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Die Kundenzufriedenheit in der Pensionspferdehaltung verbessern

17 Mai 2023 16:30

Seit 2016 gab es gemäss den Statistiken von Identitas bei Equiden jeweils zwischen 35 000 und 40 000 Standortwechsel pro Jahr. Ein Teil dieser Standortwechsel wird mit Verschiebungen zwischen Zucht-, Aufzucht- und Ausbildungsbetrieben sowie Käufen und Importen zu begründen sein, aber ein grosser Teil ist auf einen Pensionsstallwechsel zurückzuführen. Welche Gründe sind es, die zu einem Pensionsstallwechsel führen? Wo also gibt es Optimierungspotenzial bei der Kundenzufriedenheit?

Gastbeitrag der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL)

Pferde auf der Weide Berner Fachhochschule Ganzjähriger Weidegang ist ein wichtiges Kriterium für die Kundenzufriedenheit. | © HAFL

Während die Equidenpopulation zwischen 2002 und 2012 eine jährliche Wachstumsrate von ca. 4% aufwies, betrug diese zwischen 2012 und 2022 weniger als 1%. Gleichzeitig haben viele Landwirtinnen und Landwirte das Potenzial der Pferdebranche erkannt und in den Betriebszweig der Pensionspferdehaltung investiert. Wie bei allen Dienstleistungen, die auf der Nachfrageseite eine Stagnation erleben, wurde auch bei der Pensionspferdehaltung der Konkurrenzdruck höher.

Im Rahmen einer Semesterarbeit an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) wurde ermittelt, welche Gründe zum Pensionsstallwechsel führen. Dazu wurden im Jahr 2022 eine Umfrage mit über 200 Pferdebesitzerinnen und -besitzern sowie zwei Experteninterviews durchgeführt. Die befragten Personen stammten aus der gesamten Schweiz, wobei die Hälfte davon zwischen 30 und 49 Jahre alt war. Über 90% der Befragten waren Frauen. Zu je 30% besassen die Befragten Freiberger und Warmblutpferde. Die restlichen 40% besassen Pferde anderer Rassen (z. B. Araber, Isländer, Barockrassen, Westernrassen usw.). Folglich war auch die angestrebte Nutzung der Pferde sehr heterogen. Die Umfrage ergab, dass über die Hälfte der befragten Pferdebesitzerinnen und -besitzer den Pensionsstall in den letzten zwei Jahren gewechselt hat. Werden die letzten fünf Jahre berücksichtigt, haben über 80% der Befragten den Stall bereits mindestens einmal gewechselt.

 

Gründe für Pensionsstallwechsel

Zum einen können sich die Anforderungen an die Infrastruktur, aber auch die finanziellen Möglichkeiten der Besitzerinnen und Besitzer verändern. Als Grund für den letzten Stallwechsel wurde zu 9% die bessere Infrastruktur im neuen Stall angegeben. Bei 6% der Befragten war der Stallwechsel mit einem zu schlechten Preis-Leistungs-Verhältnis beim vorherigen Stall zu erklären. Dabei muss das Preis-Leistungs-Verhältnis jeweils regional betrachtet werden. In der Nähe grosser Städte kann für die gleiche Leistung in der Regel mehr verlangt werden als in abgelegenen ländlichen Regionen. Da durch die Kommunikation der Pferdebesitzerinnen und -besitzer untereinander, aber auch durch Preisangaben auf Webseiten und Inseraten von einer relativ hohen Preistransparenz bei Pensionsställen auszugehen ist, kann es in den teuren Pensionsställen lang- und mittelfristig zu einem Rückgang der Kundschaft kommen. Inwiefern der Pensionsstallbetreiber diesem mit einer Preisreduktion entgegenwirken will und kann, ist von vielen verschiedenen Faktoren, zum Beispiel der Zinsbelastung, abhängig.

Zum andern gibt es viele Pensionsstallwechsel, die mit Unzufriedenheiten bezüglich der Pferdehaltung zu begründen sind. Bei den Befragten gaben 12% an, mit dem Stallmanagement (Misten, Füttern) nicht zufrieden zu sein. Zu 11% wird der letzte Stallwechsel ebenfalls damit begründet, dass die Pferde insbesondere im Winter zu wenig Weidegang bekommen. Der schlechte Umgang mit den Pferden (10%) und zu wenig Pferdewissen (8%) waren weitere Gründe. Erstaunlicherweise war zu 13% die schlechte Kommunikation des Betriebsleiters ausschlaggebend für den Stallwechsel. Insbesondere das Stallmanagement, das Pferdewissen und die Kommunikation kann jeder Stallbetreiber verbessern, ohne hohe Summen in die Errichtung neuer Infrastruktur zu investieren. Im Hinblick auf die Kommunikation mit den Pferdebesitzerinnen und -besitzern ist es in jedem Fall vorteilhaft, wenn der Stallbetreiber über ein fundiertes Fachwissen verfügt. Nicht jede Unzufriedenheit einer Pferdebesitzerin oder eines Pferdebesitzers ist gerechtfertigt. Umso wichtiger ist es, dass der Stallbesitzer glaubwürdig und fundiert seine Position vertreten kann. Wenn jedoch die Diskrepanz zwischen den Wünschen der Kundinnen und Kunden und dem vorhandenen Angebot der Stallbetreibenden zu gross ist, stellt ein Stallwechsel womöglich für alle Beteiligten die beste Lösung dar.

Rund 20% der Wechsel wurden von den Befragten mit einem Umzug begründet, sodass nicht jeder Stallwechsel durch mangelhafte Kompetenzen der Stallbetreiber oder die Infrastruktur zu begründen ist.

Gekonntes Stallmanagement als Kriterium der Kundenzufriedenheit | © HAFL Gekonntes Stallmanagement als Kriterium der Kundenzufriedenheit | © HAFL

Kriterien bei der Wahl des Pensionsstalles

Die Anforderungen an einen Pensionsstall sind unterschiedlich, denn nicht jeder Kunde benötigt die gleiche Infrastruktur, das gleiche Haltungssystem oder die gleichen Zusatzdienstleistungen. Es kristallisierte sich jedoch heraus, dass für 57% der Befragten der regelmässige Weidezugang besonders wichtig ist. Etwas mehr als die Hälfte gab zudem an, dass das Ausreitgelände ein wichtiges Kriterium darstellt. Des Weiteren waren für 25 bis 40% der Befragten ebenfalls die Infrastruktur, die Rundumbetreuung des Pferdes, die Stallgemeinschaft und der gute Ruf des Stalles wichtig. Ebenfalls auffällig häufig wurde in den Anmerkungen ergänzt, dass das Fütterungsmanagement und kompetentes Stallpersonal wichtige Kriterien sind. Der Pensionspreis wurde erstaunlicherweise nur bei 14% der Befragten als besonders wichtiges Kriterium angegeben. Dies kann unter anderem damit begründet werden, dass die Personen durch die Anforderungen an die Infrastruktur die Erwartungen an den Preis vorab eingrenzen.

 

Werbemassnahmen

Durch die Umfrage wurde ebenfalls ermittelt, wie die Pferdebesitzerinnen und -besitzer den aktuellen Pensionsstall gefunden haben. Dabei stellte sich heraus, dass dies bei über der Hälfte der Befragten durch die Empfehlung von Bekannten geschehen ist. Wie auch bei anderen Dienstleistungen ist somit die Mund-zu-Mund-Propaganda die beste Werbung. Diese Erkenntnis ging ebenfalls aus den Experteninterviews hervor. Der Ruf eines Pensionsstalles wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Eine hohe Fachkompetenz und auch die Fähigkeit, seine Entscheidungen und Handlungen korrekt zu kommunizieren, tragen demnach sehr stark zum guten Ruf bei. Rund 16% der Befragten fanden den Pensionsstall durch die Internetsuche, die sie auf die Webseite des Pensionsstalls führte. Insbesondere für grössere Pensionsställe ist das Betreiben einer eigenen Webseite somit eine gute Werbemöglichkeit. Ebenfalls 7% fanden den Stall über die sozialen Medien (Facebook, Instagram).

Stallbesitzerinnen und -besitzer lernen im Kurs «Kommunikation und Marketing» der fachspezifischen, berufsunabhängigen Ausbildung (FBA) Equigarde® den professionellen Umgang mit den Pensionären. | © HAFL Stallbesitzerinnen und -besitzer lernen im Kurs «Kommunikation und Marketing» der fachspezifischen, berufsunabhängigen Ausbildung (FBA) Equigarde® den professionellen Umgang mit den Pensionären. | © HAFL

Optimierung der Kundengewinnung und Kundenbindung

Die Kundengewinnung und Kundenbindung gehen mit der Pensionspferdehaltung einher. Durch unzufriedene Kundinnen und Kunden erhöht sich nicht nur die Fluktuation, sondern auch der Ruf des Pensionsstalles verschlechtert sich. Die Investition in neue Infrastrukturelemente kann insbesondere im Hinblick auf die Kundengewinnung einen Vorteil bringen. Bei der langfristigen Kundenbindung ist es jedoch fraglich, ob dadurch grosse Effekte erzielt werden. Die Kundinnen und Kunden wissen bereits im Vorfeld, welche Infrastruktur zur Verfügung steht. Zudem würde die Investition in neue Infrastrukturelemente gegebenenfalls den Pensionspreis erhöhen, was wiederum den bestehenden Kundenstamm zu einem Pensionsstallwechsel treiben könnte. Wichtig ist jedoch, dass die vorhandene Infrastruktur gut unterhalten wird.

Auch wenn der Stallbetreiber eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert hat, ist eine pferdespezifische Weiterbildung dringend anzuraten, da Pferde in der landwirtschaftlichen Ausbildung eine untergeordnete Rolle spielen. Die vorgestellte Studie zeigt: Die Kundenbindung in der Pensionspferdehaltung kann durch fundiertes Wissen und gekonnte Kommunikation nachhaltig verbessert werden.

Jan Kocher, Lydia Rüegsegger,
David Raemy, Conny Herholz

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