalten sowie mit dem Trainer daheim Gelerntes und Erarbeitetes überprüfen. So können die Teilnehmer immer auch von einer zweiten Meinung profitieren. Zu Beginn des Moduls werden die positiven Punkte und die Herausforderungen vom Reiter-Pferd-Paar analysiert. Die Idee dahinter ist, dass sie jeweils an diesen Praxistagen neue Inputs erhalten, welche sie im Anschluss in den Trainingseinheiten zu Hause mit dem Heimtrainer weiter entwickeln. Am zweiten Praxistag, meist bereits im Winter, geht es um Gymnastikarbeit, und wie sie auf die Bedürfnisse, Stärken und Schwächen des Pferdes angepasst wird.
Gymnastik, Caprilli-Test und Parcoursreiten
In der dritten praktischen Trainingseinheit gibt es einen kleinen Trainingsparcours, bei dem das Training ebenfalls erneut individuell auf die Bedürfnisse des Pferd-Reiter-Paars abgestimmt wird. In der Praxiseinheit, bei der das Anlernen spezifischer Sprünge wie zum Beispiel der grosse Wassergraben angeschaut wird, wird in kleinen Gruppen gearbeitet. An diesem Tag absolvieren die Teilnehmenden auch den Caprilli-Test. Dieser beinhaltet unter anderem eine Dressuraufgabe geritten im Springsattel mit Gehorsamsübungen, Gymnastikelementen für den Reiter – zum Beispiel eine kleine Gymnastiklinie ohne Steigbügel springen – sowie für das Pferd. Der Caprilli-Test ist auch Bestandteil der Modulabschlussprüfung. Der letzte Praxisteil dient mit einem technisch anspruchsvollen 115cm-Parcours als Hauptprobe und als letzte Vorbereitung mit individuellen Inputs auf die Modulabschlussprüfung.
Zu guter Letzt geht es an die Modulabschlussprüfung. Diese besteht aus einer einstündigen Theorieprüfung, die mit 30 Prozent gewichtet wird und einer dreiteiligen Praxisprüfung, die gemeinsam 70 Prozent der Schlussnote ausmachen. Bestanden hat, wer in den praktischen Prüfungen sowie im Gesamtschnitt eine 4.0 erreicht.
Nicole Basieux