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Dossier: Pferdehaltung & Raumplanung

Von Ansaat über Fruktan bis hin zu Weidesystemen

11 Juli 2022 09:00

Der diesjährige Equiday fand nach zweijähriger Pandemie-Pause wieder im Schweizer Nationalgestüt in Avenches statt. An sechs informativen Posten haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer geballtes Wissen rund um die Themen Futterbau und Weidemanagement vermittelt bekommen. Kurzweilig, praxisnah und nach neuesten Erkenntnissen aus der Forschung.

Das Weidemanagement ist ein zentraler Aspekt der Pferdehaltung. | © Nicole Basieux Das Weidemanagement ist ein zentraler Aspekt der Pferdehaltung. | © Nicole Basieux

Einfach in vier Ecken einer beliebigen Grasfläche Pfähle einschlagen und einen Elektrodraht aufziehen, fertig ist die Pferdeweide? Weit gefehlt. Wenn es denn so einfach wäre … Im Gegenteil spielen viele Komponenten in dieses Fachgebiet hinein. Über 170 Pferdeinteressierte aus der ganzen Schweiz pilgerten Mitte Mai an zwei Tagen an den Equiday «Futterbau und Weidemanagement» ins Schweizer Nationalgestüt nach Avenches. Bei besten Bedingungen vermittelten die Fachleute jeweils an einem Tag an sechs verschiedenen Posten im und um das Nationalgestüt das Wichtigste rund um die Themen Futterbau und Weidemanagement.

Vieles hatten wohl die meisten schon irgendwo einmal gehört oder gelesen. Doch schnell sind so detaillierte und spezifische Informationen auch wieder vergessen, erst recht, wenn man sich nicht ausgiebig und regelmässig damit auseinandersetzt. Pferdehalter und Pensionsgeberinnen sind dazu in den allermeisten Fällen jedoch gezwungen. Allerdings schadet es auch keinem Pferdebesitzer und keiner Reitbeteiligung, sich zu diesen Themen etwas schlau zu machen.

 

Von Giftpflanzen und Parasiten

Ein immer ungemütliches Thema sind Giftpflanzen und deren Folgen. Jakobskreuzkraut ist überall, und die allermeisten wissen: Es ist eine Pflanze, die immer giftig ist, ob frisch auf der Wiese oder getrocknet im Heu. Im Gegensatz zum Hahnenfuss, den die Pferde in aller Regel auf der Weide stehenlassen und der im Heu kein Problem mehr darstellt. Beim Posten zu genau solchen veterinärmedizinischen Themen in Bezug auf die Weide konnten die Tagungsteilnehmenden ihr Gedächtnis auffrischen und sich in Pflanzenkunde weiterbilden.

Spannend ist in diesem Zusammenhang auch das weite Feld der Parasiten, die anhand von eingelegten Würmern anschaulich und greifbar wurden. So kam denn auch die Frage nach dem optimalen Parasitenmanagement auf: «Am besten lässt man sich von seiner Veterinärin oder seinem Veterinär beraten. Diese Fachleute kennen meistens den gesamten Betrieb und können einschätzen, wie nach einer Kotanalyse sehr gezielt und individuell entwurmt werden soll», erklärte Alessandra Ramseyer, Veterinärin am Institut suisse de médecine équine (ISME).

Parasitenmanagement: anschaulich und greifbar anhand von eingelegten Würmern | © Nicole Basieux Parasitenmanagement: anschaulich und greifbar anhand von eingelegten Würmern | © Nicole Basieux

Was wächst denn da?

An einem weiteren Posten ging es um die Pflanzenzusammensetzung auf der Weide. Welche Gräser, welche Blumen wachsen auf meiner Weide? Und welche Ansaatmischung braucht es, wenn man eine Pferdeweide oder eine Grasfläche für Pferdeheu ansäen möchte? In Blumentöpfen sowie auf fein säuberlich aufbereiteten quadratischen Flächen im Freiland konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die verschiedenen Gräser, von Knaulgras über Wiesenrispengras und Rohrschwingel (geeignete Gräser für Pferdeweiden) - auch die verschiedenen Raigräser - je nachdem weniger geeignet, da sie viel Fruktan enthalten -, anschauen und anfassen.

Und was war jetzt nochmal Fruktan? Fruktane sind langkettige Zuckermoleküle. Sie werden von den Pflanzen als Speicherkohlenhydrate gebildet. Bei Pferden kann zu viel Fruktan allerdings zu den gefürchteten Hufrehen führen. Auf jede Frage erhielt man eine Antwort, und an den verschiedenen Posten blieb den Teilnehmenden fast immer genügend Zeit und Raum, um zu diskutieren und Erfahrungen auszutauschen.

Kennen Sie diese für Pferde giftigen Pflanzen? | © Nicole Basieux Kennen Sie diese für Pferde giftigen Pflanzen? | © Nicole Basieux

Mischweide mit Rindern, Eseln oder Schafen?

Nun haben viele Pferdestallbesitzer nicht unendlich viel Platz und somit auch nicht unbegrenzt Weidefläche. Und Hof und Weiden wollen durchdacht und vor allem auch gepflegt sein. Am Posten «Weidesysteme» erfuhren die Tagungsteilnehmenden, welche Möglichkeiten es gibt: Stelle ich meinen Pferden beispielsweise Portionenweiden zur Verfügung? Was sind die Vorteile, was die Nachteile? Worauf muss man achten? Oder bietet sich eventuell eine Mischweide mit Rindern, Eseln oder Schafen an? Welche Probleme können auftreten? Als erfahrener Züchter konnte Samuel Schär vom Schweizer Nationalgestüt seine Tipps und Tricks weitergeben.

 

Übergewicht vorbeugen

Doch was tun, wenn das Pferd im Sommer auf der Weide immer dicker und dicker wird? Am Posten zum Thema «Übergewicht vorbeugen» erfuhren die Anwesenden, welche Aspekte beeinflussen, ob ein Pferd während der Weidesaison zunimmt oder nicht. Wann ist ein Pferd überhaupt zu dick? Wie schule ich mein Auge, wie kontrolliere ich das Gewicht meines Pferdes? Und was ist das Equine Metabolische Syndrom? Die Pferdewissenschaftlerin Anja Zollinger vom Nationalgestüt zeigte verständlich, was Übergewicht beim Pferd bedeutet und wo die Forschung diesbezüglich heute steht.

Praxisnahes Lernen am Equiday in Avenches | © Nicole Basieux Praxisnahes Lernen am Equiday in Avenches | © Nicole Basieux

Gesetze: Kantönligeist und Widersprüche

Ein weiterer Punkt, der gerne vergessen geht, ist der gesetzliche Rahmen der Haltung von Pferden auf der Weide. Wer haftet, wenn meine Pferde aus der Weidebezäunung ausbrechen? Wer wird belangt, wenn Kinder oder Hunde ohne grosse Anstrengung unter dem Weidezaun hindurchkommen und ein Unfall passiert? Die Spezialistin auf diesem Gebiet, Iris Bachmann, ebenfalls vom Nationalgestüt, wies anhand von anschaulichen und eindrücklichen Fallbeispielen auf diverse Probleme und Lösungen hin. Natürlich mit dem Verweis, dass wir in der Schweiz heimisch sind und hier der «Kantönligeist» vorherrscht. Und hinzukommt, dass sich gewisse Gesetze - die man natürlich alle beachten und befolgen muss - sogar widersprechen. Das pragmatische, wenn auch etwas ernüchternde Fazit: Wenn nicht alle Gesetze befolgt werden können, darf oder kann man am betreffenden Ort keine Pferde halten …

 

Gute Heuqualität

Auf Grasflächen kann man Pferde weiden lassen, oder man konserviert das Futter in Form von Heu - oder man kombiniert beides. Auch zu diesem Thema gab es spannende Inputs. Was ergibt Sinn, und was bedeutet «gute Qualität»? Verschiedene Heu- und Heulageproben waren im Vorfeld analysiert worden, und die Tagungsteilnehmenden konnten diese anschauen, anfassen, daran riechen und sich somit eine eigene Meinung bilden, bevor sie die Analyseresultate anschauten. Nicht immer waren der Tast- und der Geruchssinn erfolgreich, um gutes von weniger gutem Heu zu unterscheiden.

Am Ende des Equiday hatten alle Interessierten viel Neues, Spannendes und Wertvolles zum Wohle ihrer Vierbeiner rund um das Thema «Futterbau und Weidemanagement» erfahren.

Nicole Basieux

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